Prozess am 13.1.: Einschüchterungsversuch gegen Klimaaktivist_innen

Am Montag, den 13. Januar beginnt um 9.30 Uhr im Amtsgericht Kerpen ein Strafverfahren gegen den Buchautor, Journalisten und
Anti-Kohle-Aktivisten Jörg Bergstedt. Damit beginnt eine wahrscheinlich umfangreichere Lawine von Verfahren gegen Beteiligte an den Aktionen während des Klimacamps 2013 in Kerpen-Manheim. Die Betroffenen sind sich einig: „Hier lässt RWE die Muskeln spielen, um das Protestcamp gegen den
Kohleabbau 2013 zu schikanieren.“ Justiz und Polizei seien nur willige Helfer. Tatsächlich wirkt einiges im bisherigen Prozessverlauf sehr
merkwürdig. „Ermittlungen gab es gar nicht, der Strafbefehl wurde quasi blind erlassen“, berichtet der Angeklagte von seiner Akteneinsicht.

Klimacamp 2013: Staat und Konzern gegen Umweltcamper_innen

Drei Tage dauerte es, bis die Wasserversorgung hergestellt wurde. Zuständig war: RWE. Behörden und Polizei versuchten ebenfalls, die
Infrastruktur des Klimacamps zu behindern und erteilten nach der ordnungsgemäßen Demoanmeldung Auflagen per Versammlungsrecht, um z.B.
Essen, Schlafen und Wetterschutz für Veranstaltungen unmöglich zu machen. Dem folgte eine bizarre Auseinandersetzung mit etlichen nicht
oder falsch zugestellten Briefen, Einschüchterungsversuchen der Polizei und schließlich dem Gang vor das Verwaltungsgericht. Währenddessen kam
es zu etlichen Protestaktionen, bei denen immer wieder auch Polizei und Aktivist_innen aneinander gerieten. In der Folge gab es Anzeigen wegen
Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und anderen Kleinstdelikten. Etliche Strafverfahren sind daher in der nächsten Zeit zu erwarten.

Absurder Prozessgegenstand: Angezeigter Polizist rächt sich durch eigene Anzeige

Der am 13.1. beginnende Prozess betrifft keine Aktion, hat diese aber zum Hintergrund. Dem Angeklagten, der am dem Klimacamp unter anderem in
der Rechtshilfegruppe und an zwei Tagen als Versammlungsleiter tätig war, missfiel, dass die Polizei während des Camps Leute fest nahm und
sie erst gehen lassen wollte, wenn sie 400 Euro zahlten. Ihn erinnerte dieses Verhalten an das Jahr 2012, wo er nach einer Blockadeaktion vor
einem Kohlezug zusammen mit vier anderen Personen festgenommen wurde. „Die wollten damals pro Person 2000 Euro haben, sonst gäbe es keine
Freilassung.“ Außerdem sei der Kontakt zu Anwält_innen verhindert und ständig Gewalt angedroht worden. „Der Umgang mit Gefangenen war
widerlich, das Einfordern hoher Geldmengen für die Freilassung erinnert mich eher an Erpressung oder gar Raubrittertum.“ Als sich das Verhalten
im Jahr 2013 wiederholte, erstattete Bergstedt Anzeige wegen räuberischer Erpressung, Nötigung und Bildung krimineller Vereinigungen.
Kurz darauf lehnte er als Versammlungsleiter ein Gespräch mit dem für solche Methoden verantwortlichen Polizeiführer ab. Der erstattete
daraufhin Anzeige. „Das ist klar erkennbar nichts als eine Racheaktion, weil er das Geld nicht einstreichen und sich nicht durchsetzen konnte“.
Erschrocken war der Angeklagte, als er vor wenigen Tagen die Akte einsehen durfte: „Da ist nichts drin außer der Anzeige des von mir
angezeigten Polizeibeamten. Nicht einmal die von ihm vernommenen weiteren Zeugen sind angehört worden. In der Akte ist nichts außer der
Anzeige, dem Antrag auf Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft und dem Strafbefehl, dann schon durch das Gericht.“ Es sei so offensichtlich,
dass gar nicht ermittelt, sondern sofort bestraft wurde. „Befangen pro RWE – deutlicher geht es nicht“, kündigt Herr Bergstedt einen offensiven
Prozess an. Für den Protest gegen den Kohleabbau hat das Verfahren am 13.1. noch eine andere Bedeutung: Es wird sich zeigen, ob die Richter am
Amtsgericht Kerpen auch in Zukunft ohne Existenz von Ermittlungsunterlagen entscheiden, was RWE nützt. Oder eben nicht.

Kontakt zum Angeklagten: 06401/903283 (11. Bis 13.1.: 01522-8728353)

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