Tagebuch aus dem Knast #1

Von Maya kam zwischenzeitlich die erste Post an. Ihre Tagebucheinträge werden in den nächsten Tagen fast täglich auf dem ABC-Blog veröffentlicht und dann hier verlinkt. Schreibt Briefe, natürlich auch an Hodei, Siao, Tur*tel und viele andere Gefangene!

„Eben ging es noch um den recht grob verhafteten Todde, da wendet sich der Weiß-Behelmte, Blau-Uniformierte auf einmal an mich und im nächsten Moment finde ich mich auch schon in den Händen seinesgleichen wieder, die mich vom Rand der Gruppe abpflücken wie eine Traube. Dumm, ihnen den Rücken gekehrt zu haben. Während sie mich auf RWE-Land – die ehemalige Autobahn – tragen, höre ich die Worte „Haftbefehl“ und „festgenommen“. Warum kann mir niemand sagen. Dennoch bin ich wenig überrascht. Wenn sie wollen, können sie. Wäre ja nicht das erste Mal, dass sie auf diese Weise Aktive aus dem Hambacher Forst aus ihrem Weg räumen lassen.“

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13.12.2016 – Prozess in Düren

Um 9.30 Uhr findet am Dienstag, 13.12.2016 ein Prozess gegen einen Unterstützer der Wiese statt. Der Mensch war nach eigenen Angaben beim Filmen auf einer Demo angegriffen worden. Weil er sich wehrte, wird er jetzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt. Gemäßigte solidarische Anwesenheit ist erwünscht im Amtsgericht, August-Klotz-Str. 14, 52349 Düren, 2. Etage, Sitzungssaal 2.29

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Polizei-Blitzbesuch

Heute gegen 12 Uhr begann eine Hundertschaft damit, die Wiese zu umstellen. Gleichzeitig wurden im Wald Barrikaden und Baumaterial für Baumhäuser eingesammelt und entfernt. Erfreulicher- aber auch überraschenderweise war der Spuk dann bereits eine halbe Stunde später schon wieder vorbei – Die Polizei hat sich nun wieder komplett von Wald und Wiese zurückgezogen. Jetzt ist wieder alles ruhig. Was sollen wir von dieser Taktik unserer hochmotivierten, tadellosen und immer korrekten Staatsmacht halten? War euch langweilig? Eine kleine Gassirunde durch den Wald, kurz die Leute angaffen, etwas Spielzeug klauen und dann wieder zurück ins Warme? Wollten die anderen Kinder vom Sicherheitsdienst heute nicht mit euch spielen? Oder nur eine kleine Sportrunde in der Mittagspause, als Ausgleich dafür dass sonst nur auf dem Arsch gesessen wird? Vielleicht reicht ja auch für mehr das Budget nicht aus. Möglicherweise hilfts, beim großen Bruder RWE nach Spenden zu fragen? Die geben euch bestimmt was dazu. Ist ja schließlich auch Weihnachten. Wie auch immer, wir hoffen mal dass das für heute alles war, und dass ihr euch von jetzt an mit euch selbst beschäftigen könnt. Ihr seid doch auch schon groß. Macht doch mal was Sinnvolles! So wie wir euch kennen fällt euch bestimmt bald was Tolles ein.

Ergänzung: Der Grund für die Umstellung der Wiese war wohl, dass im Wald zwei vermummte Personen angetroffen wurden, und die Polizei wissen wollte, wer das denn war. Deswegen wurden diese in Richtung Wiese verfolgt, irgendwo im Wald hat sich aber die Spur verloren und es gab keine Festnahmen. Na klar, wir sind sicher dass die Personen, wären sie unvermummt gewesen, von der netten Polizei komplett in Ruhe gelassen worden wären. (nicht) – Eure Begründungen werden auch immer halbherziger. Aber wer braucht schon Gründe wenn er/sie Schlagstöcke und Räumpanzer hat?

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„Offenbarungseid“

„Erklärung des Wiesenbesitzers:

Aus gegebenem Anlass ist hiermit die Beendigung sämtlicher drei Gerichtsverfahren anzukündigen, die gegenwärtig in Zusammenhang mit dem Hambacher Forst bei Gericht anhängig sind: Wiesenprozess – 3. Rahmenbetriebsplan Hambach – Verlegung der A 4.

Aus wirtschaftlichen Gründen ist mir die Fortführung dieser Verfahren nicht mehr möglich. Die bisher angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten belaufen sich auf einen Betrag im unteren fünfstelligen Bereich.

Nunmehr konfrontieren mich die Steuerbehörden mit „räuberischen“ Steuerforderungen gegen Gesetz und Recht in Höhe von rd. 26.000 Euro, gegen die ordentliche Rechtsmittel nicht mehr möglich sind. Diese Steuerforderungen betreffen die Alt-GmbH meines verstorbenen Vaters, für diese Steuerschulden habe ich persönlich einzustehen.

