Uns erreichte folgende Nachricht:
in Kürze:
wir, der Projektgarten in Pödelwitz, sind aufgrund von
Corona-Schutz-Maßnahmen akut räumungsbedroht (bzw. für die die es
rechtlich korrekt ausgedrückt haben wollen: Uns soll das Nutzungrecht
des Gartens auf unbestimmte Zeit entzogen werden).
Updates auf Twitter: @AAA_Poedelwitz
in Länge:
Vergangenen Freitag wurde uns mitgeteilt das wir dringend den
Projektgarten verlassen sollen, da wir hier nicht die Corona-Schutz
Bedingungen erfüllen. Ausgehend von Informationen des Wachschutzes ist
beim Ordnungsamt, dadurch bei der Stadt und letztlich bei unserer
Verpächterin angekommen, dass wir die Corona Schutzmaßnahmen missachten
würden. Der Wachschutz gibt wohl regelmäßige Updates dazu, wie sich
Menschen hier bewegen. Unabhängig von dieser skandalösen Überwachung
unseres Projekts ist es erstaunlich, dass die Stadt anstatt mit uns ein
klärendes Gespräch zu suchen, um die vom Wachschutz und Ordnungsamt
gesammelten Informationen zu überprüfen, direkt Druck auf unsere
Verpächterin ausübt.
Wir wurden aufgefordert an die Orte zu gehen, an denen wir gemeldet
sind. Dass diese Aufforderung totaler Quatsch ist, da es ja eine viel
größere Ansteckungsgefahr birgt, wenn wir uns jetzt aufteilen und an
verschiedene Orte gehen, scheint nicht von Bedeutung zu sein. Eine
Zerstreuung der Menschen, die sich seit Ausbruch der Pandemie hier
gemeinsam im Garten befinden und sich gemäß der Verordnungen als
Hausstand aufeinander beziehen und soziale Kontakte außerhalb meiden,
ist unsinnig. Es bedeutet reisen quer durch Deutschland, in öffentlichen
Verkehrsmitteln oder via Mitfahrgelegeheit, wahrscheinlich mehr Kontakt
mit unterschiedlichen Personen, einkaufen, Durchquerung von öffentlich
Orten wir Bahnhöfen…
Zu dem bedeutet dies , dass einige versuchen müssten, sich bei
Anghörigen wie Großeltern oder Eltern einzuquartieren, welche in vielen
Fällen Angehörige von Risikogruppen sind.
Einer solche Aufforderung nachzugehen, würde uns dazu zwingen, völlig
unnötig unsere Angehörige und andere Menschen in Gefahr zu bringen.
Einige Menschen im Projekt können der Aufforderung auch aus rein
praktischen Gründen gar nicht nachkommen. Zwei Menschen wurde
kurzfristig zum 1.4. ihre Wohnung gekündigt, ein anderer Mensch ist als
wohnungslos gemeldet und hält sich dauerhaft hier auf.
Es ist nicht hinnehmbar, dass wir aufgefordert werden, unseren Garten zu
verlassen, ohne persönliches Gespräch, ohne das sich die
Verantwortlichen mit der konkreten Lebensrealität der hier lebenden
Menschen beschäftigen. Menschen in solch einer (nie da gewesenen) Krise
die Existenzgrundlage, sprich Wohnraum zu entziehen ist
menschenverachtend. Die Ausnutzung der Position des Wachschutzes, der
eigentlich dafür sorgen soll, dass keine Häuser geplündert werden ist
vermutlich verfassungswidrig .
Es liegt nah zu glauben, dass die Behörden und vor allem die Mibrag nur
auf eine solche Gelegeheit gewartet haben, um uns aus Pödelwitz zu
entfernen. Wir sind als politisches Projekt einigen hier in der Gegend
ein Dorn im Auge, aber genau deshalb wollen wir bleiben! Corona bietet
einen extrem guten vorgeschobenen Grund um unser Projekt lahmzulegen.
Jetzt liegt es an uns zu zeigen, dass wir die Krise sehr wohl ernst
nehmen und keine Angriffsfläche für diese vorgeschobene Argumentation
bieten. Wir arbeiten emsig daran auch nach außen zu zeigen, welche
Schutzmaßnahmen wir treffen und setzen alles daran, eine rechtliche
Absicherung fürs Hierbleiben zu bekommen.
Und zum Abschied noch etwas, das uns zu unserem ganzen
Nutzungsrecht-Entziehungs-stress gerade sehr bewegt. In der
Erstaufnahmestelle für Geflüchtete ZASt (Sachsen-Anhalt, Halberstadt),
wurden die dort lebenden rund 850 Menschen aufgrund eines Corona-Falls
in Quarantäne gesteckt. Beengte Verhältnisse, wenig Privatsphäre.
Aufgrund der elenden Versorgung (Buchstabensuppe und Brot) sind nun
mindestens 30 Menschen in den Hungerstreik getreten. Laut unserem
letzten Informationsstand wurden auch Sach- und Essensspenden nicht nach
drinnen durchgelassen. Es bleibt nur Kopfschütteln und Wut angesichts
dessen, dass der Staat Menschen in prekären Situation jetzt noch viel
leichter wegsperren darf und dass wir uns unsere Grundrechte wie Wohnen
und Demonstrieren (mit Sicherheitsabstand) plötzlich erstreiten müssen.
In der ZASt, aber auch in all den anderen Lagern in Deutschland und
darüber hinaus mit vielen tausend Bewohner*innen schlägt Corona krass
ein. Wir müssen aufeinander Acht geben, jetzt noch viel mehr. Das
bedeutet auch, aktiv solidarisch zu sein und die Menschen, die wir nicht
sehen, weil sie vor der Öffentlichkeit weggeschlossen sind nicht vergessen!
Für mehr Infos und den Spendenaufruf: http://antiranetlsa.blogsport.de/
Für uns wird sich in den nächsten Tagen zeigen, ob es hier bei uns im
Garten wirklich nur um Corona, oder um etwas anders geht.
Wir hoffen auf eure Solidarität mit uns und den Menschen in der ZASt und
halten euch auf dem Laufenden!
Eure AAA’s