Ein Text zum Klimagipfel in Katar von der Osnabrücker Klima-Gruppe „MAGIE“:
Das Klima in Bewegung – Eine Bewegung für das Klima
Der nächste internationale Klimagipfel beginnt diese Woche am Persischen Golf: Vom 26.November bis zum 07. Dezember treffen sich die Regierungsvertreter in Doha im arabi-schen Katar, um über ein neues gemeinsame Klimaschutzabkommen zu verhandeln. Denn dieses Jahr läuft das Kyoto-Protokoll mit verbindlichen CO2-Vorgaben aus.
Doch schon vorab ist klar: Eine absehbare Einigung auf global verbindliche Reduktionsziele für Treibhausgase statt müder Lippenbekenntnisse liegt auch dieses Mal in weiter Ferne. Zwar herrscht in der Klimapolitik Einigkeit, dass die ökonomischen und sozialen Folgen des Klima-wandels nur noch beherrschbar sind, wenn die Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit auf plus zwei Grad begrenzt wird. Die tolerierbare Belastung von maximal 850 Milliarden Ton-nen CO2 in der Atmosphäre wäre allerdings schon ohne Hinzunahme der Steigerungsraten der nachholenden Schwellenländer bereits in etwa zehn Jahren erreicht (Pearce, 2007).
Und die ökologischen und sozialen Krisen weltweit verschärfen sich zusehends. Das zeigt sich auch im neusten Bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change): Der jährliche CO2-Ausstoß ist so hoch wie noch nie, im Rekordtempo sterben täglich Tier-und Pflanzenarten aus, werden gigantische Flächen Regenwald zerstört. Zudem sei der Meeresspiegel „im 20. Jahrhundert etwa 10-mal so schnell gestiegen wie in den letzten paar tausend Jahren“, heißt es in dem Bericht. Auch das UN-Umweltprogramm (Unep) schlägt Alarm: Das international an-gepeilte 2-Grad-Ziel entwickle sich immer mehr zu einem illusorischen Wunschtraum, denn an-statt zu sinken seien die CO2-Emissionen in der Atmosphäre seit dem Jahr 2000 um etwa 20 Pro-zent gestiegen. Die globale Mitteltemperatur sei von 1850 bis 2005 bereits um knapp 0,8 Grad Celsius gestiegen, die Welt befinde sich momentan auf einem „Worst-Case-Kurs“ mit einer Er-wärmung von vier oder sogar fünf Grad bis 2100.
Das ist der Gipfel – na und?!
Trotz der Dringlichkeit global verbindlicher Reduktionsziele und radikaler Klimaschutzmaßnahmen verblüffen die Tatenlosigkeit und die fehlende Kompromissbereitschaft der Staaten weltweit. Schon die EU konnte sich vor dem Gipfel nicht auf eine gemeinsame Position einigen. Und längst wurde die internationale Klimapolitik im weltpolitischen Geschehen an den Rand gedrängt, der Krisenalltag und die Aufrechterhaltung der maroden Weltwirtschaft bestimmen Tagespolitik und Haushaltspläne.
Statt entschlossenen gemeinsamen Handelns verfolgen die Nationen weiter ihre eigennützigen, kurzfristigen und kapitalbringenden Ziele. Sei es Kanada, das aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen ist, um nicht auf den Profit der Ausbeutung der Ölsande verzichten zu müssen, die mit der Abholzung riesiger Urwälder einhergeht. Oder Länder wie Indien oder China, die auf ihre „Verschmutzungsrechte“ als Recht auf Entwicklung und Wachstum pochen. Gleichzeitig reduzieren die Länder der EU ihre CO2-Emissionen, indem sie ihre schmutzige Produktion profitabel in andere Länder verlagern. Fast die Hälfte aller Emissionen weltweit gehen auf das Konto der frühindustrialisierten Länder, sie tragen aber nur drei Prozent der daraus resultierenden Kosten!
Ein ergebnisloser Gipfel jagt den nächsten: Kopenhagen 2009, Durban 2011, Rio+20 – und auch der Gipfel am Persischen Golf wird sich in die Reihe der gescheiterten Klimakonferenzen einreihen.
Empört euch!
Unsere Generation darf verbittert sein, dass wir und viele zukünftige Generationen bewältigen müssen, was die Älteren verursacht haben, besonders dann, wenn die Aussicht auf Besserung äußerst vage, die Folgen aber schon fühlbar sind. Und die Empörung müsste noch viel größer sein, wenn wir uns vor Augen führen, dass es fast ausschließlich die älteren Generationen sind, die mit ihren kurzfristigen Gewinninteressen als Aktionäre die großen Energiekonzerne wie RWE oder Exxon finanzieren. Und so die weitere Zerstörung unserer Lebensgrundlagen vorantreiben und uns die Möglichkeiten der Lebensgestaltung rauben. Denn die großen Energiekonzerne versuchen mit immer riskanteren Fördermethoden, der Erde auch noch den letzten Tropfen Öl, Gas und Kohle abzupressen. Dagegen müssen wir uns endlich wehren! Denn uns bleiben nach aktuellen Forschungsberichten gerade mal zehn Jahre zur radikalen Veränderung unserer Lebensweise, zur effizienteren Energiegewinnung und einem sparsameren Ressourcenverbrauch. Denn erfolgreicher Klimaschutz bemisst sich nicht nur an der Zahl neuer Windturbinen und Photovoltaik-Anlagen, sondern an individuellen CO2-Bilanzen. Gemäß dem 2-Grad-Klimaschutzziel stünden jedem Erdbewohner pro Jahr 2,7 Tonnen an CO2 zu. Eine Flugreise von Frankfurt nach New York verursacht jedoch bereits 4,2 Tonnen, der Pro-Kopf-Verbrach in Deutschland liegt bei 11 Tonnen. Es geht daher um mehr als nur um kleine Korrekturen, sondern um einen radikalen Richtungswechsel.
Eine neue Klimabewegung von unten
Und wenn die globale Klimapolitik an dieser Aufgabe wieder und wieder scheitert, müssen wir endlich selbst aktiv werden. Wir müssen uns jetzt überlegen, in was für einer Welt wir leben und wie wir sie unseren Kindern hinterlassen wollen. Und uns dann auch dazu durchringen, Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen, unsere Lebensweise zu verändern, Widerstand gegen die totale Zerstörung der Lebensgrundlagen zu leisten und gesellschaftliche Alternativen auszuprobieren. Mit kleinen Veränderungen anzufangen macht es einfacher, die große Veränderung in der Welt zu sein.
Jüngste Proteste in den lateinamerikanischen Ländern und den USA gegen Umweltzerstörungen zeigen: Eine junge Basisbewegung für den Klimaschutz erstarkt weltweit, auch in Deutschland werden immer mehr Menschen aktiv. Egal ob die Proteste sich gegen das risikoreiche Fracking, den Klimakiller Braunkohle oder unterirdische CO2-Speicher richten – es gilt, die globalen Energiekämpfe gegen die fossil-kapitalistische Energiekonzerne zusammenzuführen und gemeinsam für eine selbstverwaltete, dezentrale und soziale Energieversorgung zu kämpfen. Die bundesweiten Klimacamps und eine geplante Energiekämpfe-Karawane im nächsten Sommer vernetzen den europaweiten Widerstand und helfen uns die existierenden Alternativen zu unserem zerstörerischen Gesellschaftsmodell auszuprobieren. Wir haben es noch in der Hand, den Klimawandel zu begrenzen. Dazu müssen wir aber all jene in unserer Gesellschaft mobilisieren, die schon zum Handeln bereit sind. Die nächsten Jahre sind die letzte Chance.
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