Hausverwalter, Nachbarschaft und Politik schienen dem jahrelangen Leerstand und fortschreitenden Verfall der Zülpicher Str. 290 und Josef-Stelzmann Str. 2a machtlos gegenüber zu stehen.
Angesichts der dramatischen Wohnungsnot und der unzumutbaren Unterbringung von Geflüchteten, wuchs das Unverständnis über die Nicht-Nutzung zweier Wohnhäuser, mit mehr als 20 Ein- und Mehrzimmer-Appartments, sowie mehrerer Ladenlokale.
Am 11.12.2015 besetzten Aktivist*innen und Wohnungslose die Häuser. Sie gaben damit den Gebäuden ihren Sinn als Wohnraum zurück, der in der kommenden Zeit der Besetzung von vielen unterschiedlichen Menschen genutzt und benötigt werden sollte. Die Ladenlokale wurden als unkommerzielle Treffpunkte eröffnet. Hier wurden regelmäßig Film- und Kneipenabende, Konzerte, Vorträge und politische Veranstaltungen angeboten. Besonderer Beliebtheit erfreute sich der Umsonstladen, wo kostenlos Kleidung und Gebrauchsgegenstände ab- und weitergegeben wurden.
Nach über 6 Monaten können die Hausbesetzer*innen jetzt eine dauerhafte Lösung verkünden:
Die Stadt Köln mietet die Gebäude langfristig an. Zuvor wird der Hausverwalter Egon Joisten die Häuser eigenständig sanieren. Anschließend wird die Zülpicher Str. 290 als Wohnhaus für Geflüchtete genutzt. Die Josef-Stelzmann Str. 2a wird an die Aktivist*innen weitervermietet und dient zukünftig als selbstverwaltetes, linkes Wohnprojekt mit eigenem Ladenlokal für unkommerzielle, nachbarschaftliche und politische Veranstaltungen. Für die Zeit der Sanierung stellt die Stadt Köln, den wohnungslosen Besetzer*innen, Ersatzwohnraum zur Verfügung. Der von der Stadt angebotenen Mietvertrag für die Josef-Stelzmann-Str.2a beläuft sich auf 20 Jahre. Der Mietpreis liegt bei 6,25 € je m² – also dem Preisniveu des Sozialen Wohnungsbaus, die Art von bezahlbaren Wohnraum an dem es in Köln eklatant mangelt.
Angesichts der horrenden Mietpreisein Sülz und Köln, war die Hausbesetzung ein voller Erfolg. Leider, konnte das Ziel gemischten Wohnens mit Geflüchteten zusammen, in der „Zülpi290“ nicht erreicht werden, allerdings entsteht auch kein neues Heim.
„Um der schnellen Sanierung nicht im Wege stehen und werden wir Anfang Juli die Besetzung auflösen und die Gebäude übergeben. Hausverwalter Joisten wird zuvor die Strafanzeige gegen uns fallen lassen. Wir bedanken uns für die große Unterstützung, welche das Projekt die vergangenen 6 Monate über begleitet hat.“ so Bernd Setzt.„Ohne die Hausbesetzung würden die Gebäude weiter verrotten oder würden luxussaniert. Unser Erfolg zeigt, dass unsoziale Gesetze auch überschritten werden müssen, um Gutes zu bewirken.“
Am Freitag den 01.07.2016 wird eine Pressekonferenz in der Zülpicher Str 290 stattfinden!
Der jetzige Erfolg ist der bisherige Höhepunkt der Stadtbewegung, welche für günstigen Wohnraum und gegen die Verdrängung von Mieter*innen aus ihren Veedeln kämpft. Zuvor wurde am 02.09.2015 der Kartäuserwall 14 in der Südstadt besetzt. Hier kündigte die Hüsten Gewerbepark GmbH der dort lebenden Familie, mit der Begründung, sie würde „ein Hindernis für die angemessene wirtschaftliche Verwertung“ darstellen. Am 01.10.2015 wurde das Haus durch die Polizei geräumt und kurze Zeit später abgerissen. Bis heute ist dort eine Brache. Am 02.10.2015 wurde die Rolshover Str. 98 besetzt, nachdem den Bewohner*innen zum 30.09.2015 gekündigt wurde, um Platz für die geplante Luxussanierung zu machen.
Das sind keine Einzelfälle. Köln hat bereits die teuersten Mieten in NRW, die Spekulation mit Grundstücken und Häusern nimmt immer weiter zu. Es ist trauriger Alltag, dass Menschen aus ihren Veedeln vertrieben werden, immer mehr vom Einkommen für die Miete draufgeht, während Geflüchtete in prekären Massenunterkünften leben müssen. Konkurrenzkampf um die wenigen erschwinglichen Wohnungen wird immer härter. Gleichzeitig werden große Flächen für Luxus-Siedlungen verwendet.
Wir erleben, wie die soziale Spaltung, immer tiefere Gräben in die Gesellschaft reißt und zu einer fortschreitenden Entsolidarisierung führt. Es sind die gleichen Risse in Köln, welche auch Deutschland, Europa und die Welt erzittern lassen.
Die Hausbesetzung und deren erfolgreicher Abschluss zeigt, dass es auch anders gehen kann. Wohnraum muss nicht der Profitmaximierung dienen. Wohnraum für alle. Soli-Grüße an den Wagenplatz „Wem gehört die Welt“, „schöner Wohnen“, dem Hambacher Forst, das LIZ Bonn, das OM10 i Göttingen, das KoZe Hamburg, die RigarerStr. 94 in Berlin und alle anderen bedrohten Aktionen und selbstverwalteten Projekten!
Wir machen weiter! Solidarische Räume errichten und verteidigen.
Quelle des Artikels: http://www.scharf-links.de/
Die Besetzer*innen der Zülpicher Straße sind erreichbar unter:
Facebook: Kartäuserwall-ist-überall
Blog: karti14.noblogs.org
Email: wohnraum@nullinventati.org
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