Ende Gelände erfolgreich. Eindrücke von der Aktion.

Dies ist eine Einzelmeinung, die uns per Mail erreichte.

Was dieses Jahr im Rheinland passiert ist hatte für mich ne neue Dimension an vielen Punkten. Klar es waren viel mehr Leute als die Jahre davor, aber auch einige andere Punkte waren ziemlich spannend. Die Proteste haben sich sprungartig Internationalisiert. Fast 100 Leute sind im Anschluss zum Anit-Atom-Camp nahe Bure (Frankreich) zum Camp übergesiedelt, es gab Busse oder Kleinbusse aus vielen Ländern. Insgesamt waren bestimmt über 300 Internationals auf dem Camp, was die Kommunikation komplett Zweisprachig und den Erfahrungsaustausch ziemlich eindrücklich gemacht hat. Genauso beeindruckend fand ich, dass es kein klassisches Aktivist_Innen-Camp war. Ab Montag waren durchgehend über 1.000 Leute im Klimacamp, viele davon angezogen durch die Degrowth-Summerschool. Die Leute haben sehr konzentriert in wirklich vielen Workshops gesessen und sich über die unterschiedlichen Aspekte des Zusammenhangs zwischen Kapitalismus, Wachstumszwang und der Zerstörung von Lebensgrundlagen wissen angeeignet. Viele davon waren vorher nie wirklich auf einer politischen Aktion und waren auch erst noch gar nicht entschieden, ob sie am Samstag mit in die Grube gehen. Das erste mal seit Heiligendam gab es wieder jeden Tag Aktionstrainings, an denen jeweils 80-150 Leute Teilgenommen haben und langsam hat sich auf dem Camp eine Stimmung aufgebaut, in der sich Leute organisiert und auf die Aktion eingestimmt haben. Ich fand es sehr faszinierend wie entschlossen und solidarisch so viele Menschen waren um diesen Klimawahnsinn im Rheinland zu stoppen. Am Samstag sind ungefähr 1.500 Leute bei der „Ende Gelände“ Aktion wo wir angekündigt in die Braunkohle-Grube Garzweiler eingedrungen sind um die Riesen-Kohle-Bagger zum stehen zu bringen aus dem Camp aufgebrochen. Auf dem Weg zur Grube galt es eine Autobahn zu überwinden, die rund 1.200 Bullen mit allen Mitteln verteidigen wollten. Viele von uns grad aus der Aktionsvorbereitung waren eher skeptisch wie wir das schaffen sollten und letztlich ist es nur durch eine erstaunliche Entschlossenheit der Leute gelungen.

Kurz nach dem Camp ganz früh am Samstag morgen, haben sich 4 Finger (Grün, Geld, Pink und Blau) aufgesplittet. Der Grüne Finger ist als erstes nach Norden und dort durch den 2. Tunnel unter der Autobahn die nur zur Hälfte durch Bullenwannen und auf der anderen Seite mit 4 Reihen Polizei gesichert war. Hier waren viele Leute aus anderen Ländern mit dabei, die sich den ganz Tag vorher nochmal gesondert auf die Polizei vorbereitet hatten. Die Leute haben ihre Strohsäcke fest an sich gedrückt, haben sich untergehakt und sind ruhig aber unstopbar durch die Polizeikette gebrochen. Hab ich lange schon nicht mehr so gesehen. Die Polizei ist hier und auch später total ausgetickt, hat mit Pfefferspray um sich geschossen und um sich geprügelt. Einige sind ziemlich Verletzt worden, viele Platzwunden. Die Grünen haben sich aber nicht in ne Auseinandersetzung ziehen lassen, sondern sind unbeirrbar weiter in die Grube und haben auf dem Weg noch 5-6 Polizeiketten überwunden und nach wilder Verfolgungsjagt und illegalen Angriffen durch RWE-Securities kurz vor dem ersten Bagger zum stehen gekommen.
Damit war der Anfang gemacht. Pink und Gelb sind nach 2 ersten Erfolglosen versuchen, bei denen die ersten Reihen dem Pfeffer zum Opfer gefallen sind weit nach Süden und über eine Baustelle eines neuen Autobahnkreuzes wo zu wenig Bullen standen ebenfalls in die Grube. Pink ist auf Ebene 1 fast bis zum Bagger gekommen der inzwischen schon zum erliegen gekommen war. Gelb ist durch die Förderbänder weiter auf Ebene 2. Dort ist noch die Hälfte durch RWE-Fahrzeuge & Bullenreihen gekommen und hat den 2. Bagger erklommen und zum stehen gebracht, die andere Hälfte ist auf Ebene 2 eingekesselt und kurz später Sitzend und sich erholend nochmal von Bullen massiv angegriffen worden. Blau hatte versucht durch einen kleinen versteckten Tunnel zu kommen, war dann erfolglos ziemlich lang gelaufen um einen Übergang zu finden, als 2 Leute sich von einer Autobahnbrücke abgeseilt haben, so dass die Autobahn gesperrt werden musste. Dann ist der Blaue Finger über die Autobahn und über einen Steilhang ebenfalls in die Grube, hat 2 Polizei-stopversuche umflossen und ist nah beim 2. Förderband gelandet.

