Jazzy Knasttagebuch Teil B

Teil B: Haft

Haft Tag 1

Montag, 17. September 2018
gesendet am 25.September
Tag 1 und die Ⓐnkunft wurden nachträglich verfasst, da zu dem Zeitpunkt noch keine Möglichkeit auf Stift und Papier bestand.

Ich wache gegen 6 Uhr auf, es hört sich so an, als werden Türen geöffnet. Kurz darauf geht auch meine Türe auf.

Ich bekomme Brot, eine Tasse Tee und eine Margarine, welche ich mir gut einteilen soll, denn die gibt es nur einmal pro Woche.

Ich versuche etwas zu essen, ziehe mich an, etc…

Und dann… eine ganze Weile erst mal nichts.

Nach einiger Zeit öffnet sich meine Tür, ich soll zum Ⓐrzt. UP22 wartet schon und wir gehen gemeinsam zum Ⓐrzt.

Es tut gut UP22 wieder zu sehen und ich genieße die Wartezeit beim Ⓐrzt mit UP22 sehr.

UP22 kommt zuerst dran, danach ich. Der Ⓐrzt stellt uns ein paar banale Fragen, beantwortet sie sich selbst, da wir keine Auskünfte geben wollen und lässt uns wieder gehen.

Wir werden wieder zurück gebracht, zurück nach Haus 13, Zelle 112 und 115. Bevor ich in meine Zelle zurück gehe, soll ich noch schnell zur Ⓐufnahme.

Ein Foto – ich sehe scheiße aus und schaue weg – und die Sache ist schnell erledigt, da ich wie immer keine Fragen beantworte.

Zurück in der Zelle soll ich meine Sachen packen, ich werde verlegt.

Ⓐuf die Frage warum ich verlegt werde bekomme ich nur die plumpe Ⓐntwort: „Platzmangel!“

Und ob UP22 auch verlegt wird? – „NEIN!“

Ok, es sieht so aus, als ob sich unsere Wege nun trennen. Ich hoffe wir schaffen das – beide auf uns allein gestellt.

Ⓐb jetzt bin ich in Haus 16, Zelle 111 alleine, ohne UP22. :‘(
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mich alleine fühle und nichts mehr so richtig mit mir anzufangen weiß.

Ein paar Stunden später (kein Plan über die tatsächliche Zeit, ein Uhr habe ich ja nicht) gibt es Mittagessen. Irgendwas mit Fleisch. „Vegan? Ham wa nich. Ich kann ihnen bisschen Käse anbieten.“

Ab jetzt gibt es wohl Brot mit Margarine.

Nach kurzer Zeit öffnet sich meine Tür nocheinmal. „Gucken se mal ob das passt, wat anderes kann ich ihnen echt nicht anbieten.“

Vegane Gemüsesuppe, passt.

Seitdem nichts mehr. Meine Tür öffnet sich noch einmal, als es schon dunkel ist und geht auch genauso schnell wieder zu.

„NⒶCHT!“

Bis jetzt hatte ich noch keine Möglichkeit zum Telefonieren bzw. meinen Ⓐnwalt zu kontaktieren, weder in der Gefangenensammelstelle, noch hier.

Ich hatte immer noch keine Möglichkeit zum Duschen, ich hatte keinen Freigang und ich habe kein Radio oder ähnliches für mein Recht auf Informationen.

Ich versuche zu schlafen.

Haft Tag 2

Dienstag, 18. September 2018
gesendet am 25.September
Ich wache wieder kurz nach 6 Uhr auf.

Es gibt Frühstück, aber dieses mal bin ich in Haus 16, Zelle 111.

Eine Weile später geht es endlich zum Duschen mit sechs weiteren Mitgefangenen. Beim Duschen bekomme ich ein paar mehr Infos, wie z.B., dass ich den Notrufknopf drücken muss, wenn zur Freistunde gerufen wird, um raus zu kommen.

Nach dem Duschen wieder Zelle. Warten auf das Mittagessen.

Wie es UP22 wohl gerade geht?

Es gibt Mittagessen. Vegetarisch, Vegan gibt es ja nicht. Ich versuche mir den veganen Teil raus zu sortieren. Kaum mit dem Essen angefangen geht die Zelle wieder auf.

„Ihr Ⓐnwalt ist da!“

FREUDE!

Scheiß auf‘s Essen, auf zum Ⓐnwalt.

Zurück vom Ⓐnwalt. Das Gespräch hat sehr gut getan.

Vor allem gibt es jetzt einige neue Infos. Unter anderem, dass der Norden in U-Haft gut vertreten ist, 3 von 4.

Einerseits bin ich ziemlich stolz auf den Norden, dass wir das hier zusammen meistern, andererseits bin ich etwas enttäuscht, dass wir alleine sind.

Ich habe irgendwie das Gefühl, dass uns alle anderen in den Rücken fallen und Personalien angeben oder nicht „richtig“ kämpfen, aber sollte nicht zu voreilig urteilen.

Eigentlich sollte ich froh über jede*n freie*n Ⓐktivist*in sein.

Ab jetzt erstmal weiter essen und auf den Freigang warten. Habe ja jetzt erklärt bekommen, wie das mir dem Freigang geht.

„FREIGⒶNG!“

Draußen angekommen wird mensch erst mal von den Mitgefangenen von oben bis unten gemustert und kritisch angeschaut. „Bist du neu hier?“

Nach ein paar Gesprächen stelle ich fest, dass ich in einem Haus untergebracht bin, welches normalerweise gar nicht für U-Haft bestimmt ist, sondern ich nur aus Platzmangel hier bin.

Eine Zellennachbarin erklärt mir noch einmal, wie ich am besten an veganes Essen ran komme und gibt mir noch ein paar hilfreiche Tipps, wie z.B. dass ich einfach für alles Ⓐnträge schreiben soll.

Ich frage noch einmal nach einem Radio. Der Mensch erklärt mir, dass im Moment alle Radios vergeben sind, ich aber höchstwahrscheinlich heute eh noch in‘s Haus 10 verlegt werde und dort mal nachfragen soll, also später.

Mir wird erklärt, dass Haus 10 das angenehmste Haus sein soll.

Soll mir recht sein.

„EINSCHLIESSEN!“

Zurück in der Zelle habe ich meine ersten beiden Ⓐnträge ausgefüllt, mal schauen, ob es klappt. Hat mir ja bist jetzt keiner erklärt, wie ich das mache.

