Visionen

Hinweis: Der Text enthält Spuren von Satire und stellt eine Einzelmeinung dar.

Mein Tag begann eigentlich so wie fast jeder Tag in den letzten Wochen: Heute früh wurde ich vom Polizeihubschrauber geweckt, der dicht über mein Baumhaus hinwegzog. Arrgh! Ich versuchte, mich noch mal auf die andere Seite zu drehen und ein wenig weiterzuschlafen, aber das Kreischen der mordenden Kettensägen war schon zu nahe und ließ mich nicht noch mal zur Ruhe kommen.
Wieder so ein Tag voll Gewalt und Zerstörung lag vor mir. Ein Tag, an dem RWE mit Unterstützung massiver Polizeigewalt überall im Wald Bäume fällen, Barrikaden räumen und unsere Behausungen verwüsten würde (nicht zu vergessen die Behausungen zahlreicher kleinerer MitbewohnerInnen des Waldes). Vermutlich ein weiterer Tag mit Meldungen von Auseinandersetzungen zwischen AktivistInnen und Polizei, Steinwürfen, Schlägen, verletzten Menschen auf allen Seiten und Inhaftierungen von Menschen, die vielleicht nur grad mit schwerem Gepäck auf dem Weg zum Bahnhof waren. In so einer Welt will ich eigentlich nicht leben. Doch der Wald ist zu schön, um woanders hinzugehen.
Was tun gegen solche mächtigen Gegner?

Da rief mich ein Freund an und erzählte mir von seiner Vision. Sie lautete:

„RWE bezahlt diesen Polizeieinsatz.“

Schlagartig veränderte sich meine Welt. Ich begriff die Zusammenhänge. Der bereitgestellte Wasserwerfer würde auf der Rechnung auftauchen, der Räumpanzer, jede Hundertschaft, alles. Viel effektiver als jede Sabotageaktion war der verhasste Hubschrauber.
Ich lehnte mich entspannt zurück und rechnete aus, wieviel Euro (etliche!) pro Sekunde Flugzeit RWE würde bezahlen müssen.

Die teuerste Rodungssaison aller Zeiten. Die RWE-Pleite noch unaufhaltsamer als sowieso schon.
Keine Steinwürfe mehr, keine Inhaftierungen, keine Gewalt. Es gab gar nichts mehr zu tun. Nicht wir kämpften allein gegen RWE und Polizei. In Wirklichkeit stand die Polizei auf unserer Seite. Gemeinsam würden wir RWE bezwingen. Ein unmöglicher Gedanke eigentlich, und doch musste ich schmunzeln, während der Hubschrauber weiter seine Kreise zog, ganz von alleine.

P.S.: Ob meine Schlussfolgerungen richtig sind, weiß ich nicht. Die Visionen meines Freundes pflegen in der Regel der Realität zu entsprechen. Auch diesmal?

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Jennifer

    Hope hope hope…hoffentlich schon morgen damit kein einziger Baum mehr fällt

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