„Keine Milliarden von der Bundesregierung an RWE bei Sofortausstieg aus der Braunkohle! Keine Milliarden von NRW an RWE bei Sofortaus aller Tagebaue und Kraftwerke im Rheinischen Revier! Bezug: KStA v.15.3.19,Titelseite+S.12 Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Vorstandsvorsitzender der RWE AG, sehr geehrter Herr Rolf Martin Schmitz,
an Visionen mag es Ihnen ja nicht mangeln, Sie mögen von der Bundesregierung auch Entschädigungen in Milliardenhöhe verlangen, ein Anspruch auf irgendeine Entschädigung von der Bundesregierung ist hier nicht erkennbar.
Die Bundesregierung hat weder die Genehmigungen für die Tagebaue noch für die Kraftwerke erteilt. Die Genehmigungen für die Tagebaue und die Kraftwerke hat das Land NRW erteilt. Warum sollte die Bundesregierung vor diesem Hintergrund Zahlungen an die RWE AG leisten?
Dass die RWE AG ernsthaft Entschädigungen vom Land NRW verlangen möchte, ist aus den genannten Beiträgen im KStA nicht erkennbar. Im Übrigen hat weder die RWE Power AG noch die RWE AG irgendwelche Entschädigungsansprüche gegen die Konzerne, zum Einstieg in das Thema sei auf die unten angehängte Nachricht vom 30.08.2018 an den Ministerpräsidenten und zugleich an die RWE Power AG Bezug genommen.
Darüber hinaus wurde am vergangenen Freitag, den 15. März 2019, Klage gegen die Fortführung des Tagebaus Hambach bis zum 31.12.2020, gegen die Fortsetzung der Rodungen im Hambacher Forst und zur Wiederherstellung des Hambacher Forstes in seiner ursprünglichen Größe von 85 qkm erhoben. Die Klage richtet sich gegen den Hauptbetriebsplan Hambach für die Zeit vom 01.04.2018 bis zum 31.12.2020.
Die Klage wird damit begründet werden, dass der Tagebau Hambach nicht dem Gemeinwohlinteresse von NRW im Sinne von §§ 77 BBergG dient. Nach dem Antrag der RWE Power AG vom 25 April 2018, im Wege der Grundabtretung nach §§ 77 ff. BBergG das Recht zu Nutzung der Wiese am Hambacher Forst zu erhalten, hat der Eigentümer eine Grundabtretung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG nur hinzunehmen, wenn sie dem Gemeinwohl dient. Die aggregierten und kumulierten unterschiedlichen Belange, die durch das Vorhaben betroffen sind, seien hierbei in den Blick zu nehmen und in ihrem Gesamtgewicht dem Gewicht des Gemeinwohlinteresses gegenüberzustellen. Eine derartige Abwägung aller betroffenen Belange müsse das Überwiegen der Gemeinwohlbelange ergeben.
„Überwiegen der Gemeinwohlbelange “bedeutet: 50% + 1 im Interesse des Gemeinwohles von NRW.
Das bedeutet: Sofern – vereinfachend, verkürzt und unvollständig – andere als Gemeinwohlbelange zu mehr als 50% gegen die Fortführung des Tagebaus Hambach sprechen, überwiegen nicht mehr die Gemeinwohlbelange zur Fortführung des Tagebaus Hambach und der Tagebau Hambach ist zu beenden, dies gilt entsprechend für den Tagebau Garzweiler.
Im Wesentlichen dient der Tagebau Hambach – und entsprechend der Tagebau Garzweiler – aus folgenden Gründen nicht dem Gemeinwohl im Sinne des Bundesberggesetzes:
1.) ca. 25% der Braunkohle aus dem Tagebau Hambach werden nicht zur Erzeugung von Strom, sondern zur Erzeugung von Briketts und Braunkohlestaub verwendet. Soweit in diesem Umfang Kohle aus dem Tagebau Hambach nicht mehr gewonnen wird, „gehen die Lichter in NRW“ nicht aus.
2.) ca. 25% des Braunkohlestromes aus dem Tagebau Hambach werden nach Frankreich und in die Niederlande sowie nach Belgien, die Schweiz und nach Österreich exportiert. Soweit in diesem Umfang Kohle aus dem Tagebau Hambach nicht mehr gewonnen wird, „gehen die Lichter in NRW“ auch nicht aus.
3.) Ein Teil des Braunkohlestromes aus dem Tagebau Hambach könnte auch in andere Bundesländer exportiert werden. Soweit in diesem Umfang Kohle aus dem Tagebau Hambach nicht mehr gewonnen wird, „gehen die Lichter in NRW“ ebenfalls nicht aus.
Zwischenergebnis: 1.) + 2.) + 3.) = 50% + 1 nicht im Interesse des Gemeinwohles von NRW.