Die recht aussichtsreiche Berufung gegen das abweisende Urteil des VG Aachen über den 3. Rahmenbetriebsplan Hambach müsste spätestens am 23. Dezember 2016 beim OVG Münster in NRW eingelegt werden. Aus dem Klageverfahren vor dem VG Aachen sind indessen bis zum 14.12.2016 Gerichtskosten von 1.218,– Euro zu zahlen, darüber hinaus hat die RWE Power AG für ihre beiden Anwälte Kosten in Höhe von 2.763,19 Euro in Rechnung gestellt, in etwa dieser Höhe dürfte in Kürze auch das Land NRW Kosten für ihren Anwalt in Rechnung stellen.

Die Rechnung des für den „Wiesenprozess“ vor dem OVG Münster neu bestellten Anwalts ist angefordert, liegt zurzeit aber noch nicht vor.

Buir, den 09. Dezember 2016

Kurt Claßen“

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Kundgebung für die Gefangenen aus dem Hambacher Forst

Seit mehreren Wochen wird im Hambacher Forst wieder gerodet – erstmals wurde dabei auch die „Rote Linie“, die ehemalige Autobahn A4 überschritten. Am 23.10.16 hatten mehr als 1000 Personen diese als Begrenzung für die Zerstörung des Waldes gesetzt. RWE versucht mit dieser Eskalation die klimaschädliche Nutzung der Braunkohle gegen alle Widerstände durchzusetzen.
Zudem wurde die dauerhafte Waldbesetzung durch die Inhaftierung von 3 weiteren Aktivist*innen geschwächt.

Trotzdem geht die Auseinandersetzung um Hambacher Forst und Braunkohle weiter – wir wollen mit einer Kundgebung unsere Unterstützung für die Gefangenen zeigen.

Kommt am Samstag 10.12 um 17 Uhr vor die JVA Köln-Ossendorf

Der Knast ist gut mit der Straßenbahn errreichbar. Die Haltestelle heißt Rektor-Klein-Straße.

Wir wollen viel Radau machen, um die Stille der Mauern zu brechen. Bringt mit, was Lärm macht! Bringt Grüße an die Gefangenen mit! Überlegt euch Lieder! Bleibt Kreativ!

Im Anschluss ist das Cafe im Autonomen Zentrum Köln geöffnet für gemütliches Zusammensein bei Tee, Gebäck & Schreibstube für die Gefangenen.

Telefonnummer des Ermittlungsausschusses (EA) +49 (0)157 82 86 82 73 für den Fall das ihr festgenommen werdet oder Festnahmen beobachtet.

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Infos zum heutigen Wiesenprozess

In Kürze: Momentan steht keine Räumung an, es ging ja auch vorerst „nur“ um ein Gebäude sowie die mögliche Untersagung von Neubauten oder Umbauten auf der Wiese. Rechtskräftig ist nichts, und die Polizei bräuchte Vorlauf, um eine Räumung dann auch umzusetzen. Weihnachten steht vor der Tür. Was das kommende Jahr bringt, werden wir sehen.

Ausführliche Infos von Kurt:

07.12.2016

Hallo,

wie der beigefügten Pressemitteilung zu entnehmen ist, hat das OVG die Revision gegen das Urteil vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision ist Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht möglich (= Nichtzulassungsbeschwerde), dies ergibt sich ebenfalls aus der beigefügten Pressemitteilung.

Nach Auskunft des Anwalts dürfte das schriftlich verfasste und begründete Urteil in etwa 12 Tagen zugestellt werden. Innerhalb eines
Monats nach Zustellung kann gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden. Die
fristwahrende Nichtzulassungsbeschwerde kann in einem Zweizeiler bestehen und muss nicht auch direkt begründet werden. Die Begründung ist spätestens einen weiteren Monat später beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen.

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Prozessergebnis

Der Prozess gestern (05.12.), gegen die Aktivistin, die Anfang des Jahres unter dem Namen „Fledermaus“ in Untersuchungshaft war, endete mit einer Verurteilung wegen einfachem Landfriedensbruch zu 3 Wochen Dauerarrest, die durch die 4 Wochen U-Haft bereits abgesessen wurden. Die Vorwürfe der Körperverletzung, des schweren Landfriedensbruch und der gefährlichen Körperverletzung konnten nicht bestätigt werden, die Zeug*innen des RWE-Sicherheitsdienstes konnten sich scheinbar nicht mehr gut genug an die Geschichten erinnern, die sie in der polizeilichen Vernehmung erzählt haben.