Die Zelle geht auf, Umzug in Haus 10. Ich soll schnellstmöglich meine Sachen packen und auf den Flur kommen.

Sachen sind gepackt und ich in Haus 10 angekommen.

Kaum an der Zellentür angekommen wird mir erzählt, dass es hier noch eine „UP“ (Unbekannte Person) gibt.

Nach ein bisschen Nachdenken komme ich drauf, die einzige Person die in Frage kommt, ist UPIII.

Was für eine Erleichterung. Ich bin nicht mehr alleine.

UPIII bekommt glücklicherweise sofort von mir erzählt und die Möglichkeit mich zu besuchen. Wir haben uns beide sehr gefreut.

Kurz darauf ist eh Umschluss und UPIII bleibt erst mal einige Zeit bei mir. Es tut so gut mit einem Menschen reden zu können. Und da UPIII sich mittlerweile „gut“ eingelebt hat und sich auskennt steht sie mir mit Rat und Tat super offen und warmherzig gegenüber.

Nach einiger Zeit ist wieder Umschluss und alle müssen zurück auf ihre Zellen. Wir verabschieden uns und ich freue mich drauf UPIII morgen wieder zu sehen.

Und wenn ich jetzt ganz ehrlich bin ist das alles hier auch gar nicht mehr so scheiße. UPIII hat sich sehr gefreut mich zu sehen, ich fühle mich nicht mehr alleine und ich bin in dem „besten“ Hafthaus gelandet.

Eigentlich ist alles super, wenn da nur die Unwissenheit über UP22 nicht wäre. Ich hoffe es geht ihr den Umständen entsprechend gut.

Jetzt fühle ich mich doch etwas mies, da es mir so „gut“ geht und ich nichts über den Verbleib von UP22 weiß. Leider können wir nicht tauschen.

Und wie schön es nur sein könnte, wenn UP22 auch hier sein könnte.

Ich werde jetzt noch mein Zeug auspacken, etwas essen und mich dann hinlegen.

UPIII hat morgen wieder Besuch, mal schauen was sie berichtet.

Haft Tag 3

Mittwoch, 19. September 2018
gesendet am 25.September
Ⓐuf dem Flur wird es wieder laut und ich wache auf, es gibt bald Frühstück. Kurz danach geht die Tür auf, „Frühstück“.

Ich gebe meine Ⓐnträge ab, in der Hoffnung, alles richtig gemacht zu haben und nehme meine zwei Scheiben Brot entgegen.

Ich drehe mich gerade um, um in meine Zelle zurück zu gehen, als ich von hinten angetippt werde und einen Briefumschlag in die Hand gedrückt bekomme. Er ist von UPIII.

Zurück in der Zelle öffne ich den Brief. UPIII hat mir einen Bleistift und einen Radiergummi dazu gelegt, jetzt kann ich endlich wieder ordentlich zeichnen.

In dem Brief ist unter anderem ein Wochenplan enthalten, damit ich mich zurecht finde. In dem Brief steht noch etwas über eine Uhr, die UP3 mir mitgegeben hat.

Diese ist nicht bei mir angekommen.

Danach lege ich mich erst noch einmal hin und versuche zu schlafen. Gibt ja eh nichts mehr zu tun bis zum Mittagessen.

Schlafen ist dann irgendwie wieder nicht möglich, dafür tut mir noch alles viel zu weh.

Ich bin übersät mit blauen Flecken von der Räumung und meine Nase pocht und meine Handgelenke schmerzen von der erkennungsdienstlichen Behandlung am Sonntag.

Ich vertreibe mir die Zeit mit Zeichnen und nichts tun.

Nach einiger Zeit und einiger Langeweile geht die Tür auf.

„Mittagessen.“

Da mir die letzten Tage erklärt wurde, dass es hier kein veganes Essen gibt und ich mich damit abfinden soll, stelle ich mich auf vegetarisch ein und hoffe wenigstens ein bisschen essen zu können.

Zu meinem Erstaunen bekomme ich zwei Tabletts mit der Ⓐufschrift vegan, was mich sehr erfreut. Es schmeckt zwar nicht gut, ist aber dennoch besser als nichts und ich freue mich drüber, dass sie es wenigstens versucht haben.
Ich hoffe UP22 hat genauso viel Glück mit ihrem Essen, wie ich.

Ich versuche noch ein bisschen Wäsche zu waschen und mir die Zeit bis zum Freigang zu vertreiben. Meine Tür geht auf. „Ihr Ⓐnwalt ist da.“

Perfekt, da habe ich doch noch etwas zu tun, bis zum Freigang.

Das Gespräch ist gut verlaufen.

Zurück auf der Zelle ist auch gleich schon Freigang.

„FREIGⒶNG!“

Kaum aus der Zelle draußen treffe ich UPIII.

Wir hatten heute glücklicherweise 2h Freigang und nicht nur eine. D.h. mehr Zeit zum Reden und weniger Zeut zum Langweilen auf der Zelle und in weniger als einer Stunde ist auch schon wieder Umschluss und ich kann für ganze drei weitere Stunden zu UPIII rüber.

Irgendwie fühlt es sich komisch an hier, denn ich habe das Gefühl mir geht es gar nicht schlecht.

Ich würde jetzt auch nicht sagen es ist die beste Zeit meines Lebens, aber ich habe gute Laune, mindestens einen Menschen zum Reden, die Wärter*innen (kp wie mensch das schreibt) sind ganz ok und sogar freundlich, veganes Essen, nicht zu viel Zeit für Langeweile und alles was ich zum Leben brauche.

Trotzdem ist es irgendwie komisch, ich habe das Gefühl es geht mir zu gut.

Wenn ich mich hier umschaue und manch andere Menschen sehe, welche sich ihr Schicksal nicht einfach ausgesucht haben. Ich habe jederzeit die Möglichkeit meine Daten anzugeben und die JVA zu verlassen.

Ich höre schon den Essenswagen, vor dem Umschluss sollte das Ⓐbendessen noch kommen.

Meine Tür geht auf.

„Ⓐbendessen.“

Käse… leider wieder nichts veganes, aber ok, es gibt Brot und Margarine und Tee.

In ein paar Minuten ist Umschluss, yay.
„Umschluss, wollen sie zu UP3 rüber?“ Die Wärter werden irgendwie immer freundlicher, gruselig.

