Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter Herr Laschet,
haben Sie vielen Dank für die Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit Ihrer
vorgenannten Stellungnahme, soweit Sie erklären, man streue den Menschen
Sand in die Augen, wenn man den Eindruck vermittele, dass in Berlin
Entscheidungen zu dem Wald bei Aachen getroffen würden; die Kohle-Kommission
in Berlin habe klar gemacht, dass der Hambacher Forst nicht in ihr Mandat
falle.
Zugleich streuen Sie indessen selbst den Menschen „Sand in die Augen“, indem
Sie des Weiteren erklären, RWE habe die rechtlichen Genehmigungen zum Roden
und es gäbe keine rechtliche Möglichkeit, in einer so kurzen Zeit bis zum
Beginn der Rodungszeit Anfang Oktober zu einer neuen energiewirtschaftlichen
Beurteilung zu kommen und eine völlig neue Leitentscheidung zu fällen.
Es mag dahingestellt bleiben, ob es nicht doch eine rechtliche bzw.
tatsächliche Möglichkeit gibt, in einer so kurzen Zeit bis zum Beginn der
Rodungszeit Anfang Oktober eine völlig neue Leitentscheidung zu fällen.
Darauf kommt es hier nämlich gar nicht an, denn die Genehmigung zum Roden
ist nicht durch Erlass einer Leitentscheidung, sondern durch Erlass eines
Hauptbetriebsplanes erteilt worden. Dieser bis zum 31.12.2020 geltende
Hauptbetriebsplan beinhaltet im Übrigen auch nicht lediglich eine
Entscheidung über die Zulassung von Rodungen, sondern eine Entscheidung über
die Fortführung des Tagebaubetriebes insgesamt.
Die Zulassung dieses Hauptbetriebsplanes gibt der RWE Power AG indessen auch
kein unwiderrufliches Recht des Landes NRW, die genehmigten Arbeiten
einschließlich der Rodungen auszuführen. Soweit die Zulassung des
Hauptbetriebsplanes rechtswidrig ist, richtet sich die Rücknahme des
Hauptbetriebsplanes durch das Land NRW nach § 5 BBergG, § 48 VwVfg. Soweit
die Zulassung des Hauptbetriebsplanes rechtmäßig ist, richtet sich der
Widerruf des Hauptbetriebsplanes durch das Land NRW nach § 5 BBergG, § 49
VwVfG. Weder Widerruf noch Rücknahme des bis zum 31.12.2020 geltenden
Hauptbetriebsplanes Hambach setzen das Bestehen oder Nichtbestehen einer
bestimmten Leitentscheidung voraus. Indem Sie diese Zusammenhänge
unterdrücken, streuen Sie den Menschen genauso „Sand in die Augen“, wie die
Leute, denen Sie dies in Bezug auf die Bedeutung der Kohlekommission
vorhalten.
Nach diesseitiger Auffassung ist der aktuelle Hauptbetriebsplan Hambach
einschließlich der damit verbundenen Rodungsgenehmigung rechtswidrig und
kann aus diesem Grunde vom Land NRW jederzeit zurückgenommen werden. Auf das
Vorbringen bei der Bezirksregierung Arnsberg gegen den Antrag der RWE Power
AG auf Enteignung der Wiese am Hambacher Forst sei sinngemäß ebenso Bezug
genommen wie auf das Vorbringen in den Klagen gegen die Verlegung der A 4,
gegen die Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses gegen die A 4 sowie
gegen den 3. Rahmenbetriebsplan Hambach sowie in dem Eilverfahren gegen den
bis zum 31.12.2017 geltenden Hauptbetriebsplan vor dem Verwaltungsgericht
Köln.
Ordnungshalber ist darauf hinzuweisen, dass der aktuelle Hauptbetriebsplan
Hambach einschließlich der damit verbundenen Rodungsgenehmigung auch dann
vom Land NRW widerrufen werden kann, wenn er rechtmäßig wäre. Nach
diesseitiger Überzeugung sind selbst in diesem Falle die Voraussetzungen des
§ 5 BBergG, § 49 Absatz 2 Nr. 5 VerwVfG erfüllt, der Widerruf des angenommen
rechtmäßig erteilten Hauptbetriebsplanes wäre nämlich geboten, „um schwere
Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen“.
Die Bezirksregierung Arnsberg erhält eine Ausfertigung dieses Email als
Ergänzung zu dem Vorbringen in der Sache RWE Power AG gegen Claßen,
Aktenzeichen: 65.04.2r 255-1-1, Einleitung des bergrechtlichen
Grundabtretungs- (= Enteignungs-) verfahrens gem. §§ 77 ff. Bundesberggesetz
zur Enteignung der Wiese am Hambacher Forst.
Eine weitere Ausfertigung erhält die RWE Power AG mit der Aufforderung, sich
endlich mit dem diesseitigen Vorbringen in den Streitsachen rund um den
Tagebau Hambach insgesamt auseinanderzusetzen und sich nicht hinter der
Landesregierung zu verschanzen. Um weiteren Schaden von sich und dem Land
NRW abzuhalten, sei der RWE Power AG alternativ zur Erwägung gegeben, den
Betrieb des Tagebaus Hambach unverzüglich einzustellen und mit der Planung
der berggesetzlich vorgeschriebenen Verfüllung des Tagebaurestloches Hambach
zu beginnen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Claßen