Diese Nachricht erreichte uns um ca. 20 Uhr. Es scheint alles nach Plan zu laufen đ Wir wĂŒnschen Neuland von hier aus eine erholsame Nacht! Wir sind alle bei dir!
Im Laufe des Vormittags wird es weniger kalt. Auch die Securitys tauen etwas auf, obwohl sie sicherlich mehr frieren mĂŒssen als ich. Einige versuchen es (stumpferweise) noch mal mit „Ey, komm mal runter“ – ich gebe zurĂŒck: „ok warte….“ und dann lache ich zu ihnen runter. Ja klar, als ob. „Wie alt bist du?“ fragt einer. „Zwölf“ rufe ich runter und fĂŒr einen Moment scheinen sie es fast zu glauben, bis ich wieder in lautes GelĂ€chter verfalle. Sie versuchen noch ein paar mal, mein Alter raus zu kriegen – ich ja versteh nicht mal, warum das in dieser Situation relevant sein sollte – und ich gebe einfach mal unterschiedliche Angaben oder gar keine: „ZweiunddreiĂig“, „SechundfĂŒnfzig“, „Neun“, bis sie es aufgeben.
„Willst du Kaffee?“ fragt einer. „Ach, muss nich sein, aber wenns nich all zu groĂe UmstĂ€nde macht, sag ich nicht nein.“ Ich lasse meine Feldflasche am Faden runter und er gieĂt tatsĂ€chlich Kaffee hinein. Ich wĂ€rme mir die HĂ€nde an der Flasche und quatsche weiter mit verschiedenen Securitys, die sich nach einander zu Wort melden. Einer stellt fest, dass sie uns ja eigentlich in gewisser Weise dankbar seien, denn wegen uns hĂ€tten sie ja die Arbeit. Ein anderer beschwert sich, dass es ihm stinkt weil zu kalt, und er fĂ€nde es ja auch nicht gut. Ich sage es lĂ€ge nun ja gerade an mir dass er diesen Job hat, aber dass er uns beiden vielleicht einen Gefallen tun wĂŒrde, wenn er ihn einfach nicht ganz so gewissenhaft tun wĂŒrde. Das fand er aber auch nicht so ĂŒberzeugend – na, dann soll er sich bei mir nicht beschweren.
SpĂ€ter will dann einer wieder erklĂ€ren, dass das alles doch nichts bringt. Ich gebe ihm recht, es stimmt, all der Aufwand fĂŒr nix, ich komm ja doch nicht runter. Ich muss wieder mal lachen. Mir, die ich auf einem Baum sitze, der schon lĂ€ngst hĂ€tte gefĂ€llt sein sollen, eingemauert mit BauzĂ€unen, nachts mit Flutlichtern beleuchtet und rund um die Uhr stĂ€ndig von mindestens zwanzig Securities bewacht, all der Aufwand fĂŒr eine Person auf einem Baum, mir will er erzĂ€hlen, dass das alles doch nichts bringt, RWE sei doch viel zu mĂ€chtig, das juckt die doch gar nicht. Hahahaha. Baumbesetzungen im Hambacher Forst hatten vielleicht noch nie soviel Erfolg wie in diesen Tagen: In denen die Polizei sich weigert zu rĂ€umen, weil der Aufwand fĂŒr sie so groĂ ist, und die Wiederbesetzung vorprogrammiert. RWE kann dies nicht so einfach selbst erledigen, und nun mĂŒssen sie darauf hoffen, dass ich/wir von selbst aufgeben.
Als ich klein war und davon gehört habe, wie viele FuĂballfelder Urwald tagtĂ€glich abgeholzt werden, hab ich immer gedacht: Man mĂŒsste sich davor stellen und rufen: „Stopp, nein, aufhören!!!“. Ich habe immer gedacht, die können dann doch nicht einfach weitermachen. Als ich vor zwei Jahren dann in den Hambacher Forst gekommen bin, musste ich die schmerzliche Erfahrung machen, dass das allein sie nicht aufhĂ€lt. Ich habe auch andere Methoden versucht, mit Teilerfolgen. Nun sitze ich hier, angeleint in einem Klettergeschirr, eingemummelt in zwei SchlafsĂ€cke und eine rosa Fleecedecke, kaum bewegungsfĂ€hig, und hatte selten so sehr das GefĂŒhl, am richtigen Ort zu sein, wie hier und jetzt.
Zu meinem weiteren Tagesablauf: Ich vertreibe mir die Zeit mit Lesen (Gefangeneninfo, Berichte aus dem Knast – Ich denke dabei an meine Freunde Felix und Basti, die in der JVA Aachen in U-Haft sitzen) Schreiben, NĂ€hen (endlich komm ich mal dazu), und mich startklar fĂŒr eine RĂ€umung machen.
Super, halt weiter durch!
meine uneingeschrÀnkte SolidaritÀt mit allen Aktivist_innen vor Ort. Keep it up.
Ich kann kaum ausdrĂŒcken, wie sehr ich Menschen wie dich bewundere fĂŒr ihren Einsatz, in einer Zeit, in der es so vielen am Hintern vorbei geht, was auf der Welt passiert. Das erinnert mich grade sehr an Julia Butterfly Hill.
Leider ist vielen.. oder leider den meisten die Verbindung zur Natur komplett abhanden gekommen, woran auch immer das liegt, es ist leider so.
Umso mehr Hoffnung macht es, dass es doch noch Menschen gibt, die sich solche Aktionen antun und diese Strapazen und DemĂŒtigungen ertragen.
Eure auch hier in regelmĂ€ssigen AbstĂ€nden auftauchenden Kritiker wĂŒrden das nicht einen Tag aushalten, geschweigedenn sich irgendwie anders fĂŒr den Erhalt und dem Schutz der ohne Frage vor dem Kollaps stehenden Erde engagieren.
Ganz liebe GrĂŒsse !!!!
Danke!!!!!!
Danke fĂŒr alles was ihr tut! Haltet durch!