Ich gehe zu UPIII rüber, wir freuen uns beide uns wieder zu sehen. Ich merke, wie gut es mit tut einen Menschen, um mich zu haben, der mich versteht.

UPIII erklärt mir einige wichtige Dinge über das Daily-Life – was wichtig ist, zu wissen – und UPIII konnte mir auch endlich die heute morgen versprochene Uhr geben, da die Wärterin heute morgen wohl etwas verpeilt war.

Sie erzählt mir auch, dass G. heute leider nicht zum Besuch kommen konnte, weil er im Moment viel im Wald wegen der Polizeieinsätze ist. Schade, aber G. wird natürlich auch wo anders gebraucht und ich glaube, der Wald braucht ihn gerade dringender.

UPIII hat mir noch ein paar sehr nützliche Dinge mitgegeben, wie Klamotten, die sie bekommen hat, aber mittlerweile viel zu viel für sie sind, genauso wie Briefmarken und liniertes Papier, damit ich endlich ordentlich und gerade schreiben kann.

UPIII hier um mich herum zu haben, tut wirklich sehr gut. Es fühlt sich an, als würden wir uns schon Wochen, Monate oder Jahre kennen, dabei kennen wir uns erst seit gestern.

Ich schreibe noch ein paar Anträge, fange einen Brief an und staue die Dinge, die ich von UPIII bekommen habe.

Ich nehme mir ein bisschen Zeit, um ein paar wichtige Dinge für unser geplantes „How to stay alive in prison“ auf zu schreiben, um es morgen mit UPIII zu besprechen und so schnell wie möglich fertig zu bekommen.

Ich wäre froh gewesen ein paar Tipps am Anfang zu bekommen, um meinen neuen Alltag zu bestehen.

In Gedanken bin ich bei dem Wald. Ich hoffe, dass es dem Wald und den Menschen gut geht.

Mir wurde heute erzählt, dass nun auch Gallien endgültig geräumt wurde, was mich sehr traurig macht, aber ich hoffe und glaube auch daran, dass die Menschen in Gallien ihr Bestes gegeben haben und die Räumungen bestimmt nicht ohne Störungen und Gegenwehr abgelaufen ist.

Ob es die nächsten Tage ein paar neue UPs gibt? Einerseits wäre ich natürlich super froh, wenn keine neuen Hambis in U-Haft kommen, andererseits wäre es auch irgendwie schön ein paar wieder zu sehen.

Aber jetzt heißt es erst mal Abwarten.

Ich packe noch meine Sachen zum Duschen morgen früh zusammen und versuche zu schlafen.

Haft Tag 4

Donnerstag, 20. September 2018
gesendet am 25.September
6 Uhr, Frühstück.

Ich gebe meine Ⓐnträge an und hoffe alles richtig gemacht zu haben. Eine gute Stunde später geht die Tür wieder auf.

„Duschen“

Und ob ich die Nachrichten aus dem Wald schon gesehen hätte/mitbekommen hätte.

Ich frage mich, wie das möglich sein soll ohne Radio, Zeitung etc…

Die Wachtel erzählt mir, dass nun der erste Mensch im Wald gestorben ist. Es soll ein Blogger mit dem Namen Steffen sein.

Für mich bricht eine Welt zusammen. Ich fange an zu weinen und versuche die Nachricht zu verarbeiten.

Ich verstehe die Welt nicht mehr. Erstmal duschen.

Beim Duschen treffe ich UPIII wieder. Wir haben danach glücklicher Weise noch ein bisschen Zeit auf dem Flur vor dem Einschließen.

Lilifee unser „Hausmädchen“, wie sie sie nennen, stößt auch dazu und gibt mir als „Willkommensgeschenk“ einen Ⓐpfel und eine Banane.

Ich freue mich sehr und warte sehnlichst auf den Umschluss heute Abend, da UPIII einen Fernseher hat und wir die Nachrichten über den Hambi sehen wollen.

Jetzt versuche ich mich erst mal mit Lesen und Briefe schreiben abzulenken. Ich habe eben nämlich auch erfahren, dass ich keine Postkontrolle habe und Briefe einfach so abschicken kann.

Die Tür geht auf: „Mittagessen“.

Es gibt Nudeln mit Soße, vegan. Das beste Essen seit Tagen.

Ich bin am Essen, die Tür geht noch einmal auf.

„Ups, falsche Zelle.“

Irgendwie sind die hier auch ganz schön verpeilt.

Ich habe drei Briefe für heute fertig geschrieben und ruhe mich noch etwas aus und lese noch ein bisschen bis zur Freistunde.

Eigentlich ist gerade Freistunde, aber irgendwie ist mir gerade nicht danach.

„Guten Ⓐbend. Es gibt Ⓐbendessen.“

Es gibt super frische und weiche Brötchen und Marmelade.

„Umschluss!“

Ich gehe zu UPIII rüber. Wir sind beide heute nicht bei bester Laune, aber wir versuchen das Beste draus zu machen.

Wir schauen nebenbei Fernsehn, um Nachrichten über den Hambi mitzubekommen.

Es hat gut getan Infos zu bekommen. Schlechte Infos sind immer noch besser als keine Infos und eine*r der Nachrichtensprecher*innen erzählte etwas verärgert, dass Hambis die Situation im Wald nutzen und neues Baumaterial in den Wald bringen.

Ja, es ist diskutabel solch eine schreckliche Situation auszunutzen, aber rum sitzen und nichts tun bringt auch niemanden weiter.

Ich bin sehr stolz auf den Hambi und die Menschen, die aktuell noch da sind und dass einige versuchen weiter zu kämpfen und sagen jetzt erst recht.

Ihr lasst euch nicht so einfach klein kriegen und ihr versucht stets das Beste aus jeder Situation zu machen.

Ein kleiner Lichtblick für heute.

UPIII packt mir noch einige Dinge zusammen, welche sie nicht unbedingt braucht und meint, ich kann sie besser brauchen, wie Foto vom Hambi, mehr Briefmarken, Salz, Stifte, Kaffee, etc.

Sooo lieb. <3

Zurück in meiner Zelle packe ich noch das Zeug von UPIII aus und verstaue es und wende einen neue gelernten Trick an. Ich „klebe“ die Bilder vom Wald an eine Wand und die Schrankseite. Es funktioniert wirklich. Ich bin begeistert.

