Folgender Text erreichte uns:
„Schon seit langem dauert in Polen eine Hasswelle gegen sexuelle Minderheiten an. Diese wird von der katholischen Kirche und der regierenden Partei inspiriert und angefacht. Gleichzeitig wird dies von den meisten Oppositionsparteien ignoriert. Vor über einem Jahr wurde eine Initiative gegründet, die den lügenhaften Namen „Stop Pedofilii“ („Stopp der Pädophilie“) trägt. Unter dem Deckmantel des Kinderschutzes wurde Hetze gegen LGBT-Personen getrieben, indem pseudowissenschaftlicher Unsinn und scheußliche Propaganda verbreitet wurde. Als Gegenwehr wurde der Kollektiv namens „Stop Bzdurom“ („Stopp den Unsinn“) gegründet. Dieser nahm es auf sich, auf solche Lügen zu antworten, sowie Performance/Proteste in der Öffentlichkeit zu veranstalten.
Bis dato wurde über 30% des polnischen Staatsgebietes zu so genannten „LGBT-freien Zonen“ erklärt – damit sind entsprechende Beschlüsse von Kommunen sowie regionalen Selbstverwaltungskörperschaften zu verstehen. Vor kurzem prägten LGBT-Themen sehr stark den Präsidentschaftswahlkampf. Wir wurden als „keine Menschen, sondern eine Ideologie“ bezeichnet und dadurch regelrecht entmenschlicht. Der amtierende Präsident, der übrigens wiedergewählt wurde, war in dieser Sache Vorreiter. Sein Gegenkandidat in der Stichwahl wollte sich solchen Äußerungen nicht widersetzen; vielmehr war er bemüht, um die Stimmen der Anhänger von Parteien aus der rechten Ecke zu werben.
Die Kollektive „Stop Bzdurom“, „Gang Samzamęt“ („NurChaos-Gang“) sowie „Poetka“ („die Dichterin“) veranstalteten einen Happening. In der polnischen Hauptstadt haben sie ihr Manifest, zusammen mit Regenbogenfahnen, Bandanas mit dem (A)-Zeichen sowie dem Trans-Symbol an diversen Denkmälern gehängt. Eins davon war eine Christusstatue. Darauf folgte eine völlig übertriebene Reaktion der Politiker und der Behörden. Ministerpräsident Morawiecki stellte ein Grablicht vor das Denkmal und betete dort. Der stellv. Justizminister Sebastian Kaleta erstattete Anzeige, da er die Aktion für Verletzung religiöser Gefühle bzw. Denkmal-Beleidigung [in beiden Fällen handelt es sich tatsächlich um Straftatbestände des poln. StGB] hielt.
Gestern Abend, am 3. August, wurde eine der „Stop Bzdurom“-Aktivist*Innen, Margot, auf offener Straße von Polizisten angehalten, ihr wurden Handschellen angelegt und anschließend wurde sie in ein Zivilfahrzeug geführt. Die Polizei war auf Anweisung der Staatsanwaltschaft tätig geworden.
Heute Morgen, am 4. August, stand bei einer unserer Verbündeten die Polizei vor der Tür. Sie waren auf der Suche nach einer anderen Aktivistin, Spitzname „Łania“ („Hirschkuh“), deren Aufenthaltsort durch Überwachung ermittelt wurde. Sie wurde zum Polizeipräsidium mitgenommen, ohne dass ein Grund hierfür genannt wurde. In der Zwischenzeit wissen wir, dass es um den Regenbogenfahnen-Fall geht. Die Aktivistinnen wurden für 48 Stunden vorläufig festgenommen [damit ist die maximale Zeitdauer einer vorläufigen Festnahme ohne Haftbefehl im poln. Ermittlungsverfahren gemeint]. Keine von ihnen ist vorher zur Befragung vorgeladen worden. Die Ermittlungsbehörden haben somit unangemessene Mittel eingesetzt und damit ihre Amtsbefugnisse missbraucht.
Die Menschen wurden nicht mal verhört, obwohl sie dazu bereit waren, sich zur Sache zu äußern, sowie schon anwaltlichen Beistand hatten. Während des ganzen Tages wurden keine Ermittlunsmaßnahmen ergriffen. Es wurde nicht mal ein zuständiger Beamter genannt. Die Polizei spielt dadurch einfach auf Zeit. Es ist eine ganz klare Repression, die die LGBT-Community und besonders die Aktivist*Innen einschüchtern soll.
Wir brauchen Eure Solidarität. Wir bitten Euch, über die Lage von sexuellen Minderheiten und Aktivist*Innen aus unseren Kreise laut zu sprechen, da wir im eigenem Land immer weniger Verbündete haben. Viele von ihnen wurden bereits manipuliert oder haben einfach Angst.“