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2. Prozesstag gegen „Kim Neuland“

14. September 2018 von 9:15 - 16:00

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Der zweite Prozesstag von dreien vor einem Schöffengericht am Amtsgericht Düren, August-Klotz-Str. 14, 52349 Düren.
Der dritte Prozesstag ist für den 16.10.18 anberaumt.

+ + + Nächster Prozesstermin: Freitag, 14.09.18, 09:15 Uhr, Amtsgericht
Düren, August-Klotz-Str. 14, 52349 Düren + + + 

Vor dem Amtsgericht in Düren wartete treuherzig eine Hundertschaft der
Polizei um die Prozessbesuchenden durch den VIP Eingang um die Ecke zu
lotsen. Dort wurden eifrig die Daten aufgenommen indem Ausweise kopiert
wurden, (welche Abends wieder vernichtet werden sollten), neugierig die
Taschen und dazugehörige Personen durchsucht und diese feierlich durch
den Metalldetektor geschleust. 

Der Prozess begann dann um 09.15Uhr mit der Verlesung der Anklagepunkte.

Hausfriedensbruch, Störung öffentlicher Betriebe, schwerer
Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. 

Es geht um zwei Kohlebunker Blockaden 2015 und eine Rodungsblockade am
21.01.2016. 
Im Zuge der letzten Aktion fuhr ein Security mit einem Geländewagen in
eine Gruppe von Menschen, mindestens eine Person wurde vom Wagen
getroffen und, weil sie daraufhin nicht aufstehen konnte, mit
Kabelbindern gefesselt von den Securitys verschleppt und später der
Polizei übergeben. Danach wurde „Fledermaus" über vier Wochen in der JVA
Aachen gefangen gehalten. 

Zu Beginn ging die Verteidigung der Angeklagten auf den Vorwurf der
„Störung öffentlicher Betriebe" ein, indem sie argumentierte, dass
hierzu vorerst der Sachverhalt bezüglich der tatsächlichen Verletzung
des „Allgemeinwohls" geklärt werden müsse. Hierzu wurde gefordert zu
prüfen, welche Kraftwerke für die Zeit der Aktion in ihrer Produktion
beeinträchtigt worden waren und wohin der Strom im Detail ginge. Denn
wenn ein Großteil der Energie ins Ausland verkauft würde sei der Vorwurf
unter Umständen hinfällig.
Daraufhin zogen sich die Richterin und die beiden Schöffen für eine fünf
minütige Besprechung zurück, um den Antrag schließlich abzulehnen.

Dann wurde der Angeklagten selbst Gelegenheit gegeben, sich zur Sache zu
äußern. Sie tat dies indirekt, indem sie die globalen Folgen des
Klimawandels und die Notwendig- und Machbarkeit eines zügigen
Braunkohleausstiegs faktisch darlegte. Des weiteren wurde die lange
Geschichte des Widerstandes umrissen und in Frage gestellt, inwiefern
die Rodungen des Hambacher Waldes in den letzten Jahren und daher
weitere Rodungen in diesem Jahr überhaupt zulässig wären.

Als nächstes wurde die Zeugenanwesenheit geprüft; von insgesamt sechs
geladenen Zeugen waren drei anwesend - drei fehlten, von denen sich nur
einer entschuldigt hatte.

Der Erste Zeuge, auf dessen Anschuldigungen sich die Anklagepunkte
maßgeblich stützen ist Security des Industrie- und Werksschutz Mundt war
am 21.01.16 Einsatzleiter gewesen. 
Auf Anhieb konnte er sich nicht genau an den Tag erinnern, da sei „immer
so viel los und schon so viel passiert". Nachdem die Richterin ihm auf
die Sprünge geholfen hatte fragte sie, ob er Personen erkannt habe. Er
druckste herum, dass eine hier im Raum säße und auf konkrete Nachfrage
deutete er an, dass es sich dabei um die Angeklagte handelte. 
Er behauptete, sie an der Stimme und den Klamotten identifiziert zu
haben, da sie ihm aus vorherigen Begegnungen bekannt sei. Allgemein
fehlte es seinen Aussagen und Formulierungen jedoch an Eindeutigkeit und
Klarheit, selbst bei der Behauptung, sie habe ihm Pfefferspray und eine
reizende Flüssigkeit ins Gesicht gesprüht oder dass sie unvermummt
gewesen sei. 
Auf Nachfragen der Verteidigung nach Videoaufnahmen erwiderte er, dass
nur RWE die Geschehen in und an der Grube filme.
Daraufhin wurde eine fünfzehn minütige Pause beschlossen, um das
Videomaterial von RWE anzufordern.

Der zweite Zeuge, ein ehemaliger Security-Mitarbeiter der Firma Mundt
sagte aus, dass er keine Personen identifizieren konnte, da „alle
vermummt gewesen waren". Bezüglich der Videoaufnahmen gab er an, dass
die Sicherheitsfirma von sich aus die Einsätze filme und der
Einsatzleiter die Kamera einer Person zuweist. Aufgrund dieses
offensichtlichen Widerspruchs entschied die Richterin, den ersten Zeugen
nochmal zum zweiten Sitzungstermin zu laden. 