4.) Nach Beendigung des Tagebaus Hambach verlangt das Bundesberggesetz im Übrigen die „Wiedernutzbarmachung der Oberfläche“ (BBergG a.F.: „Wiedernutzbarmachung der Landschaft“). Nach der Dissertation von Kolonko handelt es sich bei dem geplanten See nicht um „Wiedernutzbarmachung der Landschaft“, in diesem Sinne wird diesseits (vgl. Homepage) gefordert, den Forst in seinem ursprünglichen Umfang von ca. 85 qkm wiederherzustellen.
5.) Der Tagebau Hambach dient nicht der Versorgung des Marktes mit (vgl. Wortlaut des § 79 BbergG), sondern nur der Versorgung eines Unternehmens mit Braunkohle, nämlich der RWE Power AG.
6.) Die Genehmigungen des Tagebaus Hambach enthalten keine Vorkehrungen, dass der Strom aus der Braunkohle des Tagebaus Hambach zur Sicherung Stromversorgung von NRW (= Gemeinwohlinteresse von NRW) oder zum Verkauf nach NRW verwendet wird. Dies verbieten die EG-Verträge, danach gilt in der der Grundsatz der Waren- und Dienstleistungsfreiheit einschließlich des mit Strom. Nach diesen Grundsätzen hat RWE das Recht, sämtlichen aus der Kohle des Tagebaus Hambach gewonnenen Strom zu 100% ins Ausland oder in von außerhalb von NRW zu verwenden.
7.) Die Genehmigung des Tagebaus Hambach und die Fortführung des Tagebaus erfüllen den objektiven und subjektiven Tatbestand besonders schwerer Fälle von Umweltstraftaten: Das Grund- und Trinkwasserreservoir wird für Generationen und auf hunderte Jahre unbrauchbar gemacht (§§ 324, 330 Strafgesetzbuch), der Boden wird durch den geplanten See auf ewig zerstört (§§ 324 a, 330 Strafgesetzbuch).
Es erscheint im Übrigen in höchstem Maße bemerkenswert, dass Sie, sehr geehrter Herr Schmitz, in Ihrer Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender der RWE AG zur Sache Stellung nehmen.
Dies legt nahe, dass die RWE AG ihre vertraglichen Pflichten aus dem Ergebnisabführungsvertrag mit der RWE Power AG, dem Tagebaubetreiber, erfüllen wird, den Hambacher Forst durch Verfüllung und Aufforstung in seiner ursprünglichen Größe von 85 qkm wiederherstellen und das vom Tagebau Hambach zerstörte Grund- und Trinkwasserreservoir wiederherstellen wird und dafür mit den ca. 60-70.000 Mitarbeitern der RWE AG einstehen und die Kosten tragen wird. Der Ergebnisabführungsvertrag ist ein Gewinn- und Verlustabführungsvertrag. Über mehr als 40 Jahre hat die RWE AG offene und verdeckte Gewinnausschüttungen in kaum ermesslicher Größenordnung kassiert, vor diesem Hintergrund es ist nur folgerichtig, wenn die RWE AG nunmehr auch alle Kosten der Abwicklung der RWE Power AG übernimmt.
In Anbetracht der Gesamtumstände der Angelegenheit wird diesseits für Entschädigungsforderungen der RWE Power AG oder der RWE AG gegen die Bundesregierung und/oder gegen das Land NRW nicht der geringste Anlass gesehen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Claßen“
Auf meine Anfrage an den Bund der Steuerzahler, eine NGO zur Bewahrung unserer deutschen Haushaltsmittel, habe ich heute folgende Antwort erhalten:
„Vollkommen zu Recht äußern Sie Ihre Sorge
über eine drohende Verschwendung von Steuergeld im Zuge eines politisch
beschlossenen Kohleausstiegs. Die ggf. zu zahlenden Entschädigungen an die
Kraftwerksbetreiber sind jedoch nur ein Teil der Kosten, die auf den Steuerzahler
zukommen, sollte der Ausstieg aus der Kohleverstromung politisch beschlossen
werden. Inwieweit tatsächlich Entschädigungen an die Kraftwerksbetreiber
geleistet werden müssen, werden vermutlich Gerichte entscheiden. Hier gibt es
unterschiedliche Rechtsauffassungen. Klar ist hingegen, dass sich alleine die
Kosten, die die „Kohlekommission“ bisher für die von ihr vorgeschlagenen
Maßnahmen beziffert hat, auf 80 Mrd. Euro belaufen. Es ist zu befürchten, dass
die tatsächlichen Kosten am Ende noch höher ausfallen könnten. Dem gegenüber
steht kein erkennbarer Nutzen für den Klimaschutz. Da die Energiewirtschaft
bereits im Europäischen Zertifikatehandel (EU-ETS) erfasst ist, dürften durch
den Ausstieg aus der Kohleverstromung die emittierten Treibhausgase nicht sinken.
