Offener Soli-Brief Leonard Peltiers zur Unterstützung der Waldbeschützer*innen im, am und um den Hambacher Wald

Folgender offene Brief hat uns erreicht, wir entschuldigen uns für die verspätete Veröffentlichung da er in einer Zeit zu uns geschickt wurde in der wir viel mit unserem Struggle zu tun hatten. Hierin drückt Leonard Peltier aus dem Hochsicherheitsknast in Coleman/Florida seine Solidarität mit dem Kampf um den Hambacher Forst aus.

Grüße an meine Brüder und Schwestern in Deutschland

Wie ihr wisst, ist in unserer indianischen spirituellen Philosophie die Verbindung zu Mother Earth, also Mutter Natur, wie ihr sagen würdet, ein sehr wichtiges Element. Wir als Menschen sind nur ein Teil jenes heiligen Kreises, der Menschen, Pflanzen, Tiere, Berge, Flüsse, Winde und Regen miteinander verbindet – wir sind alle miteinander verbunden und verwandt. Oder wie es die Lakota sagen: Mitakuye Oyasin – ALL MY RELATIONS.
In dieser Zeit bin ich sehr besorgt über das, was bei Euch in Deutschland im Hambacher Wald geschieht. Wir wissen doch alle, dass die Tage der Kohleenergie zu Ende gehen. Aber Politik und Energiekonzerne zerstören unsere Länder lediglich für ihre Profite – und gegen all ihr Wissen, dass diese Energie die Luft vergiftet. Ein 12.000 Jahre alter Wald darf nicht für Geld gefällt werden  Da ist kein Respekt und keine Achtung gegenüber Pflanzen und Tiere oder gegenüber jenen Menschen, die den Wald verteidigen und schützen und so versuchen, eine gesunde Zukunft für unsere Kinder und Enkel zu sichern.

Ich weiß nicht, was Ihr über mich oder meine Situation wisst, aber ich erinnere mich immer wieder an jenen jungen Mann namens Joe Stuntz, der am 26. Juni 1975 durch das FBI *) getötet wurde. Wie Eure Waldverteidiger und viele andere zuvor gab er sein Leben im Glauben, dadurch für die Zukunft eine positive Entwicklung für uns Indigene zu bewirken und einige der negativen Statistiken zu beseitigen, mit denen wir Native Americans in ganz Amerika ständig konfrontiert sind **).  Doch gleich, ob du dein Leben in einem Moment oder in einem Tag gibst, es ist immer ein Leben und sei für diese kostbare Gabe dankbar gegenüber dem Schöpfer.

Ich weiß, dass Ihr, deutsche Aktivisten, mich selbst und andere Indigene seit vielen Jahren bei unseren Bemühungen Mother Earth zu schützen, unterstützt habt, zum Beispiel als Wasserschützer in Standing Rock oder bei unseren Kämpfen gegen Pipeline-Projekte in ganz Amerika. Ich weiß, seit Jahrzehnten haben Menschen in Deutschland mich und meine Leute bei der Forderung nach meiner Freiheit unterstützt. Als ein politischer Gefangener bin ich nicht schuldig, für indigene Rechte und Mother Earth gekämpft zu haben.

Ich wiederhole ***) meine Solidarität mit Euch und Eurem wunderbaren Wald. Es ist eine Ehre für mich, alle Verteidiger und Schützer des Hambacher Waldes zu grüßen. Ich schließe Euch in meine Gebete und mein Herz mit ein. Ich wünsche Euch Erfolg. Wir werden weltweit in unseren Bemühungen zusammen stehen, Mother Earth zu schützen und ebenso Menschen gegen Ausbeutung und Zerstörung.

In the Spirit of Crazy Horse

Leonard Peltier 89637-132

*) FBI steht hier für den hintergründigen Auslöser der tödlichen Schießerei vom 26.6.1975, bei der 2 FBI-Agenten und der AIM-Aktivist Joe Stuntz erschossen wurden. Uns liegen konkrete Hinweise vor, dass Joe Stuntz durch einen Lakota-Stammespolizisten, der zuvor eine Ausbildung als Scharfschütze (Sniper) absolviert hatte (Name ist uns ebenfalls bekannt) gezielt erschossen wurde.

**) Leonard Peltier meint hiermit u.a. die exorbitant hohen Arbeitslosen- und Armutszahlen, die hohe Rate an Erkrankungen, Suchtkrankheiten, die hohe Sterblichkeitsrate von Neugeborenen, die hohe Selbstmordquote bei Jugendlichen usw.

***) Leonard Peltier hatte bereits unseren Aufruf Mitte September namentlich unterstützt. Dies wurde beim Waldspaziergang am 23.9. am Hambacher Wald von uns in einem Redebeitrag mitgeteilt.

  

Leonard Peltier, geb. 12.9.1944. Der zur Zeit 74-jährige Anishabe-Lakota ist seit dem 6.2.1976 – d.h. über 42 Jahre – inhaftiert. Peltier, seit vielen Jahren schwer erkrankt, trat 1972 dem American Indian Movement (AIM) bei, einer pan-indianischen Widerstandsbewegung die sich u. a. zum Ziel setzte, zur Verteidigung indigener Rechte und Angelegenheiten; zur Vermittlung indigener Geschichte, Kultur und Spiritualität; zur Sicherung sozialer und juristischer Belange beizutragen und gegen die anhaltende Kolonialisierung, Diskriminierung und Unterdrückung der Native Americans Widerstand zu leisten. Der ursprüngliche Tatvorwurf, Peltier wäre der Mörder von zwei FBI-Agenten, wurde längst fallengelassen. Beibehalten wurde das Strafmaß, nämlich die Verurteilung zu 2x Lebenslänglich. Das FBI blockiert alle weltweiten Bemühungen, Peltier aus der Haft zu entlassen, wohlwissend dass die anhaltende Haft aufgrund Peltiers schweren Erkrankungen einer Todesstrafe mit anderen Mitteln gleichkommt. Gegen Peltier liegen tatsächlich keine realen Beweise vor, die dessen Haft rechtfertigen würden. Er selbst hat immer betont, nicht der Todesschütze gewesen zu sein. Dies deckt sich mit den Aussagen zahlreicher Zeugen vor Ort. Mehr Informationen sind zu finden in dem Buch „Ein Leben für die Freiheit – Leonard Peltier und der indianische Widerstand“ der Autoren Michael Koch und Michael Schiffmann (Traumfänger Verlag, Erstauflage März 2016; überarbeitete, erweiterte und aktualisierte Zweitauflage November 2017)

Hier ist noch ein Link zum Brief

https://www.leonardpeltier.de/5203-offener-soli-brief-leonard-peltiers-zur-unterstuetzung-der-waldbeschuetzerinnen-im-am-und-um-den-hambacher-wald/

Es wär super wenn Menschen auch ihre Solidarität zu Leonard Peltier kundtun. Briefe zu schreiben ist nicht schwer und hilft Menschen in Haft, weiterhin durchzuhalten und eine Verbindung zum Leben außerhalb des Knastes aufrecht zu erhalten. Hier findet ihr seine Anschrift:

https://www.leonardpeltier.de/leonard-peltier/adresse

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar