Der Eppenbergerwald bleibt. Bereits Mitte Mai wurde die Waldbesetzung in der Eifel, direkt neben dem Ort Eppenberg aufgelöst. Grund ist der Wahlsieg (im Gemeinderat Eppenberg) einer Bürgerinitiative, die für den Erhalt des Waldes angetreten ist.
Von Anfang an gab es wohlwollenden Kontakt und Austausch zwischen den Besetzer*innen und der Bürgerinitiative. Die Besetzer*innen schafften einen Diskussionsraum und Aufmerksamkeit für den Wald abseits der „rechtlichen“ Wege. Die Bürgerinitiative setzte sich auf dem „rechtlichen“ Weg für den Wald ein.
Auf dem ca. 80 Hektar bewaldetem Gelände sollte ein Industriegebiet gebaut werden. Der Plan ging von der Kreisverwaltung aus und wurde versucht von oben herab, ohne jegliche Form der Bürgerbeteiligung über die Bühne zu bringen. Das gelang Ihnen nicht.
Chronologie und Reflektion der Bestzung
Ziel dieses Textes ist es den Verlauf der Besetzung öffentlich zu machen und durch die Reflektion anderen Aktivistis und Interessierten Erfahrungswerte zur Verfügung zu stellen.
Von Anfang an…
…war die Eppenbergerwaldaktion als eine kurzfristige gedacht. Wir hörten von der geplanten Rodung des Waldgebiets. Aktivistis von uns starteten im Eppenbergerwald eine ,Banner-drop-aktion‘, von der sie sehr begeistert zurückkamen. Nun war uns klar, dass sich in Eppenberg bereits Leute organisieren, die das geplante Industriegebiet verhindern wollen. Nur 1-2 Wochen nachdem wir unsere Besetzung begannen (Mitte Februar), war die Entscheidung über den Bau des Industriegebiets im damaligen Eppenberger Gemeinderat angesetzt.
Ziel der Aktion war es somit, kurzzeitig Druck auszuüben um dem Gemeinderat VOR der Entscheidung klar zu machen, dass es nicht einfach werden wird, sollten sie den Wald fällen wollen („Die Hambis sind da“).
Noch bevor öffentlich war, dass wir im Wald sind, aber nach unserer ‚Banner-drop-aktion‘, trat die damalige Bürgermeisterin zurück (Grund war wahrscheinlich der gestiegene Druck im Dorf). Die Entscheidung über das Industriegebiet wurde auf den neu zu wählenden Gemeinderat (Ende Mai) übertragen.
Für uns hieß das Zeit, aber eben auch die Verlängerung des „Einsatzes“.
Menschen die wir erreichten
Wir bauten und luden Sonntags zum Kaffe/Kuchen, diskutieren und kennenlernen der Besetzung ein. Um die 50 Leute kamen, darunter viele Gesichter, die dann bis zum Ende präsent blieben.
An diesem Sonntag entwickelte sich eine schöne Dynamik, bei der die Menschen der Umgebung miteinander diskutierten/stritten (auch über die Legitimität einer Besetzung) und wir als Besetzer*innen unsere Ziele und Motivationen darstellten. Selbst kamen wir dabei nicht in die Rolle, uns für die Besetzung rechtfertigen zu müssen, da wir starke Fürsprecher*innen aus der Umgebung hatten.
→ Gleich zu Beginn die Legitimität der Aktion öffentlich zu diskutieren, halten wir für sinnvoll um Menschen Argumente an die Hand zu geben, welche diese dann nach Außen tragen.
Als einen Grund der Besetzung gaben wir an, einen Raum für genau solche Debatten öffnen zu wollen. Einen Raum in dem alle an dem Thema Interessierten zu Wort kommen können und man sozusagen selbstbestimmt (nicht die Kreisverwaltung entscheidet über die Köpfe der Anwohner) eine Entscheidung zum Umgang mit dem Waldgebiet findet.
Der damalige Übergangsbürgermeister des Dorfes Eppenberg nahm (zusammen mit einem Kripo-Beamten, seinem direkten Nachbarn) auch am Gespräch teil, ohne sich aktiv einzumischen. Über die nächsten Monate (bis zur Wahl Anfang Mai) gab es seinerseits keine Anordnung die Besetzung zu räumen, weswegen uns die Polizei über die ganze Zeit mehr oder weniger in Ruhe ließ. Über seine Gründe können wir nur spekulieren.
→ Die Besetzung fiel in einen günstigen Moment. Die Bürgermeisterin, die das Industriegebiet beführwortete, ist zurückgetreten und ein Übergangsbürgermeister übernahm. Dieser wollte wohl die politischen Unkalkulierbarkeiten einer Räumung nicht auf sich nehmen. Selbes gilt wohl für die Kreisverwaltung, die ursächlich hinter dem Plan des Industriegebietes stand. Das öffentliche Debakel um die Räumung des ‚Hambacher Waldes‘ ein paar Monate zuvor war allen präsent.