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Erklärung von Thymian

[Disclaimer: Dieser Text ist die Einzelmeinung von Thymian. Es gibt im Forst und auf der Wiese nicht wenige Menschen, die Thymians Meinungen wiedersprechen oder seine Vermutungen dazu wer „zum Verfassungsschutz gehört“ anzweifeln. Auch seine Vorschläge zu Mediationsgesprächen mit der Polizei werden kontrovers diskutiert bzw. von vielen sogar abgelehnt, insbesondere sein Vorschlag, dass er alleine mit Sookee und Jan Böhmermann mit der Polizei sprechen möchte.
„Wir“ haben sogar darüber nachgedacht den Text wieder vom Blog zu löschen – haben uns dann aber vorerst dagegen entschieden. Stattdessen haben wir uns – wie auch zuvor bei kontrovers diskutierten Artikeln – dafür entschieden diesen Disclaimer vorzusetzen, damit Blogleser*innen den Artikel differenzierter einordnen können.

Richtigstellung zum Disclaimer: Thymian sagt, dass er bereit ist, es handelt sich also in erster Linie um eine Bereitschaft. Ob Thymian das möchte oder nicht, das steht da nicht. Das Wort mögen wertet er in diesem Zusammenhang als Fremdverurteilung.

Am 1. Dezember wurden am sogenannten „Jesuspoint“ im Herzen vom Hambi fünf Bäume gefällt und das Schild mit der Aufschrift ,,know yourself / erkenne dich selbst“ wurde bei sogenannten ,,Baumarbeiten” von der Pilgerstätte entfernt. Haben wir Reflektion nicht mehr nötig?

Der Wald war kalt und ,,Journalismusstudenten“ hatten sich zwischen zwölf und ein Uhr angekündigt. Ich holte sie auf der Wiese ab und hoffte, dass wir schnell zum ,,Jesuspoint“ kommen. Am Morgen hatte ein Polizeisprecher gesagt, dass wir uns in diesem Teil des Waldes frei bewegen dürfen. Eine Gruppe von 4-5 PolizistInnen hielt uns jedoch auf. Und es war noch viel mehr Polizei unterwegs. Personalien wurden kontrolliert und circa 30 Meter neben uns fanden sonderliche ,,Baumarbeiten” statt. Dicke große Bäume wurden zersägt. ArbeiterInnen und Werkschutz waren beschäftigt.

Eine Polizistin kannte einen der ,Journalismusstudenten” und bei der Personenkontrolle stellte sich heraus, dass er gar kein ,,Journalismusstudent“ war, sondern dass der Mensch mit der großen Kamera nur ,,so dabei“ war. Sie kannten sich angeblich von einer Hochzeit… Hatte sich da mal wieder der Verfassungsschutz eingeschlichen?

Die Polizistin erzählte mir, dass für jeden Baum „dadrüben fünf neue gepflanzt werden“ und dass sie auf der Suche nach Steinewerfern sei. Ich erklärte, dass ich mich bereits öffentlich vom Steine werfen und Gewaltaktionen distanziert hatte. Dies habe ich am 1. Dezember in einem Radiointerview getan. Die Kameras der ,,Journalismusstudenten“ waren zwischendurch scheinbar aus, denn angeblich war es verboten, die Polizei zu filmen. (Was lernt ihr eigentlich in der Polizei bzw. Journalismusschule?) Die Polizei darf immer gefilmt werden, sie darf aber nicht immer filmen. Und mit dem Handy telefonieren ist während der Personenkontrolle auch erlaubt. Merkt euch das bitte! Da die Ausweiskontrolle zunehmend länger dauerte beschlossen wir, dass ich zwischendurch ein Interview gebe. Ich erzählte, dass die Polizei nicht nur anwesend ist um ,Steinewerfer” zu finden, sondern um in einem seit langem angespannten Konflikt zu deeskalieren. Dieser Konflikt geht auch von RWE-Mitarbeitern und dem Werkschutz aus. Es gab schließlich auch lebensgefährliche Angriffe gegen Aktivisti.

Dann erwähnte ich, dass vor einiger Zeit ein Mensch – den ich definitiv dem Verfassungsschutz zuordne – zwei mal auf mich geschossen hatte. Ich wurde gefragt, ob ich Anzeige erstattet habe. Die Antwort darauf ist Nein. Es gibt aber mehrere Zeugen für den Abend und der Vorfall wurde auf dem Blog veröffentlicht. Außerdem haben andere und ich mit dem Polizeipräsidenten und einem anderen Polizisten persönlich am Wieseneingang darüber gesprochen.

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Gerichtsprozess am Montag

Am Montag den 05.12. um 09:00 findet vor dem Amtsgericht Düren im Saal 1.07 der Prozess einer Aktivistin aus dem Umfeld des Hambacher Forst statt. Die Angeklagte wurde am 21.01. von RWEs bezahlten Schlägern über den Haufen gefahren, verprügelt und war daraufhin unter dem Namen „Fledermaus“ etwa einem Monat in Untersuchungshaft. Ihr wird Sachbeschädigung, schwerer Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Kommt vorbei und zeigt eure Solidarität, ob durch Worte, direkte Aktion oder auch nur durch Anwesenheit! Eventuell finden Eingangskontrollen statt weshalb es sich empfiehlt, etwas früher da zu sein.

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