Das ist doch alles total widerlich. Der gestrige Prozess hinterlässt mich mit einer noch größeren Wut auf das System, mit dem wir alle leben müssen.
Ich nenne mal nur ein paar wenige Beispiele für die Absurdität des Muskel-Spielens seitens RW€, Staat und Gericht.
Gestern wurde ua. der Vorwurf der „Zersiedelung“ durch das Wiesencamp geäußert, was grob übersetzt bedeutet, dass das Camp nicht in die Landschaft passt bzw. halt scheiße aussieht. Hä? Na, wie sieht denn im Vergleich der derzeit noch 370m tiefe, 85 Quadratkilometer umfassende Tagebaukrater aus? Passen die 220 Meter langen Monsterbagger von RW€, die sich durch die Natur fressen, besser in die Landschaft als kleine, selbst errichtete Lehmhütten? Sieht die Zerstörung des uralten, wertvollen Hambacher Forstes, von dem jetzt nur noch weniger als ein Fünftel übrig ist, etwa nicht scheiße aus? Aber so wird das leider in der drögen, obrigkeitshörigen, machtbesessenen Welt der Gerichte bzw. des Staates nicht gesehen. Das können sie auch nicht sehen, sie haben ja Geldscheine vor den Augen.
Das Resultat? Naturzerstörung im großen Stil ist natürlich legal, aber eine Hütte – iih, wie hässlich! – die darf nicht sein…
Warum macht es eigentlich nicht mehr Menschen misstrauisch, wie einfach es RW€ auf der einen Seite gemacht wird, 8 500 Hektar wunderschöner Landschaft zu zerstören und tausende Menschen umzusiedeln (allein 6 Dörfer sollen insgesamt dem Tagebau Hambach weichen) ? Und wie hart das Bauamt, die Gerichte und andere staatliche Institutionen auf der anderen Seite gegen das Bestehen einiger weniger Lehmhütten kämpfen?
Es ist doch eigentlich absurd, wie viel Macht Geld ausüben kann – und wie vergleichsweise machtlos diejenigen dastehen, die unentgeltlich, trotz Repression und trotz Anfeindungen von so vielen Seiten, für den Erhalt eines Waldes kämpfen, der für alle wichtig ist!
Auf wessen Handlung kann ein Mensch mehr vertrauen? Auf die von Menschen, die aus Idealismus kämpfen oder auf die Handlung von denen, die lediglich um Macht und Profit eifern?
Die Antwort auf diese Frage scheint mir so logisch, so einfach! Und dennoch begegnet mir erstaunlich oft jemand mit der Meinung, dass das wohl alles so richtig sein wird, weil es ja „legal“ ist. Achja, und weil es Arbeitsplätze schafft. Natürlich, Arbeitsplätze können für manche Menschen scheinbar alles legitimieren – selbst Mord und Zerstörung.
Ja, es macht tatsächlich sehr viel Arbeit, so viel kaputt zu machen. Aber es ist schon seltsam, wie als Argument FÜR die Zerstörung genannt wird, dass mensch sich dafür auch noch anstrengen muss.
Warum nicht die selbe Energie und Kraft (wenn mensch sie denn unbedingt einsetzen möchte) in den Erhalt der letzten schönen Orte auf dieser Welt investieren?
Ah ja, damit bin ich ja schon beim nächsten Punkt.
„Viel Spaß bei eurem Leben ohne Strom!“, rief uns eine Passantin gestern während der Spontandemo zu. Was ich der alles hätte entgegen rufen können!
„Viel Spaß bei einem Leben mit erhöhtem Krebsrisiko!“, zum Beispiel. Oder:
„Viel Spaß bei einem Leben unter erhöhter Strahlenbelastung!“
„Viel Spaß beim Kohle-Feinstaub einatmen!“
„Viel Spaß auf deinen Spaziergängen durch betonierte Straßen und künstlich angelegte Wälder!“
„Viel Spaß beim vergiftet werden!“
„Viel Spaß beim Leben auf einem sterbenden Planeten!“
Wie kann Strom wichtiger sein als unsere Atemluft? Oder als ein uralter Wald voller Leben?