Haft Tag 5

Freitag, 21. September 2018
gesendet am 25.September
Ich wache auf, diesmal nicht vom Essenswagen, denn es ist Freitag und Frühstück ist erst um 9 Uhr. Ⓐußer der Uhrzeit ist alles wie immer, ich gebe einen Ⓐntrag ab und meine ersten fertig geschriebenen Briefe.

Heute soll die Einkaufsliste kommen, bis Sonntag kann ich meinen Einkauf abgeben.

Normalerweise bin ich kein Fan von Kaufen und Kapitalismus, aber da ich hier drinnen weder Containern, noch anders an Dinge ran kommen kann, ist der Einkauf schon sehr hilfreich.

Da gibt es zum Beispiel die Möglichkeit auf Sojamilch und Gewürze, was hier drinnen vieles einfacher macht.

„Umschluss.“

Früher als sonst, aber Freitag, Samstag und Sonntag läufts hier anders als unter der Woche.

Die Beamte kommt noch mal rein und händigt mir Post von meinem Ⓐnwalt aus und meine Zahlungsanzeige, so was wie ein Kontoauszug.

Über die Post freue ich mich sehr, mein Haftprüfungstermin ist unter anderem enthalten und der erste Ⓐrtikel des ⒶBC über UP22 und mich. In dem Brief heißt es auch noch, dass UP22 und ich eigentlich gar nicht getrennt hätten werden dürfen, was meine Ⓐnwältin so schnell wie möglich versucht zu klären und ich bekomme Besuch am Montag. Ich freue mich jetzt schon.

Wir schauen noch ein bisschen Nachrichten über den Wald, freuen uns über den Brief und die guten Neuigkeiten und reden noch ein bisschen.

„Freistunde.“

Wir gehen direkt vom Umschluss in die Freistunde. So langsam komme ich mir dämlich vor, immer im Kreis zu laufen, aber Bewegung tut gut.

Ich bekomme noch meine Einkaufslist und bin überrascht, was ich hier alles kaufen kann: von Fußcreme, über Brillen zu Gurken, Sojamilch, Oregano und Instantsuppen.

Ich glaube spätestens nach dem Einkauf sollte es möglich sein, es wenigstens auszuhalten.

Ich brauch fast 2 Stunden für meine Einkaufsliste.

Ich esse noch ein bisschen, lese und lege mich hin.

Haft Tag 6

Samstag, 22. September 2018
gesendet am 25.September
Ich wache auf, es gibt Frühstück. Ich nehme mein Brot und lege mich sofort wieder hin und schlafe weiter.

„Umschluss.“

Ich gehe wieder zu UPIII rüber.

Es gibt Mittagsessen, Suppe, leider nicht vegan. Wir lehnen die Suppe ab.

„Freigang.“

Ich warte bis die Zelle wieder geöffnet wird und gehe in meine Zelle und ziehe meine Schuhe an. Wir sehen uns „draußen“ wieder und wollen endlich den Prison-Ratgeber schreiben. Ⓐber wie die letzten Tage schon verquatschen wir uns und schaffen es mal wieder nicht.

„Einschluss.“

Ich verabschiede mich von UPIII und gehe zurück in meine Zelle. Da Wochenende ist, wir um 15Uhr die Zelle schon endgültig verschlossen.

Da ich eh nicht weiß, was ich mit dieser vielen Zeit alleine in meiner Zelle anfangen soll, fange ich den Prison-Ratgeber schon mal an.

Irgendwie ist das jetzt schon mehr geworden als gedacht. Ich hoffe, es liegt nur an meiner großen Handschrift.

Heute ist ein langweiliger regnerischer Tag.

Mittlerweile ist es viertel Acht.

Kein Radio, kein TV, nix.

UPIII hat mir Sudokus mitgegeben. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das irgendwann noch mal Spaß macht.

Haft Tag 7

Sonntag, 23. September 2018
gesendet am 25.September
8 Uhr, Frühstück.

Unser „Hausmädchen“ erklärt mir noch einmal ganz lieb, wie das mit dem Zettelkram für den Einkauf funktioniert. Ich gebe meinen Einkauf ab und hoffe, alles richtig gemacht zu haben. Ⓐber das werde ich dann am Mittwoch erfahren, wenn der Einkauf kommt.

Ich lege mich sofort wieder hin und schlafe weiter.

„Umschluss.“

Ich wache auf. Völlig verschlafen versuche ich mich zu organisieren und anzuziehen, um pünktlich zum Umschluss gehen zu können.

Ich gehe wieder zu UPIII rüber und schaffe es heute endlich über den Prison-Ratgeber zu reden.

Es gibt Essen.

Wir essen zusammen und im Fernsehen kommt ein komisches Musikvideo, als der Titel da steht, merke ich, dass mich das Lied und der Titel an irgendwas erinnert. „Cordula Grün“! Nach einiger Zeit kommt es wie ein Geistesblitz hoch.

Während der Räumung, als wir im Lock-on saßen, hat sich ein Polizist zu uns gesetzt und fing Smalltalk an. Er erzählte uns von seinem Ohrwurm. Eigentlich wollte ich seiner komischen Geschichte gar nicht folgen, aber ich war in diesem Lock-on gefangen und konnte leider nicht entfliehen.

Sein Ohrwurm war „Cordula Grün“. Wir kannten den Song beide nicht. Er versuchte über einige Wege an den Song zu kommen und ihn uns zu zeigen, aber es war nicht möglich. Ⓐlso blieb ihm nur noch eine Chance, er musste uns den Song vorsingen.

Diesen Moment werd ich nie vergessen.

Jetzt, da ich den Song kenne, kann ich sagen, er war gar nicht mal so weit entfernt vom Original.

Es regnet und ich muss an den Wald denken, dem tut der Regen bestimmt sehr gut.

„Freistunde.“

Ich gehe Schuhe und wärmere Klamotten anziehen. Ich stelle fest, dass ich gar keine geeigneten Klamotten für Regenwetter habe. Egal. Wir gehe raus zur Freistunde.

Der Regen wird immer unangenehmer. UPIII gibt mir ihre Regenjacke, da sie der Meinung ist, dass sie mehr Wechselklamotten hat als ich. Ich bin am Schluss trotzdem komplett nass von oben bis unten.

Für heute bin ich froh, dass die Freistunde vorbei ist.

Zurück in der Zelle ist Haftkleidungstausch. Ich gebe meine getragene Wäsche ab. Danach wird die Tür endgültig verschlossen.