Als letztes wurde etwas massenhaft ausgeweitet, was einige schon in den letzten Jahren im Rheinland angefangen haben: Über die Hälfte der Aktivist_Innen hat sich der Personalienfeststellung entzogen und war ohne Ausweise und Angaben in der Aktion. Die Polizei war damit einfach nur überfordert und mussten die Leute am Ende ohne Personalienfeststellung wieder raus lassen. Was uns ziemlich Glücklich gemacht hat.

Spannend war auch zu sehen, welche thematische Breite die Leute mitgebracht haben. Es ging einfach nicht nur um Kohle vs. Erneuerbare. Die Situation von Flüchtlingen war genauso Thema wie die notwendigkeit jetzt einen Strukturwandel in den Kohle-Gebieten einzuleiten anstelle die Leute mit einem weiter so irgendwann in die Arbeitslosigkeit zu treiben. Ziemlich viel gings darum, dass Regierungen und Verhandlungen es nicht richten werden, wir deshalb jetzt selbst Hand anlegen müssen. Natürlich war die internationale Dimension und Climate Justice großes thema und nicht zuletzt eine Abkehr von Wachstumswahn und damit letztlich dem kapitalistischen Wirtschaftsmodell.

Ein kleiner Video- Eindruck (6 min) von der Aktion von Graswurzel-TV: Link
& Ende Gelände (4 min): Link

RWE hat angekündigt Leute (von denen die Bullen die Personalien haben) wegen Hausfriedensbruch anzuzeigen, dazu gibts z.B. bei tagesschau.de nen guten Kommentar.

Wir werden die Repression nutzen um zum nächsten Schlag gegen RWE auszuholen. Niemand bleibt damit allein! Es wär super, wenn Leute dafür schon mal Geld spendet mit dem wir die Prozesse unterstützen können und jeden zu einem Tribunal gegen die Energiekonzerne machen.

M.E. war Ende Gelände ein Meilenstein in Sachen Selbstermächtigung und Internationalisierung für die Klima- und Umweltbewegungen. Schon dieses Wochenende geht Lebenslaute erneut an die Kante: lebenslaute.net/ und tagtäglich stellen sich die Wald-Besetzer_Innen im Hambacher forst dem Ausbau der Todes-Gruben in den Weg: hambacherforst.blogsport.de/

Am 7. & 8. November lädt Ende Gelände zur Aktionskonferenz nach Leipzig um den nächsten Schritt zu planen. Wir haben keine Zeit mehr zu warten: Klimaschutz ist Handarbeit!

Dies ist ein eingesendeter Beitrag von thinkpink [ät] nadir [dot] org.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Dan

    Anscheinend wollen ca. 50 RWE Mitarbeiter laut ihrer Facebookseite am 23.08. um 2:30 nachts gegen die Aktion von Lebenslaute demonstrieren und diese verhindern. Die Demo soll angemeldet sein. Die Demo soll angemeldet werden. Wer bekommt schon um 2:30 nachts eine Demo genehmigt…..

    ……RWE, wer denn sonst!

  2. Svenja

    ich hoffe auf einen kalten Winter.

    Edit: Dann tu was gegen die Klimaerwärmung!

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