Pressemitteilung zur Barrikadenräumung 22.01.18

Heute war es mal wieder so weit. Zur Sicherung der Rettungswege, oder wegen forstwirtschaftlichen Vorschriften, oder nein, wegen der gefährlichen „rechtsfreien Räume“ in Deutschland… Ach egal, es wurden mal wieder Barrikaden geräumt und wenn wir ehrlich sind, haben die Gründe dafür bisher auch keine Rolle gespielt.
Unter kurzzeitiger Beobachtung einiger ausgewählter Parlamentarier_Innen und erstmalig auch begleitet von mehrsprachigen Lautsprecheransagen räumten die Polizei und RWE Barrikaden, die uns vor unerwünschten Besucher_Innen, Gewalt und Überwachung schützen sollen.
Neben einfachen Gräben und viel Zeug auf der Straße fanden unsere Gäste:

1 Tunnelsystem mit einer darin angeketteten Person
2 Tripods (3-Beinige, mit Personen besetzte Konstruktionen)
1 Skypod (über den Weg gespannte Seilkonstruktion, in denen Menschen angeseilt sind)
3 Monopods (siehe: Tripod, nur einbeinig)

Alle diese Strukturen wurden von einer oder mehreren Personen besetzt. Trotz des massiven Polizeieinsatzes war es bis zum späten Abend nicht möglich, die Person aus dem Tunnel zu befreien, sodass die Räummaschinen sich einen anderen Weg durch den Wald suchen mussten. Aber auch dort lief Vieles nicht nach dem Plan der Polizei, die mit Einbruch der Dunkelheit den Einsatz abbrechen musste, sodass einige Strukturen mit den sie besetzenden Personen auf den Waldwegen verblieben.

Im Laufe des Tages kam es jedoch zu einigen unerfreulichen Situationen. Trotz der Versicherung seitens der Polizei, dass eine breite Öffentlichkeit und ein bunter demokratischer Protest ausdrücklich vor Ort gewünscht sei, wurde die Presse zu Beginn der Räumungen gar nicht zugelassen. Auch die Bewegungsfreiheit im Wald wurde über den Tag hinweg immer weiter eingeschränkt, sodass Menschen teilweise aufgefordert wurden, sich ohne Anlass auszuweisen, oder Schals und Mützen abzulegen, da der gesamte Wald kurzerhand zur Versammlung erklärt wurde. Und auf Versammlungen gilt nun mal Versammlungsrecht. Man gönnt sich ja sonst nichts. Aber trotz intensivem Durchforsten des Versamlungsrechts ist es unserem internen Rechtsausschuss nicht gelungen, einen Paragraphen zu finden, der der Polizei die Personalienfeststellung innerhalb einer Versammlung erlaubt.
Am Vormittag kam es außerdem zu einer willkürlichen Einkesselsituation seitens der Polizei, die singende Aktivist_Innen umzingelte, sie aufforderte, sich zu demaskieren, jedoch nach einer kurzen Diskussion den Kessel genauso willkürlich wieder auflöste.
Derartige Machtdemonstrationen wiederholten sich im Laufe des Tages immer wieder. Von Hetzjagden auf einfach nur durch den Wald gehende Menschen über Personalienfeststellung bei dem Versuch, zu einem der Kompostklos zu gelangen, bis hin zu „aus Sicherheitsgründen“ beschlagnahmten Trinkwasserkanistern.

Auch die Rolle der parlamentarischen Beobachter_Innen am heutigen Tag erschließt sich uns noch nicht ganz. In einer gesammelten Gruppe erreichten die Politiker_Innen im RWE-Bus den Wald (auch Vertreter*Innen der AfD waren dabei) und wurden anschließend von der Polizei in einer Gruppe durch den Wald geführt. Aktivist_Innen wurde immer wieder verboten, mit den Abgeordneten zu sprechen. Was auch immer die Funktion der Parlamentarier_Innen an diesem Tag gewesen sein soll, gewaltsames Vorgehen der Polizei haben sie nicht verhindert, davon zeugen die mit Schmerzgriffen gefolterten Aktivist_Innen, die Rippenprellung, die die Polizei einer Jugendlichen aus Buir bei einer Durchsuchung zugeführt hat und die schwere Fußverletzung, die die Polizei einer Person durch einen Tritt verpasste.

Der heutige Tag hat wieder einmal gezeigt, dass friedlicher Protest allein nicht automatisch auf eine friedliche Antwort trifft.
Viele Menschen fragen sich, warum ein Polizeieinsatz mit mehreren Hundertschaften, Polizeihunden und -pferden und
Hubschrauber notwendig ist für eine Barrikadenräumung, deren Rechtsgrundlage mehr als fraglich ist und im momentanen Zustand (keine Rodung bis voraussichtlich Oktober 2018) nur als Provokation verstanden werden kann. Und die dann noch nicht mal alle Wege räumt.

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Nöll

    Embedded press. Hier also „eingebettete Abgeordnete“. Das Prinzip haben sie ja vom US-Militär in Irak – und später anderswo auch – abgeguckt. Ziel: eine bessere Kontrolle darüber, was diese Personen zu sehen und vor Allem, nicht zu sehen bekommen. Und natürlich die Versorgung mit einseitigen Informationen. So ratlos ist offenbar die Polizeiführung, dass sie sich Ideen von ehemals „worst US president ever“ holen muss: George W. Bush. Der musste diesen Titel inzwischen abgeben.
    Aber sollen sie doch machen. Das bindet Polizeikräfte.

  2. Nöll

    Embedded press. Hier also „eingebettete Abgeordnete“. Das Prinzip haben sie ja vom US-Militär in Irak – und später anderswo auch – abgeguckt. Ziel: eine bessere Kontrolle darüber, was diese Personen zu sehen und vor Allem, nicht zu sehen bekommen. Und natürlich die Versorgung mit einseitigen Informationen. So ratlos ist offenbar die Polizeiführung, dass sie sich Ideen von ehemals „worst US president ever“ holen muss: George W. Bush. Der musste diesen Titel inzwischen abgeben.
    Aber sollen sie doch machen. Das bindet Polizeikräfte.

  3. Peter Illert

    Wenn die Polizei schon ParlamentarierInnen mitbringt, sieht das Ganze ziemlich nach einer Provokation aus : Zeigen wir denen mal, wie schlimm die Aktivistis sind. Dann bloss nicht auf Provokationen eingehen, auch wenn es schwer fällt. Barrikaden sind kein Selbstzweck, sie nützen wenn sie schützen.Ist es so nützlich, sie zu verteidigen ? Lassen sich doch wieder aufbauen.

Schreibe einen Kommentar