Jemand hat mal zu mir gesagt: „Wenn Bäume uns Internet liefern würden, würden sie nicht abgeholzt werden.“ Aber sie sorgen ja nur für eine gesündere Atemluft, wie langweilig. Mit der kann ich ja nicht mal meine Mails checken!
Unter anderem das Wiesencamp ist doch ein Beweis dafür, dass es auch anders möglich ist. Auf der Wiese gibt es ein wenig Solarstrom. Genug für zig Menschen. Dort ist ein Leben mit wenig Strom und ohne Konsumzwang möglich. Und wenn der Himmel wolkenbedeckt ist, werden halt keine Mails gecheckt. Es gibt doch eh viel schönere Betätigungen. Zum Beispiel Kräuter sammeln im Wald, Bäume besetzen oder die Zerstörung sabotieren. Klingt das nicht viel sinnvoller und erfüllender als ’ne Mail?
Tja, was ekelt mich noch an?
Die Richterin hat entschieden, dass sie unbefangen ist. Und wenn sie das so sagt, wird das wohl auch stimmen – Schließlich ist sie ja Richterin…
Was für ein Quatsch! Es ist viel mehr ein weiterer Grund, misstrauisch zu beäugen, wie ungeduldig sie den Prozess durchgeboxt hat. Also auf mich machte sie keinen neutralen Eindruck.
Das bringt mich dazu, mich mal ganz allgemein darüber auszukotzen, wie das laufen würde bei Gericht mit dem Befangenheitsantrag. Offiziell hat nämlich jeder Mensch vor einem Gericht in Deutschland das Recht auf eine*n unabhängige*n Richter*in. Aber über einen sogenannten Ablehnungsgesuch entscheidet – na wer wohl? – das Gericht.
Die Kolleg*innen dieser Richter*in würden also darüber entscheiden, ob ebendiese befangen ist. Und das soll eine unbefangene Entscheidung über den Befangenheitsantrag sicher stellen? Wem stehen die Gerichtskolleg*innen denn näher? Der klagenden oder anklagenden Person? Oder der/dem Richterkolleg*in? Echt lächerlich, dieser angebliche „Rechtstaat“.
Noch etwas: Wie kann eine Bürokratie gut sein, die derart fies genutzt werden kann und deshalb natürlich auch so genutzt wird? Kurt Claßen, der gestern im Sinne des Wiesencamps geklagt hat, wurde bis zum vergangenen Montag durch einen anderen Prozess davon abgehalten, sich so weit auf den Wiesenprozess vorzubereiten, wie er es für nötig befunden hätte. Er stellte mehrere Anträge auf Verschiebung des Prozesses. Vor Gericht schilderte er, wie er bis tief in die Nacht hinein arbeitete. Mir fällt es schwer zu glauben, dass dieser Gerichtstermin nicht absichtlich auf dieses Datum gesetzt wurde. Was hätte es denn dem Gericht geschadet, den Prozess ein paar Wochen später anzusetzen? Außer vielleicht, dass dann der Kläger besser vorbereitet gewesen wäre? Womit wir wieder beim Thema Befangenheit wären…
Es gibt noch so viel mehr Gründe, die Gerichte und das gesamte System, das hinter dem Mord an zahlreichen Pflanzen, sowie menschlichen und nicht-menschlichen Tieren steht, zu hassen. Ich mag sie hier nicht weiter ausführen.
Nur eines möchte ich gerne noch schreiben: Vielen Dank, Kurt, für deinen Einsatz!
… das hätte ich nicht treffender zum Ausdruck bringen können.
… werde ich gleich noch per Fax dem Justiz- und dem Bauminister persönlich hinter die Ohren schreiben, die die Fäden und Strippen gezogen haben.
Kurt
Kurz ärgern, den Frust aufkochen und sich dann schütteln, um weiter für den Planeten zu leben. Bon courage für Eure und unsere Sache!