Ahoi Piraten,
Ebenfalls ein Dorn im Auge der momentanen Rechtslage ist mir das Vermummungsverbot bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel nach §17a Versammlungsgesetz.
Ich bin der Meinung, dass eine Teilnahme an Demonstrationen mit gesellschaftlichem Diskussionspotential und ein Verbot zur Verschleierung der Identität das Recht auf freie Meinungsäußerung stark einschränkt und nicht miteinander zu vereinbaren sind, da Personen mit weitergehenden Konsequenzen rechnen müssen, wie z.B. dem Verlust der Arbeitsstelle sowie weitere gesellschaftliche Ausgrenzungen bei Wiedererkennung von Demonstrationsteilnehmern. Das in Deutschland geltende Recht ist hochgradig unpolitisch und schränkt den Bürger in seinen Grundrechten enorm ein. Gerade in Verbindung mit der gängigen Praxis der Polizei, Demonstrationen zu filmen, aber auch den technischen Begebenheiten, in denen Bilder von Demonstrationen auf mehreren Portalen im Netz verteilt auftauchen, muss das damals schon scharf diskutierte Vermummungsverbot aufgehoben werden.
Die Piraten haben hierzu schon 2010 eine Liquid Feedback Umfrage gestellt welche mit 73% angenommen wurde.
Hier werden mehrere Gründe gegen das Vermummungsverbot aufgeführt.
Der Arbeitnehmer wird vielleicht nicht auf die Demonstration einer Gewerkschaft gehen, wenn er für den Rest seines Lebens damit rechnen muss, von seinem Arbeitgeber auf den Videoportalen erkannt zu werden.
Ebenso wird der Homosexuelle sich möglicherweise nicht in der Öffentlichkeit für die Rechte von Lesben und Schwulen engagieren, wenn er davon ausgehen muss, von seinen homophoben Kollegen gesehen zu werden. Auf den ersten Demonstrationen der Schwulenbewegung waren die Teilnehmer grundsätzlich vermummt, was ein öffentliches Eintreten für deren Rechte erst ermöglichte.
Linke Aktivisten werden davon abgeschreckt sein, zu demonstrieren, wenn sie damit rechnen müssen, dass sie von Neonazis fotografiert werden und ihnen anschließend nachgestellt wird, oder von der Polizei wegen angeblicher Straftaten angezeigt werden.
Scientology-Kritiker wurden mit Fotos, Klarnamen und Wohnort online diffamiert und mit Bombendrohungen in Verbindung gebracht.
Nach §17a Abs. 3 hat die genehmigende Behörde hat die Möglichkeit den §17a Abs. 2 auszusetzen, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht zu besorgen ist. Da es in Erftstadt, und anderen Städten des Kreises, meines Wissens nach, in der Vergangenheit keine Veranstaltung gab, die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellte sollte meines Erachtens nach kein generelles Vermummungsverbot ausgesprochen werden.
Versammlungsbehörden sind in Nordrhein-Westfalen die Kreispolizeibehörden, welche mit ein wenig Nachdruck auch der örtlichen Politik unterliegen. Die Anmeldung ist bei der Kreispolizeibehörde vorzunehmen, in deren Bezirk die öffentliche Versammlung bzw. der Aufzug stattfinden soll.
Ich bin der Meinung, dass dieses Thema auch von örtlichen Piraten aufgegriffen werden sollte, um diese Einschränkung der Demonstrationsrechte wenigstens lokal zu bekämpfen und einen Antra. evtl. mit Kooperation des NRW-Landtages, auszuarbeiten. Auch hier ist es den Piraten möglich eine Diskussion anzuregen und ein gewisses Medieninteresse zu wecken.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Claßen