Der dritte Zeuge, ein Polizist, der unter anderem Teil der 2016
gegründeten EK Hambach ist, erläuterte die Identifizierungsmaßnahmen der
zuvor namentlich unbekannten Angeklagten.

Bei der Durchsuchung der WAA im April 2016 wurde ein Schriftstück mit
einem Namen gefunden, anhand dessen Lichtbilder bei den Meldebehörden
angefordert und bundeslandübergreifend nachgeforscht wurde.

Da die beiden unentschuldigten Zeugen noch immer nicht erschienen waren,
wurde der weitere Verfahrensverlauf besprochen. Mit einem Blick aus dem
Fenster auf die Hundertschaft der Polizei stellte die Richterin fest, „
wenn ich so aus dem Fenster gucke haben die da unten ja eh nicht viel zu
tun", da könnten sie auch losfahren und die beiden unentschuldigten
Zeugen einsammeln, da diesen ansonsten ein Ordnungsgeld von 150€,
ersatzweise 3 Tage Ordnungshaft blühe. Um die Wartezeit zu überbrücken
wurde eine Mittagspause von 30 Minuten beschlossen. 

Der vierte Zeuge erschien nach telefonischer Aufforderung noch in
Arbeitskleidung der Sicherheitsfirma Mundt und kommentiert amüsiert:
„Ich bin direkt von der Arbeit gekommen." Er sei seit Anfang 2016 bei
der Firma beschäftigt und war zuvor seit November 2014 bei einem anderen
Subunternehmen im Vorfeld des Tagebau Hambachs tätig gewesen. Auch er
gab an keine Personen erkannt zu haben, da alle vermummt gewesen waren.
Als die Richterin seiner Erinnerung auf die Sprünge half und ihm eine
damals bei der Polizei gemachten Aussage vorhielt antwortete er: „Ich
denke schon, dass ich das gesagt habe." Weiterhin erklärte er, dass RWE
ihnen kleine Digitalkameras zur Verfügung stelle und das Material auch
wieder an RWE zur Auswertung zurück gehe, das sei „schon immer so
gewesen." Er selber habe kein Videomaterial des Einsatzes gesehen.

Inzwischen hatten die zuvor von der Richterin ausgesandten
Polizist_innen den letzten Zeugen zuhause angetroffen und waren mit ihm
auf dem Weg zum Gericht. Um die Wartezeit mit mehr als einer Pause zu
füllen wurde sich das aus dem „Fledermaus"-Prozess bereits bekannte
Videomaterial gemeinsam in kuscheliger Atmosphäre, jedoch unter
Ausschluss der anwesenden Öffentlichkeit, am richterlichen Pult
angeschaut. Hierbei handelte es sich um dieses (
https://www.youtube.com/watch?v=R_blumlDgAY ) von Aktivist_innen auf
YouTube veröffentlichte Video, sowie Aufnahmen einer Überwachungskamera
auf einem zu dem Zeitpunkt nahegelegenen Abraumbaggers, auf dem kaum die
Securitys in ihren Warnwesten zu erkennen waren, geschweige denn
Personen in weniger knalligen Farben. 

Der fünfte Zeuge erreichte das Gericht in polizeilicher Eskorte. Er
konnte sich an nichts erinnern, noch nicht einmal, wann er bei der Firma
Mundt gearbeitet hat (wo er mittlerweile nicht mehr tätig ist). Die
Richterin versucht wieder und wieder ihm auf die Sprünge zu helfen,
indem sie ihm Passagen aus seinen damaligen Aussage vorlas. Es sei alles
so schnell gegangen, da sei nur Chaos gewesen. Er kommentierte dies mit
einem eifrigen „Genau" und es folgten wilde Aufzählungen von
Baseballschlägern bei denen es sich bei weiteren Nachfragen auch um
einfache Stöcker gehandelt haben könnte. Sie seien weggerannt, „ich auf
jeden Fall." An eine unvermummte Person konnte er sich nicht erinnern. 

Zum Schluss stellt die Verteidigung fest: „Immer wieder erhellend, wenn
Zeugen getrennt vorgeführt werden und sich nicht vorher absprechen
können." Weiterhin äußerte er die Vermutung, dass Erinnerungslücken
mancher Zeugen nicht echt seien, sondern dass sie sich nicht mehr
erinnern konnten, was nach dem Einsatz abgesprochen wurde.

Der nächste Prozesstermin findet am 14.09.18 wieder um 09.15 Uhr am
Amtsgericht Düren statt. Diesmal sind zehn Zeugen geladen. Es könnte
diesmal wohl etwas länger dauern.  Wer also nicht nicht schon genug
damit zu tun hat, den Hambi zu verteidigen, ist herzlich eingeladen,
sich hier unterhalten zu lassen!  
Breite Öffentlichkeit und mitschreibende Prozessbeobachter_innen
erwünscht!

Details

Datum:
14. September 2018
Zeit:
9:15 - 16:00
Veranstaltungskategorie:
Webseite:
https://hambacherforst.org/blog/2018/09/04/1-prozesstag-gegen-kim-neuland/

Veranstaltungsort

Amtsgericht Düren
August-Klotz-Str. 14
Düren, 52349
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