Sollte sich dies bewahrheiten, wäre dies in der Tat kein wirtschaftlicher
Einsatz von Steuergeld.
Beste Grüße
i. A. Philipp Behm
Leiter Recherche
Redakteur „Der Steuerzahler“
Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.
Reinhardtstraße 52
10117 Berlin“
Soso. Der Kohleausstieg ist also gar kein Beitrag zum Klimaschutz, weil dann einfach alle anderen mehr CO2 in die Luft pusten?
Da hätte der BUND, da hätte Greenpeace gar nicht anfangen brauchen! Die Hambis hätten den Wald gar nicht retten brauchen! Und die bedrohten Dorfbewohner hätten den Abrissbaggern gleich noch Hinweisschilder zum besseren Erreichen ihrer alten Häuser aufstellen können.
Ich weiß nicht, wo die Logik hier sein soll, aber jetzt ist klar, wo der Bund der Steuerzahler steht:
Auf der Seite der milliardenschweren Großunternehmen, die fleißig billige, aber schmutzige Kohle verbrennen wollen.
Und über die Frage, ob diese einen Anspruch auf Milliarden haben, damit sie von ihrem zerstörerischen Tun lassen, sollen die Gerichte entscheiden… als ob das Unrecht hier nicht auf der Hand liegen würde.
Ich weiß jetzt definitiv, was ich von diesem Verein zu halten haben. Danke, Herr Behm, für Ihre Offenheit, wenn sie auch nicht ganz ehrlich ist. Sagen Sie doch gleich: „Profit geht vor Umwelt. Und Steuermittel, die an Großkonzerne fließen, sind genau richtig, denn Großkonzerne spenden bei uns fleißig in die Vereinskasse!“
Im Nachhinein meine ich, dass die Stellungnahme des Bunds der Steuerzahler dem absendenden Redakteur sicher von seiner vorgesetzten Riege vorgegeben worden ist. Deshalb sollte mensch ihm persönlich nicht böse sein. Sicher hat er abends zuhause auch seine eigenen, ganz anderen Gedanken. Vielleicht – und das sollte er sich wirklich überlegen – sollte er seine Talente einem anderen Arbeitgeber/Auftraggeber zur Verfügung stellen. Einem Auftraggeber oder einer Organisation, bei der er nicht das Sprachrohr einseitiger Unternehmerinteressen sein muss.
Also nicht auf den Antwortenden sauer sein, sondern auf die Organisation bzw. die dahinter stehenden Interessengruppen, die ihm die Antwort vorgegeben haben (vermutlich als „Sprachregelung“ oder „Leitlinien der Politik“ des Vereins).
Wir brauchen einen alternativen Bund der Steuerzahler. Einen, der wirklich die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei der Verwendung von Steuermitteln im Blick hat und sich nicht einseitig nur auf die Seite von Unternehmen stellt.
Der Bund der Steuerzahler scheint des Rechnens und des „Kleinen Dreimaleins“ nicht mehr mächtig zu sein.
Das möge der Bund der Steuerzahler mir erst einmal nachweisen, dass der Wert der Braunkohlekraftwerke sich auf 80 Milliarden Euro belaufen soll. 80 Milliarden Euro ist der Betrag, den der Bund der Steuerzahler schon lediglich als Entschädigung für die Kraftwerke ansetzt.
Die Kosten für die Verfüllung des Tagebaus Hambach zur Wiederherstellung des Hambacher Forstes in seiner ursprünglichen Größe von 85 qkm sind in der Berechnung des Bundes der Steuerzahler nicht enthalten.
Diese Kosten hätte dann auch nach Auffassung des Bundes der Steuerzahler nicht der Steuerzahler, sondern die RWE AG und deren 60-70.000 Mitarbeiter sowie die Stromkunden zu tragen.
Das hätte der Bund der Steuerzahler auch wesentlich deutlicher zum Ausdruck bringen können, dann wäre die Reaktion auf seine Stellungnahme wohl etwas anders ausgefallen.
22.03.2019
Kurt Claßen
Kurt Claßen zeigt hier nicht zum ersten Mal schlüssig auf, dass die Braunkohleförderung nicht dem Allgemeinwohl dient. Trotzdem werden die Betriebsgenehmigungen, die ja laut Gesetz daran gebunden sind, nicht zurückgezogen. Das beweist meiner Ansicht nach, dass auch die Landesregierung nicht dem Gemeinwohl dient. Ich schlage darum vor, der Landesregierung die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Ich kann mich übrigens nicht erinnern, die jemals anerkannt zu haben. Ich erkenne nur, dass der Rechtsstaat nur dann funktioniert, wenn keine Konzerninteressen betroffen sind. Oder vielmehr muss ich sagen: auch dann funktioniert er. Nur eben im Sinne dieser Interessen.