Hambi Knast Geschichten 1

Freedom for all prisoners!

Es war mehr als nur eine magnetische Anziehungskraft, mehr als ein Instinkt. Es war mehr wie ein Ringen nach einem Atemzug als wäre ich zu lange unter Wasser gewesen, das mich sofort zum nächsten Gitterfenster zog, durch das ich nach draußen sehen konnte, nach 3 langen Tagen im Labyrinth der Arrestzellen, Fluren und Metallwürfel von Gefangenentransportern, die sofort nach meiner Verhaftung folgten, nachdem ich „verarbeitet“ war. Auf der Suche nach etwas Leben, etwas Natur, etwas Gras, Vögel, irgendetwas: da schaute ich auf ein vollkommenes Quadrat mit fest getretener Erde mit kaum Gras, das auf allen Seiten von 3 Stockwerken aus Ziegelstein und Stacheldraht umgeben wurde. Auf der Spitze der Antenne auf dem Dach gegenüber saßen aber zwei Elstern, an beiden Seiten direkt neben einer sehr reglosen Krähe.
Die Elstern schauten sich ständig um, die Krähe nicht. Ein Augenblick der Wiederverbindung mit etwas, von dem ich mit Gewalt weg gerissen worden war… und dies war nur der Anfang dieser Form der psychologischen Unterstützung durch die Vögel, da Krähen sich meistens in der Ferne aufhielten, wohl wissend, dass Menschen nicht vertrauenswürdig sind. Sie erlaubten dem Elstervölkchen, das die Dächer und den Hof des Gefängnisses bewohnte, für sie die Späharbeit zu machen. Nur wenn sie von den Elstern gerufen wurden, würden sie näher kommen, um nachzusehen. Ein langsames Gleiten mit einem hörbaren Wusch, gefolgt von mehreren Hüpfern auf dem Boden. Das ganze Parlament, ja, das ist ein richtiger Name für eine Gruppe von Elstern, würde sofort erstarren, wenn sie der Krähe mit ihren Augen folgten und sich erst wieder bewegen, nachdem eine von ihnen die Rolle eines Delegierten und Repräsentanten übernehmen würde. Die begleitete dann den Vogel Seite an Seite mit dem strahlendem Stolz, den wir bei kleinen Kindern sehen, wenn sie mit älteren Geschwistern zusammen sind, die sie bewundern… Hmmm Mit-Rabenvögel. Eine Familie von Opportunisten und Allesfressern, in dieser Hinsicht wie wir. In den meisten Hinsichten gar nicht wie wir, da wir sie weiterhin jagen, vernichten und missbrauchen…

Als ich so in der Zelle saß und die Kameraden Vögel draußen beobachtete, kamen Berichte herein von einer weiteren Welle rekordbrechender Hitzewellen, verschwindendem Polareis, Hurrikans und Feuerstürmen, die Welle um Welle von sozialer Instabilität und Flüchtlingen anheizten. Dann kam eine andere Art von Nachricht, es war eine Nummer von Adbusters mit dem Thema Kollaps. Darin stand die Geschichte einer zukünftigen Zivilisation von Rabenvögeln, die auf die archäologische Schicht des Anthropozäns, des Menschenzeitalters, hinab schauten – aus Radialreifen, Plastik, giftigen Kohle-Mikroteilchen, mit einer dünnen Schicht von radioaktivem Fallout oben drauf. Als sie diesen Mist untersuchten, dachten sie nach und waren klug genug, nicht zu versuchen, die gleichen Fehler zu machen…

Dieser Kampf und diese Aktion der Solidarität mit den Gefangenen ist in Wirklichkeit so viel mehr. Zumindest für mich ist es ein Kampf gegen die Verwandlung des gesamten Planeten in ein Gefängnis aus Klimachaos, Ernährungsunsicherheit, Zusammenbruch von Ressourcen und Aussterben. Er wird ein Gefängnis für unser zukünftiges Ich werden, egal zu welcher Art wir gehören mögen, wenn die gegenwärtigen Trends so weitergehen dürfen. Eine Zukunft, die garantiert ist, wenn denjenigen, die die gegenwärtige ökologische, soziale und Klimakrise zu verantworten haben, als einzige Lösung nur mehr Ausbeutung, mehr Polizisten, mehr Waffen und mehr Gefängnisse einfällt.

In Solidarität mit den Hambi9

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