Es ist 15Uhr.

Ⓐber ich freue mich auf meinen Besuch morgen.

Ich lese noch einige Zeit, schreibe Briefe und denke nach. Gegen 23Uhr schlafe ich ein.

Haft Tag 8

Montag, 24. September 2018
gesendet am 25.September
6 Uhr, Frühstück.

Ich gebe meine Briefe und Ⓐnträge ab und lehne das Frühstück dankend ab.

Ⓐufgrund meines Besuchs bekomme ich die Möglichkeit, schon früher duschen zu gehen. Ⓐuch das lehne ich ab, das wäre mir zu stressig.

Ich versuche so langsam wach zu werden und mache mich fertig für den Besuch.

Da ich gestern all meine Ⓐnstaltswäsche zum Waschen gegeben habe, habe ich fast nichts mehr zum Ⓐnziehen. Da es sehr kalt ist entscheide ich mich einfach alles, was noch da ist, auf einmal anzuziehen und bin sehr froh darüber, dass ich von UPIII noch Klamotten bekommen habe.

Ich organisiere mich noch ein bisschen und warte auf meinen Besuch.

Ich werde abgeholt und gehe zu den Besuchsräumen. Ich muss einige Zeit warten. Die Tür geht auf, mir wird erzählt, dass mein Besuch viel zu spät ist und wir nun nicht mal mehr 10 Minuten Zeit hätten.

Ich freue mich trotzdem alle drei zu sehen.

Ⓐm Schluss waren es ca. 7 Minuten, aber besser als gar nichts.

Wir verabschieden uns. Ich muss zurück in den Warteraum. Da ich von G unter anderem Tabak mitgebracht bekommen habe und eigentlich gar nicht rauche, habe ich im Warteraum direkt eine Person mit einer Packung Tabak glücklich machen können.

Zurück im Hafthaus ist gerade niemand verfügbar, um meine Zelle aufzuschließen. Ich nutze die Zeit und suche mir ein neues Buch aus dem Regal, lese mir die Ⓐushänge durch und rede noch ein bisschen mit dem „Hausmädchen“. Danach gehe ich erst mal duschen und putze meine Zelle.

„Mittagessen! Lecker Suppe!“

Es gibt Bohnensuppe zum Mittag. Ich esse ein kleines bisschen und lese. Kurz darauf gibt es endlich wieder Ⓐnstaltskleidung. Ich räume meine Wäsche auf und lese weiter.

Meine Tür geht erneut auf.

„Post!“

Ich bekomme einen Brief vom ⒶBC. Heute morgen von meinen Besucher*innen schon angekündigt.

Sie haben mir ein Bild von Steffen geschickt.

Ich zögere einige Zeit.

Ich weiß genau, dass dieser Brief die befürchtete Gewissheit bringt.

Ich öffne den Brief, mein ganzes Bett ist voll Glitzer.

Ich lächele.

Wie kann ich nur vergessen, dass oftmals Glitzer mit der Post mitgesendet wird.

Ich ziehe die fünf Seiten Text und ein Foto heraus.

Gewissheit.

Es ist genau der Steffen, an den ich die ganze Zeit gedacht habe. Ich kann/will es nicht glauben. Ich erinnere mich zurück.

Vor ungefähr einem Jahr haben wir uns im Wald kennen gelernt und er präsentierte mir ganz Stolz sein Projekt.

Er wolle mit einer 360° Kamera das Leben im Wald darstellen.

Er wollte die Besetzung aus einer anderen Perspektive zeigen.

Ich fand seine Herangehensweise bewundernswert.

Ihm war es auch ganz wichtig zu zeigen, dass die Menschen, welche beim Großeinsatz von Baumhäusern geholt werden, keine Terroristen sind, sonder auch nur meist friedliche Menschen.

Er war bei so vielen schönen Momenten im Wald dabei.

Und ich habe mich immer gefreut, dass er diese schönen Momente mit uns erleben konnte und auch noch gefilmt hatte.

Ich kann und will es immer noch nicht glauben, dass dieser tolle Mensch von uns gegangen sein soll.

Meine Zelle fühlt sich schlagartig immer kleiner an und ich möchte nur noch weglaufen, Hauptsache weit weg. Der Tatsache nicht ins Ⓐuge sehen.

Ⓐber meine Zelle ist verschlossen und ich sitze fest hinter diesen dicken Mauern und Türen.

Ich fühle mich allein und verstehe die Welt nicht mehr.

Hier sitzen zu müssen und nichts tun zu können macht mich fertig.

Nicht einmal die Möglichkeit zu haben ordentlich Ⓐbschied zu nehmen fühlt sich scheiße an. So richtig scheiße!

Ich sitze noch einige Zeit weinend da und versuche zu akzeptieren, was ich seit Tagen nicht wahr haben wollte.

„Ⓐbendessen.“

Ich lehne dankend ab. Das „Hausmädchen“ merkt sofort, dass es mir überhaupt nicht gut geht und fragt, ob UPIII mal nach mir sehen darf.

Da die Beamten bei mir nicht weiter kommen, darf UPIII 90 Minuten vor Umschluss schon rüberkommen und versucht mich aufzumuntern.

Ich bin froh in diesem Moment nicht alleine sein zu müssen.

UPIII erzählt mir, dass sie sich schon Sorgen gemacht hat, da ich nicht draußen zur Freistunde war.

Es tut richtig gut einen Menschen zum reden zu haben, der einen versteht.

Wir werden fast jede Stunde von Beamten gestört, die beobachten wollen, wie es mit geht und mich in eine Beobachtungs-Zelle stecken wollen.

Ich habe das Gefühl, dass diese Menschen weder Mitgefühl noch Empathie haben und wie immer nur ihren Job machen.

Ich schaffe es glücklicherweise sie davon zu überzeugen, dass Beobachtung alles nur schlimmer, als besser machen würde und darf letztendlich in meiner Zelle bleiben und auf meine Ⓐrt und Weise trauern.

„Einschluss.“

UPIII muss leider wieder in ihre Zelle rüber, aber ich bin ihr so dankbar, ich weiß nicht, was ich hier ohne sie machen würde.

Ich versuche mich noch ein bisschen mit lesen abzulenken und zu schlafen.

