Willkürliche Polizeifestnahme bei Verkehrskontrolle

Heute Nacht gegen 2:00 Uhr (Korrektur: 0:00*) wurde bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle in Niederaußem ein Auto angehalten. Schon bei der Begrüßung fiel seitens der Polizei ein Kommentar darüber, dass sie die Insassen als Aktivist*innen aus dem Hambacher Forst erkannt hätten.
Wie gewohnt interessierten sich die Verbeamteten nicht für den Unterschied zwischen einer allgemeinen Verkehrskontrolle und einer verdachtsunabhängigen Personenkontrolle und verlangten nicht nur vom Fahrer, sondern auch von allen anderen Menschen im Auto die Personalien – statt einer Begründung dafür kam der Standardspruch „Wir diskutieren nicht!“ (Wozu sollte sich auch für rechtliche Beschränkungen interessieren, wer bewaffnet ist und ein legales „Gewaltmonopol“ hat?) Die anderen hatten keine Ausweise dabei und sahen auch keinen Anlass, bei dieser rechtswidrigen Personenkontrolle mit zu wirken. Darauf hin wurden sie fest genommen und das Auto am Weiterfahren gehindert. Nach Eintreffen des Gefangenentransporters wurden sie gewaltsam hinein gezerrt und drinnen noch weiter geschlagen.
Das Auto wurde bis auf Weiteres beschlagnahmt, angeblich als „Tatwerkzeug“ – wobei nie ein konkreter Tatvorwurf geäußert wurde, sondern die ganze Polizeiaktion offensichtlich eine reine Schikane darstellt. Dem Fahrer (der sich ausweisen konnte und deswegen nicht festgenommen wurde) haben die Bull*etten empfohlen sich ein Taxi zu rufen oder die rund 25 Km bis zur besetzten Wiese zu laufen. Als er sich noch seine Jacke aus dem Kofferraum holen wollte wurde ihm das verweigert mit der Behauptung, es sei heute Nacht warm genug.
Die himmelschreiende Willkür und Schikane des ganzen Vorgangs spricht für sich selbst. Das wirklich widerliche daran ist, dass dies kein trauriger Einzelfall ist, sondern Alltag für Dissidenten in der rheinischen RWE-Bananenrepublik. Offenbar muss mensch hier nicht mal mehr aktiv Widerstand leisten um Repression zu erfahren – es reicht, nachts in Niederaußem Auto zu fahren und nicht dem Dresscode zu entsprechen. Also passt auf euch auf, wenn ihr zur Unterstützung vor der Wache vorbei kommt.

Die Gefangenen sitzen in der Polizeiwache Bergheim und können mangels Tatvorwurf maximal zwölf Stunden festgehalten werden, also bis ca. 14:00 Uhr. Es sind schon Unterstütz*is am Haupteingang und freuen sich über Gesellschaft. Falls ihr aufbrecht, ruft vllt. am Besten vorher nochmal auf der Wiese an, ob irgendwas fehlt oder die Menschen schon weg sind. (Bisher wurde um Klopapier gebeten.)

Solidarität ist eine Waffel!

Nachtrag:
Nach etwa einer Stunde vor der Wache kamen Pozilist*innen raus um ein Banner mit der Aufschrift „Activist belong into the forest – not into prison!“ (Aktivist*innen gehören in den Wald – nicht in den Knast!) zu entfernen; offenbar geht in Bergheim von repressionskritischen Meinungsäußerungen grundsätzlich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung aus. Auf den Hinweis „Wir sind hier eine Spontandemo“ antwortete einer der Verbeamteten in all seiner staatlichen Neutralität „’n Scheißdreck bist du!“ und wenig später ein anderer: „Ihr habt jetzt zwei Optionen: Entweder ihr geht hier weg, oder wir helfen nach!“ Daraufhin versuchten sie noch, einer*m Aktivist*i, welche*r gerade telefonierte, das Handy zu klauen.
Nachdem die Teil*is der Versammlung sich nicht so einfach wegschicken ließen, wurden sie gewaltsam ca. 20 Meter weg geschleift mit der Ansage, wenn sie nochmal näher kämen, würden ihre Personalien festgestellt und sie festgenommen. Später wurde noch die Feuerwehr gerufen, um einen verdächtigen Wasserkanister aus dem beschlagnahmten Auto zu untersuchen… Die Polizei Bergheim vermittelt allmählich den Eindruck, eine Satire auf sich selbst darstellen zu wollen.

* Die Zeitagabe stammt aus einer Überschlagsrechnung von Personen, die nicht selbst involviert waren. Sorry für den Fehler. Der Zeitverlauf war: Gegen 0:00 Verkehrskotrolle, gegen 1:00 erstes Eisperren in Bergheim.

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Christophe Nix

    Wenn man könnte wie man wöllte würde man ja am liebsten ständig Beschwerde einlegen, Anzeige erstatten wegen Beleidigung, Diffamierung, Missbrauch der Staatsgewalt, usw….
    Aber das ist überll gleich, die Einzigen die sich nicht an die geltenden Gesetze halten brauchen sind die Gesetzesvertreter …
    Es wäre zum Lachen wenn es nicht traurige Wahrheit wäre

  2. Andrea

    Ja, es ist wirklich traurig. Und empörend! Ich bitte alle, die können und mögen, an das zuständige Polizeipräsidium (wohl wissend, wer da sitzt…) und Innenminister Jäger (wohl wissend, dass der nicht antwortet) zu schreiben. Ja, trotz aller „wohl wissend“. Denn irgendwann, wenn die Stimmen sich mehren, werden sie Sand im Getriebe und können nicht mehr ignoriert werden.

