Das Verfahren gegen Basti ist heute nach mehrstündiger Verhandlung eingestellt worden. Er verzichtete auf Entschädigung für die zu Unrecht abgesessenen Hafttage und ist nun ohne Auflagen frei.
Es waren zahlreiche solidarische ZuhörerInnen anwesend, die Beteiligung von Polizei und Staatsschutz vor dem Gericht war allerdings weit größer. 2 Sicherheitsschleusen nebst Ausweiskontrollen sorgten für Verzögerungen zu Prozessbeginn. Es gab keinerlei Zwischenfälle.
Der Prozess spielte sich (bei 2 geladenen Zeugen, beide damals als Secus für RWE tätig) ähnlich ab wie am ersten Prozesstag der ersten Verhandlungsrunde. Beide Zeugen hatten irgendwas gesehen, konnten aber nicht bestätigen, dass tatsächlich Basti den Schlag gegen den Secu ausgeführt habe, der zur erstinstanzlichen Veruteilung führte. Jeder berief sich darauf, dies vom anderen gehört zu haben. Letztlich hat der zweite Zeuge angegeben, gesehen zu haben, dass ein Stock erhoben wurde. Später erfuhr er, dass sein Kollege geschlagen worden sein soll und vermutete dann, dass sei gewesen, was er gesehen haben will. „Ein Knallzeuge„, so einmütig Richterin, Staatsanwalt und Verteidiger beim abschließenden Gespräch.
Der erste Zeuge (der angegeben hatte, verletzt worden zu sein) hatte Basti mit einem Stock vor sich gesehen. Allerdings bekam er dann (von anderer Seite) Pfefferspray in die Augen, wonach er diese für mehrere Minuten schließen musste. In dieser Zeit bekam er dann den Schlag ab (so seine Angabe). Dass hier keinerlei Tatbeobachtung vorliegen kann, fiel dem nachfragenden Staatsanwalt auf.
Es gab noch zahlreiche weitere Ungereimtheiten, die schon beim ersten Prozesstag überdeutlich waren. Warum es erstinstanzlich zu einer Verurteilung kam, wird vermutlich ein Geheimnis der damaligen Richterin bleiben. Schlusswort des zweiten Zeugen: „Es ist ja eigentlich nichts passiert, es wurde niemand verletzt, bis auf das Pfefferspray. Ich verstehe gar nicht, warum da so eine große Sache draus wurde.“ Dem ist fast nichts hinzuzufügen. Mit diesem Vorfall begann allerdings eine lange Reihe von Repressionen gegen AktivistInnen aus dem Hambacher Forst. Für Basti sind 20 Monate Repression in dieser Sache nun beendet.
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Am 01.07.16 um 9.30 Uhr findet im Landgericht Aachen das Berufungsverfahren gegen unseren Compa Basti statt.
Am 08.03.16, nach einem ersten Prozesstag am 16.02.2016, fiel das Urteil gegen Basti, gesprochen vom Amtsgericht Düren: Ein Jahr Knast wurden ihm auf drei Jahre Bewährung verhängt.
der Prozess, zur Vorgeschichte und weitere Informationen
Die Richterin hielt unseren Compa Basti für schuldig im Zuge der Räumung einer lebenden Barrikade (30.10.2014) zum Nachteil der RWE-Mitarbeiter Nötigung, Körperverletzung und Beleidigung begangen zu haben.
Die Staatsanwaltschaft legte Berufung gegen das verstreckte Urteil vom Amtsgericht Düren ein. Nun wird in nächsthöherer Instanz weiter über unseren Compa gerichtet.
Zur Vorgeschichte
Im Herbst 2014 wurde Basti im Zuge einer Räumung im Hambacher Forst für einen Monat in der JVA Aachen gefangen gehalten. Nach dieser Freiheitsberaubung hinter Gittern, wurden ihm vom Haftrichter weitere Einschränkungen verhängt, wie u.a. sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden. Diese Fesselung an einen Ort hatte fast eineinhalb Jahre bestand bis das Urteil drei Jahre Bewährung fiel. Bewährung ist keine Freiheit, sondern der Zwang sich dem kapitalistischen Wertesystem zu beugen oder wieder einzufahren.
Kaum drei Monate später geht der Zirkus weiter.
Kommt zum Prozess! Unterstützt Basti in und außerhalb des Gerichtssaals!
Prozess am 01.07.2016
Landgericht Aachen
Adalbertsteinweg 92
52070 Aachen
Sitzungssaal 1.010
In Solidarität mit allen von freiheitsberaubenden Maßnahmen betroffenen Lebewesen!
Weitere Informationen findet ihr unter: https://abcrhineland.blackblogs.org/2016/06/23/berufungsverhandlung-01-07-16-in-aachen/
Informationen zu der Räumung,
der Besetzung „Grubenblick und dem Haufen“ am 30.10.2016.