Haft Tag 9


Dienstag, 25. September 2018

gesendet am 1.Oktober
Es ist 2 Uhr morgens und ich kann immer noch nicht schlafen. Ich sitze am Fenster und schaue raus in die Nacht.

Ich habe das Bedürfnis spazieren zu gehen. Ⓐber da sind wieder die Mauern, Türen und Zäune, welche mich wie immer daran hindern.

Ich fühle mich erstmals richtig unwohl.

Nach einiger Zeit kann ich dann endlich schlafen. Ich schlafe schlecht, aber besser als gar nix.

„Guten Morgen! Frühstück.“

Ich lehne wieder dankend ab und drehe mich rum und versuche weiter zu schlafen.

Die Beamte fragt mich wieder, wie es mir heute geht und bietet mir an, wann immer ich möchte mich zu melden und zu UPIII rüber gehen zu können.

Ich schlafe unruhig weiter und wache ein nächstes mal auf, da mir die Beamte endlich ein lang ersehntes Radio bringt. Ich versuche noch ein bisschen zu schlafen.

„Mittagessen.“

Ich lehne wieder dankend ab und bekomme nach einiger Diskussion mit dem „Hausmädchen“ doch Essen in die Hand gedrückt. Die Beamte macht mir erneut das Ⓐngebot, zu UPIII rüber gehen zu können.

Ich möchte trotz des lieben Ⓐngebots erst mal immer noch alleine sein.

Ich schalte das Radio an. Es tut gut mal was anderes zu hören.

Kurz darauf kommen Nachrichten. Es ist 12 Uhr.

Die erste Meldung ist sehr erfreuend, Ⓐktivistis sollen die Internetseite von RWE lahm gelegt haben und RWE aufgefordert haben, die Räumung und Rodungsaktivitäten im Wald sofort zu stoppen.

Die nächste Meldung: Die Räumungsaktivitäten gehen seit heute weiter.

Mist. Ich sitze immer noch hier fest und der Wald wird weiter geräumt. Bei der aktuellen angespannten Lage im Wald hoffe ich, dass niemand etwas Dummes tut.

Ⓐber „glücklicherweise“ habe ich jetzt ein Radio und kann wenigstens die Räumungsaktivitäten mitverfolgen und bin ein bisschen weniger von der Ⓐußenwelt abgeschnitten.

Ich bekomme Post. Drei Briefe.

Der erste ist vom Ⓐmtsgericht Düren: Haftprüfungstermin. Ich solle doch bitte pünktlich sein und meinen Ⓐusweis mitbringen.

Deren Optimismus lässt mich schmunzeln.

Der zweite, den ich öffne, zieht mich sofort wieder runter.

Der Brief beinhaltet zu 98% Erzählungen, wie toll die Welt außerhalb der JVA ist und dass es schön wäre, wenn ich das auch bald wieder haben könnte. Ich ärgere mich kurz über diesen Brief, aber versuche ihn schnell wieder zu verdrängen.

Ich freue mich, dass ich noch einen dritten Brief bekommen habe.

Leider besitzt der Briefumschlag keine Ⓐbsender*in und Ⓐdresse und der Brief ist auch nicht unterschrieben. Ich würde gerne direkt antworten, aber ohne Ⓐbsender*in und Unterschrift wird das leider schwierig.

„Freigang.“

Ich drücke den Knopf, da das Wetter so wunderschön ist. UPIII und ich legen uns ins Gras und schauen in den Himmel.

Ich freue mich auf den Umschluss, da UPIII und ich Nachrichten schauen wollen und dann hoffentlich diese Ungewissheit über die Räumung aufhört.

Und ich hoffe insgeheim den ganzen Tag, dass meine Tür aufgeht und mir jemand erzählt, wie haben eine neue „UP“, wie es bei UPIII und mir passiert ist.
Es ist Zeit für den

„Umschluss“.

Ich ziehe mir noch schnell Kuschelsocke an und gehe rüber. Gegen viertel Neun kommt im Fernsehen eine Dokumentation über Wälder und Herbst. Wir sind beide kurz vorm Weinen.

Ich würde so gerne noch einmal die Möglichkeit bekommen, in einem Baumhaus von dem Geraschel eines Eichhörnchens oder einer Haselmaus aufzuwachen.

„Einschluss.“

Ich sage gute Nacht und gehe in meine Zelle. Ich freue mich auf morgen. Morgen kommt meine Ⓐnwältin.

Und ich bekomme endlich meinen Einkauf und es gibt unter anderem Gemüse *_* und Kaffee, etc.

Und Handtücherwechsel.

Ⓐlso keine Zeit für Langweile.

Ich höre noch ein bisschen Radio,lese und versuche zu schlafen.

Haft Tag 10


Mittwoch, 26. September 2018

gesendet am 1.Oktober
6 Uhr, Frühstück. Es gibt Müsli.

Ich gebe meine Ⓐnträge und Briefe ab, lege mich noch mal hin und warte auf den Einkauf.

Der Einkauf ist da. Ich packe freudig aus, gebe die Boxen zurück und hole mir noch schnell heißes Wasser und kann endlich wieder Kaffee trinken.

Jetzt habe ich soviel Essen da, dass es sich hier auf jeden Fall aushalten lässt. Ⓐber ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass ich die Kilos, die ich rasant abgenommen habe, seit ich hier bin, direkt wieder zunehme.

Ich genieße meinen Kaffee und fühle mich wie im Paradies.

„Mittagessen.“

Ich lehne wieder dankend ab und hole mir noch mal schnell heißes Wasser für meinen Kaffee.

PIC

Meine Tür geht auf, es gibt wieder Post.

Ich freue mich. Ⓐber leider wieder kein Brief von UP22. Eigentlich soll der Brief schon seit Tagen auf dem Weg zu mir sein. Komisch.

Ich freue mich über die anderen Briefe und beantworte direkt einen.

„Freistunde.“

Das Wetter ist schön und wir legen uns in die Sonne. Es tut gut.

Beim „Einrücken“ frag ich erneut nach dem Brief von UP22. Mir wird erklärt, dass er bestimmt aufgrund der sog. „Beschuldigten-Trennung“ erst gar nicht bei uns im Haus angekommen ist.

Das heißt, im Computer laufen wir immer noch unter dem Vermerk „Trennung“, die eigentlich mittlerweile aufgehoben sein sollte.

Ich suche das Schriftstück meiner Ⓐnwältin dazu raus und bereite mich auf eine Diskussion zum Umschluss vor.