    Zu meinem Brief: http://wortkulturen.de/polizeigewalt-bergheim-erft/

    Ich hoffe, dass es den Betroffenen bald besser geht.

  3. Andrea

    Gibt es irgendwas, das die Betroffenen jetzt brauchen? Kuchen, Brot, Tabak, irgendwelche anderen „Seelentröster“?

    Lasst Euch nicht unterkriegen. Wir denken ganz fest an Euch!

    -edit- Die Betroffenen meinten das es mit jeder Umarmung ein bisschen besser wurde, vegane Sahnetorte aber auch sehr gut helfen könnte

  4. Die Zeitagabe bei der Erstveröffentlichung war fehlerhaft und wurde kontrolliert. (Die beteiligten Personen, die es genauer wussten, waren zu dem Zeitpunkt in der Zelle, vor der Wache oder auf dem Weg dorthin.)

  5. John Weber

    in Deutschland besteht Ausweis Pflicht, also war alles ok. Wer sich benimmt und nichts zu verbergen hat, dem passiert auch nichts.

    —> Anmerkung: Das war eine allgemeine Fahrzeugkontrolle und da gibt es schon mal kein Recht dazu, die anderen Personen zu kontrollieren, aber wenn für dich Recht heißt, dass Menschen, die ihren Namen nicht nennen wollen, eingesperrt und gefoltert werden – und das war Folter – , dann kann man nur hoffen, dass du und deine Meinung ein Einzelfall sind.

  6. Andrea

    Oh, vegane Sahnetorte ist schwierig. Aber einen veganen Kuchen oder ähnlich Leckeres kriege ich sicher hin…

  7. Nöll

    Als Adolf H. Kanzler wurde, waren es Leute aus diesem Holz, die ihm sofort halfen, seine Macht zu festigen. Auch wenn „unser“ Staat etwas anders organisiert ist wie der damalige, gemeinsam haben sie mit allen anderen Staaten, dass sie Leute brauchen, die die Drecksarbeit machen. Sie heißen Gesetzeshüter, sind aber Staatshüter. Es sind zwar nicht alle Polizeibeamten gleich, aber bestimmte Berufe ziehen nun mal bestimmte Typen stärker an. Ich kenne aus meiner persönlichen Umgebung den Fall eines Polizisten, der im Zweiten Weltkrieg an die Front versetzt wurde, und da den ganzen Tag Leute erschießen sollte. Auf Heimurlaub hat er sich dann selbst erschossen. Die meisten seiner Kollegen haben sich aber verrohen lassen. Nach dem Krieg bekamen sie alle den Persilschein, angeblich hat die deutsche Polizei ja keine Kriegsverbrechen begangen.
    Es herrscht heute immer noch die gleiche blinde Obrigkeitstreue, bis auf wenige Ausnahmen. Und die haben es oft sehr schwer. Daran ändert auch onkeliges Getue nichts, das sie ebenfalls gut beherrschen. Oder dass Herr und Frau Normal sich freuen, wenn sie Verbrecher jagen (die kleinen, versteht sich). Und wie Verbrecher aussehen, das weiß die Polizei. Denn das sind ja Profis. „Außerdem, man muss sich diese Typen doch nur mal ansehen“. Faschismus ist nur die offenste Erscheinungsform des Kapitalismus, die dann auftritt, wenn elegantere Lösungen nicht mehr nutzen. Oder wenn Dummköpfe nicht wissen, wie elegantere Unterdrückung geht.

  8. blubb

    —> „in Deutschland besteht Ausweis Pflicht, also war alles ok. Wer sich benimmt und nichts zu verbergen hat, dem passiert auch nichts.“

    Woher dieser Satz auch kommt, (von einem gelöschten Kommentar?)
    er ist mehrfach falsch“

    Die in Deutschland bestehende Ausweispflicht verpflichtet zum Besitz eines Ausweises, nicht zum mitführen desselben!
    Der*Die Fahrzeugführer*in ist verpflichtet eine Fahrerlaubnis (Führerschein) mitzuführen.
    Eine Aushebelung/Einschränkung des Gesetzes bzw. Teilen des Gesetzes und z.t. des Grundgesetzes ist z.B. in „Gefahrenbereichen“ Z.B. Bannkreise oder temporären Zonen in denen Teile des GG ausgesetzt sind (z.B. Teile von Hamburg und Berlin (dort teils auch durchgehend) oder (z.B. Garmisch-Partenkirchen während G7), bzw. gefährdeten Gebäuden (z.B.: Bahnhöfe)möglich.
    Da ein solcher Fall aber nicht gegeben war, ist das handeln der Polizei in dem genannten Fall (und auch im Fall der Spontandemonstration) ein Gesetzesverstoß der Polizei gewesen.

    Der Zweite Satz ist ausgemachter Blödsinn und beweist eine (irrige) Einstellung dem Staat gegenüber.
    Der Staat und seine Institutionen sind weder unfehlbar noch gerecht.
    Der Satz ist auch in der Realität unbrauchbar und bezeugt nur eine treudumme politische Haltung des Menschen, der diesen Satz äußert.

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