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Der Donnerstag aus unserer Sicht
Räumung, Verletzte, Blockaden, Wiesendurchsuchung! hambacherforst.blogsport.de
Statement zu den Presseberichten
Gedächtnisprotokolle und Erfahrungsberichte
Filme: Blockade, Verletzte, Morddrohungen und Durchhaltevermögen
Kein Baum fällt! 180 Tage – stoppt die Rodung!(2014-2015)
Bei der Verurteilung von Jus („Turmblockade“)durch das Amtsgericht Kerpen muss wohl ein anderes Strafgesetz gegolten haben als bei der Einstellung des Verfahrens gegen Basti vor dem Amtsgericht Düren!
Ob der Radlader und dessen Fahrer von der Plattform der seinerzeitigen „Turmblockade“ aus überhaupt erkennbar war, diese Frage hat die Richterin erst gar nicht gestellt. Wenn Ast- und Blattwerk sowie Bäume und Sträucher die Sicht versperren und ein Bestimmung der Wurfrichtung objektiv nicht möglich ist, ist dies nicht viel anders, als wenn man „Pfefferspray in den Augen hat“, also Freispruch.
Die seinerzeit zuständige Richterin vor dem Amtsgericht mag auch Stellung zu der Frage nehmen, warum das Verfahren gegen Jus „wegen eines menschlichen Bedürfnisses der Richterin“ (???) unterbrochen werden musste, obwohl das Ende der vorangegangenen Verhandlung gegen Jörg Berghoff dazu hinreichend Gelegenheit gegeben hatte. Hatte sie tatsächlich nur ein „menschliches Bedürfnis“ oder auch noch einen anderen Grund für diese Unterbrechung oder beides?
Nach der von einer Beobachterin und mir geteilten Einschätzung hatte die Richterin sich zuvor dahingehend geäußert, dass Jus das Gericht nicht als freier Mann verlassen sollte.
Bemerkenswert freimütig hatte sich die Richterin in dem vorangegangenen Verfahren gegen Jörg Berghoff für befangen erklärt, ein Armutszeugnis.
Zum Vergleich: In mehrstündiger Verhandlung vor dem Finanzgericht Köln, mit einer dienstlichen Äußerung zu dem gestellten Befangenheitsantrag und in einem Urteil von über 50 Seiten hat der Vorsitzende Richter des 13. Senats vor dem Finanzgericht Köln, Richter Seßinghaus, sich mit Händen und Füßen gegen den Vorwurf der Befangenheit verteidigt. Die bei Jus zuständige Richterin des Amtsgerichts Kerpen hatte damit offenbar weniger Probleme.
Die Tatwaffe (Vase, Kanne oder Krug, weiß ich nicht mehr so genau)war im Übrigen überhaupt nicht Gegenstand der Verhandlung. Unmittelbar nach der Räumung wurden am Ort des Geschehens Zahnspuren einer Baggerschaufel festgestellt, mit deren Hilfe der Boden offensichtlich systematisch abgegraben wurde, möglicherweise um eine Tatwaffe zu finden. Nur kurze Zeit später wurde der Weg mit mehreren Lkw-Ladungen Sand zugeschüttet, dadurch sollten wohl jegliche Möglichkeiten zum nachträglichen Auffinden der „Tatwaffe“ unmöglich gemacht werden. Des weiteren wurde auf die gleiche Weise ein weiterer Zuweg zu dem eigentlichen Waldweg angelegt, ohne dass dazu eine Notwendigkeit erkennbar war.
Bei dieser Sachlage scheint mir – ungeachtet der Zeugenaussagen – zum einen nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Erwägungen der Staatsanwalt zu seiner „felsenfesten“ Überzeugung gelangt ist, es sei ein strafbewehrter Wurf gegen den Fahrer des Radladers ausgeführt worden.
Zum anderen gilt dies auch für die Entscheidung der Richterin. Gleichwohl ist auszuschließen, dass die Richterin in der von ihr genommenen Verhandlungspause Kontakt mit dem Staatsanwalt hatte, dieser war nämlich die ganze Zeit im Sitzungsraum geblieben.
Nur vollständigkeitshalber ist darauf hingewiesen, dass im März dieses Jahres auf Anregung des Justizministers Strafantrag gegen den Vorsitzenden Richter Seßinghaus und seine beiden beisitzenden Richter Pint und Kamradt gestellt worden ist. Öffentliche Anklage ist nicht erhoben worden, die gegen die Verantwortlichen der Strafverfolgungsbehörde erhobene Rüge der Strafvereitelung haben diese unbeeindruckt gelassen: Staatsanwalt, Generalstaatsanwältin und Justizminister Kutschaty.
Kurt Claßen
03.07.2016