Der Guard kommt sogar schon früher vorbei und meint er müsse nur in Haus 13 anrufen und versuchen das Ganze zu klären. Hoffentlich funktioniert das. Ⓐnsonsten werde ich echt sauer.

Meine Tür geht auf. Der Mensch stellt sich als Kunsttherapeut vor und fragt, ob ich mit ihm gehen möchte, da ein Platz frei geworden ist. Ich freue mich, da ich die Möglichkeit bekomme, kreativ zu sein mit mehr als nur einem Bleistift.

Es hat gut getan mit richtigen Farben zu malen. Da eh Umschlusszeit ist, gehe ich wieder mit zu UPIII rüber.

UPIII hat einen Brief vom Gericht bekommen, mal wieder in Ⓐmtsdeutsch. Ich versuche es zu übersetzen. Ⓐber das dauert. Ⓐmtsdeutsch ist super schwierig.

Ich gehe zum Einschluss wieder rüber, lese noch ein bisschen und versuche zu schlafen.

Haft Tag 11

Donnerstag, 27. September 2018
gesendet am 1.Oktober
6 Uhr, Frühstück. Ich soll direkt duschen gehen. Ich, der größte Morgenmuffel der Welt.

Meine Ⓐnwältin ist da. Keine neuen Infos, außer, dass sie immer noch gegen die Beschuldigten-Trennung vorgehen.

Ⓐuf dem Weg zum Besuch und zurück treffe ich einen Menschen aus Haus 9. Ich frage ihn nach UP20, er meint UP20 geht es gut, das ist schön zu hören.

Er bietet mir an UP20 eine Nachricht und Grüße von mir auszurichten. Ich bin ihm super dankbar.

Zurück in Haus 10 bekomme ich die Info, dass Haus 13 alle Briefe von UP22 zu mir aufgehalten hat, die Beamte von Haus 10 sich aber glücklicherweise für uns stark gemacht hat und die Briefe jetzt auf dem Weg zu uns sind.

Ich lege mich noch einmal hin, nachdem ich heute Morgen so früh aufstehen musste.

„Mittagessen.“

Es gibt Nudeln mit/ohne Käsepilzsoße und Salat. Ich glaube Nudeln mit Ketchup haben in meinem ganzen Leben noch nie so gut geschmeckt.

Ich fand ein bisschen an zu malen, lese ein bisschen und warte auf die Post.

„Freistunde.“

Draußen ist es warm. Ich laufe barfuß durchs Gras. Das tut richtig gut.

Zurück in der Zelle fange ich an meine Briefe aufzugeben. Keine Post für mich heute.

Ich sollte es einfach akzeptieren, dass die Briefe nie bei mir ankommen werden, das sollte einfacher sein, als jeden Tag darauf zu hoffen und mich zu beschweren.

Ⓐber dafür bekomme ich das Ⓐngebot später einen Ⓐnruf zu tätigen.

Wenigstens etwas nach fast zwei Wochen täglich einen Ⓐntrag dafür zu verschwenden.

Ich suche schon mal den Zettel mit der aktuellen Wald Nummer raus und lege ihn schon mal bereit. Hoffentlich geht dann auch jemand dran.

Es würde mich auf jeden Fall freuen, noch mal Stimmen aus dem Wald zu hören, oder wenigstens eine Stimme.

„Umschluss.“

Ich gehe wieder zu UPIII rüber und wir schaffen es diesmal wirklich an dem Prison Ratgeber zu arbeiten.

Die Tür geht auf und ich darf telefonieren. Ich rufe auf dem „Waldtelefon“ an und stelle mich als UP21 vor und erkläre der Person, dass ich aus der U-Haft aus anrufe und hoffe, dass der Mensch dadurch merkt, dass der Staat mithört.

Ich informiere mich über die aktuelle Lage und lasse Grüße ausrichten. Da mir der Mensch mehrfach erklärt, dass er*sie neu ist und keine Ⓐhnung hat, belasse ich es dabei.

Schade. Ich habe gehofft eine vertraute Stimme am Telefon zu haben. Ⓐber naja, es hat trotzdem gut getan ein paar Infos zu bekommen.

Zurück bei UPIII stellen wir fest, dass es sowohl Dinge und/oder Wörter gibt, welche in Englisch existieren, aber in Deutsch nicht und andersrum. Irgendwie fasziniert uns das sehr und wir kriegen uns bis zum Einschluss nicht mehr ein.

„Einschluss“.

Ich sage gute Nacht und gehe in meine Zelle.

Haft Tag 12

Freitag, 28. September 2018
gesendet am 1.Oktober
Ich wache wieder vom Frühstück auf, aber da Freitag ist, ist es schon 9 Uhr. Ich frühstücke, male und warte auf den Umschluss.

„Umschluss.“

Ich gehe wieder rüber und wir machen den Prison-Ratgeber fertig.

Ich bekomme Post.

Ich bekomme einen Brief von einer sehr tollen Person, welche ich in einer anderen Community kennen gelernt habe. Das freut mich sehr.

UPIII bekommt wieder einen Brief vom Gericht. Ich übersetze. UPIII hat auch einen Termin vor Gericht nächste Woche. Ⓐlso heißt es nicht nur für mich „Packen“ für den Fall, dass ich frei gelassen werde, sondern für uns beide. Mal sehen, ob es sich lohnt.

Glücklicherweise hatten wir heute fünf Stunden Umschluss, kein Plan warum, aber war cool.

Zurück in meiner Zelle schreibe ich wieder ein paar Briefe, lese, male, höre Radio. Nichts spannendes. Das Wochenende wird wieder langweilig.

Ich stelle gerade fest, dass meine Espresso Packung schon fast halb leer ist. Falls ich am Dienstag bei meiner Haftprüfung nicht frei gelassen werden sollte, habe ich bis zum nächsten Einkauf ein echtes Problem.

U-Haft ohne Kaffee ist kaum vorstellbar für mich. Hoffentlich kann mir mein Besuch welchen mitbringen.

Haft Tag 13

Samstag, 29. September 2018
gesendet am 1.Oktober
Frühstück. Ich kündige meinen Umschluss an und lege mich wieder hin.

„Umschluss.“

Ich bin wieder völlig verschlafen und gehe zu UPIII rüber. Heute ist nicht so unser Tag. Wir sind nicht sonderlich auf der Höhe.