Seit jenem Sonntag kamen dann täglich Besucher, es war viel Trubel auf dem Platz. Am meisten sprachen wir dabei wohl Menschen an, die als offen, zum Teil auch als kritisch beschrieben werden können.
Insgesamt besuchten ca. 200-300 Leute mind. einmal den Wald.
Von diesen Menschen kam oft das Feedback, wie inspirierend sie unsere ‚Art‘ zu leben finden. Sei es das Engagement, für eine Sache mit vollem Einsatz einzustehen, oder unsere Lebensstil im Wald.
Menschen die aktiv wurden…
Ein paar Menschen aus der Umgebung schlossen sich der Besetzung vor Ort an, kochten, bauten mit und hielten den Platz. Darüber hinaus schauten ca. 10 Leute regelmäßig mit Essen, Materialien und Gesellschaft bis zum Ende der Besetzung vorbei. Darüber hinaus kamen anarchistische Gruppen von weiter weg, sowie Menschen der Besetzerszene.
Die Gründe für Menschen sich öfter im Wald blicken zu lassen sind wohl sehr verschieden.
*direkte Betroffenheit durch Nachbarschaft von Abholzung des Waldes
* Interesse an uns und alternativen Lebenskonzepten
* starkes Mißtrauen den staatlichen Institutionen gegenüber und Begeisterung für Leute die endlich‚was dagegen machen‘
* Freundschaften, Sympatie
* das Gefühl Teil zu werden, etwas mit den Händen zu machen, im Wald zu sein
*…
Konservative Gegend/ Menschen die nicht aktiv wurden
Die ganze Aktion fand in einer stockkonservativen Gegend statt. Wahrscheinlich lehnten die meisten Menschen also unsere Präsenz ab („die kriegt man nicht mehr los“; „die arbeiten ja garnicht“; „die machen nur Dreck“; „die haben ein Problem mit der Polizei“; „die sind gewaltbereit, eine Bedrohung für einzelne Menschen“; „mit meiner Flinte würde ich die sofort daoben runter holen“ [alles Zitate von Gesprächen, über die mir berichtet wurde]).
Bei der Poizei gingen wohl regelmäßig Mails und Anrufe ein, dass sie uns vertreiben sollen.
Diesen Unmut äußerte dagegen niemand, der/die den Wald selbst besuchte. Die Menschen, die so denken, blieben also lieber zu Hause und kotzen sich nur im Privaten (oder im Internet) aus, handeln aber nicht. Wir profitierten also ausnahmsweise von der Lähmung, welche Menschen in diesem Land generell davon abhält laut zu werden, auf die Straße zu gehen.
Waldtag (30.03)
Bei der Aktion „Waldtag“ luden wir Menschen aus all diesen Kontexten ein, um an Workshops und geselliger Runde teilzunehmen. Hier kamen ca. 50-80 Leute zur Hälfte aus der Besetzerszene und zur Hälfte von Menschen aus der Gegend (überwiegend die, die uns schon kannten). Das überraschte uns, hatten wir doch damit gerechnet, dass uns hier viele Neue besuchen kommen würden. Die Erklärung liegt wohl in dem mittlerweile schon festgefahrenen Ansehen der Besetzung in der Umgebung.
→ Will man also Menschen erreichen, die eher einem konservativen Spektrum angehören, dann am besten zügig, während die Besetzung startet, damit sich keine Berührungsängste aufbauen, oder man muss diese Menschen direkt in der Werbung ansprechen
Dafür war der Tag dann gut, dass sich lokale (bereits bekannte) Menschen/Nachbarn und Aktivistis kennenlernen konnten. Es fühlte sich an, als würde hier der Samen gelegt, der im Falle einer tatsächlichen Rodung in Widerstand aufgehen könnte. Stark war auch, dass das Workshop-Programm gefüllt wurde von allen möglichen Menschen von außerhalb und der Gesamtzusammenhang der Waldbesetzung zu dem globalen ökonomischen System hergestellt wurde.
April/Mai Vertane Chance?
Nach der anfänglichen Euphorie für das Projekt verabschiedete sich die Gründungstruppe der Besetzung fast komplett. Einzelne Menschen hielten zusammen mit Nachbar*innen aus der Umgebung die Stellung. Immer wieder kamen Aktivistis von Außerhalb hinzu, doch das ganze verlief oft schleppend.
Eine aktive, motivierte Kerngruppe von nur drei Menschen hätte wohl gereicht um das Potential des Waldes deutlich auszubauen, vor allem die Internetpräsenz kam bei der Eppenberger Besetzung viel zu kurz. Regelmäßige Diskussionsangebote, hätten noch eine Brücke zu anderen Themen wie Jagd, Ernährung etc. aufbauen können.
Hier hat ein Flyer (für linke Szene Orte) und eine stärkere Internetpräsenz gefehlt, die eine dauerhafte Aufmerksamkeit erreicht hätten. (Die „Ackerbesetzung“ zeigt hier auf wie es läuft!) Für eine erfolgreiche und präsente politische Aktion ist eine regelmäßige aktualisierte Internetpräsenz in den bekannten Portalen ein Muss!