Ich fange an den Bücherkatalog durchzuschauen, damit ich, falls ich nicht raus kommen sollte am Dienstag, was zu lesen habe.

„Einschluss.“

Wieder in meiner Zelle lege ich mich erst mal hin und schlafe. Den restlichen Tag verbringe ich damit schon mal alles mögliche, was ich bis zur Haftprüfung am Dienstag nicht mehr brauche zu verstauen und in drei Kategorien zu packen.

Entweder hauseigene Sachen, welche hier bleiben, mein Privatzeug, welches ich wieder mit raus nehme oder Extras, welche ich anderen Inhaftierten da lasse.

Ich lese noch bis ca 24 Uhr und schlafe.

Haft Tag 14

Sonntag, 30. September 2018
gesendet am 1.Oktober
Ich wache auf, es ist schönes Wetter.

Ich kündige wieder meinen Umschluss an und frühstücke in Ruhe.

„Umschluss.“

Ich gehe wieder rüber. Wir schauen ein bisschen Fernsehn etc.

„Freistunde.“

Ich gehe Schuhe anziehen und mein Essen in meine Zelle bringen.

Draußen angekommen laufe ich erst mal eine halbe Stunde im Kreis. Bewegung tut gut.

Danach setze ich mich mit ein paar anderen Inhaftierten zusammen. Es tut gut mal wieder ein bisschen mehr sozialen Kontakt zu haben, auch wenn wir noch so unterschiedlich sind, sitzen wir doch alle im gleichen Boot.

„Einschluss.“

Ich gehe zurück in meine Zelle und packe noch ein bisschen und versuche mich mental auf meine Haftprüfung am Dienstag einzustellen.

So nach und nach sieht meine Zelle immer leerer und grauer aus. Ich nehme meine Bilder und Zeitungsartikel von der Wand und verstaue alles von meinem Tisch und Schrank in meinen Taschen.

Nur das Nötigste für morgen bleibt stehen, wie mein Duschzeug und das Geschirr.Glücklicherweise kann ich morgen nochmal duschen, bevor ich übermorgen zum Gericht fahre und morgen meinen Besuch erwarte. Darauf freue ich mich sehr.

Hoffentlich wird dieser Besuch morgen ein bisschen länger als der Letzte. Sieben Minuten lasse ich mir nicht noch mal andrehen. Ich habe schließlich das Recht auf eine halbe Stunde.

Ich lesen noch das Buch zu Ende, welches ich mir hier ausgeliehen hatte und warte auf Geräusche von draußen. In der Hoffnung wir können die Demo vor dem Knast diese Woche hören.

Es ist kurz vor neun. Immer noch nichts.

Ich gebe auf und schalte mein Radio wieder an und schreibe noch einige Ⓐnträge für Dienstag, falls ich nicht freigelassen werden sollte.

Und natürlich einen Ⓐntrag auf Freiheit für Dienstag.

Ich höre noch ein bisschen Radio und lege mich schlafen mit der Vorfreude auf meinen Besuch morgen.

-dieser Teil wurde im nachhinein verfasst und aus Erinnerungen wiedergegeben. –

Tag 15

-fehlt- Sorry, Erinnerungslücken zu groß

Tag 16

Gericht

31.0ktober 2019

Ich wache mal wieder vom Geräusch des Essenswagens auf, aber vierlleicht auch gleichzeitig das letzte mal. Ich mache mich so langsam fertig für die Haftprüfung. Die Tür geht auf. Ich bekomme nochmal die Möglichkeit zu duschen zu gehen, lehne dieses Angebot aber dankend ab, mensch muss ja auch nicht übertreiben. Ich packe meine letzten dinge zusammen und bekomme noch ein Lunchpaket. Yay Käsebrote. *ironie off* . Kurz darauf werde ich abgeholt. Ich folge einem*r Beamten nocheinmal queer durch die ganzen langen gänge der Haftanstalt. Auf dem Weg sammeln wir noch zwei weitere Personen ein, aber immernoch nicht Winter. Ich hoffe weiter auf dem Weg zum Amtsgericht endlich Winter wieder zu treffen. Ich werde in eine Sammelzelle gebracht und soll mal wieder warten. Nach einigem warte schaue ich aus dem Fenster und sehe Winter in den Gefangengenensammeltransporter einsteigen. Ab jetzt weiß ich, ich bin nicht mehr ganz so allein. Einige zeit später werde auch ich in den Gefangenensammeltransporter gebracht. Winter ist schon in der Zelle und auch hier wird unsere strickte Trennung eingehalten. Wir fahren nach Düren. Im Amtsgericht angekommen werden wir wieder getrennt und in Handschellen in Einzelzellen gebracht. Meine Anwältin kommt nochmal kurz vorbei um mit mir in die Akte zu schauen und unser weiteres vorgehen zu besprechen. Danach warten. Winter ist vor mir dran. Mit einiger Verspätungwerde auch ich aus der Zelle geholt und in den Sitzungssaal gebracht. Der*Die Richter*in hat sich jetzt nochmal kurz zurück gezogen und ich werde nochmal zurück in die Zelle gebracht. Danach wieder warten. Die Tür geht auf. Ich werde wieder aus der Zelle zum Sitzungssaal gebracht.Meine Identität haben sie bis zum jetzigen Zeitpunkt immernoch nicht ermittelt. Urteil: Ich darf unter Haftentlassungsauflagen frei gelassen werden und in Freiheit auf meine Verhandlung warten. Eigentlich eine gute Nachricht. Ich werde noch zum Tor gebracht und darf nun alleine weiter gehen. Das erste mal seit 17 Tagen. Das Tor geht auf. Draußen warten schon einige Menschen, die sich freuen und auf uns gewartet haben. Winter ist auch schon da. Ich freue mich Winter endlich wieder zu sehen, obwohl wir uns eigentlich die ganze Zeit so nah waren. Schnell ist die Freude aller wieder verflogen und die Menschen sind auch wieder weg und wir fahren nochmal zum Knast zurück um unsere Habe abzuholen. Nach einiger Wartezeit und viel hin und her haben wir nun unsere Sachen wieder und stehen alleine vorm Knast. Ab jetzt bin ich wieder auf mich alleine gestellt. Wo soll ich hin? Was mache ich jetzt? Was mache ich morgen? So viele Fragen? Vor genau diesem Moment habe ich mich am meisten gefürchtet.

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