Offener Brief des Bündnis gegen Braunkohle

Zu den Ereignissen am 30. November hat das Bündnis gegen Braunkohle einen Offenen Brief an die verantwortlichen Stellen gerichtet.

An
Innenminister Ralf Jäger
Landrat Wolfgang Spelthahn, w.spelthahn@nullkreis-dueren.de
RWE Power AG, Opernplatz 1, 45128 Essen
Polizeidienststellen NRW, poststelle.lzpd@nullpolizei.nrw.de
Fraktionsvorsitzende, Landtag NRW
SPD, Norbert Römer, norbert.roemer@nulllandtag.nrw.de
CDU, Armin Laschet, armin.laschet@nulllandtag.nrw.de
Grüne, Reiner Priggen, reiner.priggen@nulllandtag.nrw.de
Piraten, Dr. Joachim Paul, joachim.paul@nulllandtag.nrw.de
Westdeutscher Rundfunk, redaktion@nullwdr.de
Spiegel-Redaktion, spiegel_online@nullspiegel.de
Kölner Stadtanzeiger, Peter.Pauls@nullksta.de
Ruhr Nachrichten, leserinfo@nullmdhl.de
Rundschau Online, online@nullmds.de

Betrifft: Ereignisse im Hambacher Forst am 30.10.2014

Hiermit möchten wir auf das Schärfste protestieren:

  • über die Festnahmen durch die RWE-Sicherheitsmitarbeiter,
  • das Verhalten der Polizei,
  • die Berichterstattung durch einige Medien.

Aus unserer Sicht scheint es eine Unverhältnismäßigkeit der Mittel bezüglich der Maßnahmen am 30.10.2014 zu geben.

Wir haben auf der einen Seite etwa 14 Naturschützer, junge Frauen und Männer im Alter von etwa 20-25 Jahren, die sich vegan ernähren und damit ihr Interesse bekunden, anderen Lebewesen kein Leid zuzufügen.

Demgegenüber stehen ca. 12 Sicherheitsmitarbeiter der RWE Power AG und später mehrere Hundertschaften von Polizisten mit Hunden.

Aus den Berichten der jungen Menschen haben wir erfahren, dass die Sicherheitsmitarbeiter mit Stöcken bewaffnet waren und die Naturschützer einseitig angegriffen haben.

Nach den Skandalen wegen des Verhaltens von privaten Sicherheitsmitarbeitern in den Flüchtlingsheimen möchten wir nun gerne wissen: Welche Ausbildung haben die Sicherheitsleute der RWE Power AG? Welche Qualifikationen werden erwartet? Besteht eine Schulung bzw. Ausbildung im Konfliktmanagement? Haben die Personen eine Fortbildung bzw. Erfahrung in Deeskalation? Soweit wir informiert sind, gibt es eine genaue Festlegung der Kompetenzen von Sicherheitskräften: sie dürfen reden, die Polizei rufen und Menschen mit begrenzten Mitteln festhalten. Würgen, Schlagstockeinsatz, das Benutzen von Kabelbindern, Einsperren in Bauzäunen und Bedrohungen gehören nicht dazu!

Uns ist mitgeteilt worden, dass die Sicherheitsmitarbeiter der RWE sich den Naturschützern aggressiv und provokant genähert haben. Sie sollen, mit Stöcken bewaffnet, sich auf einen jungen Mann gestürzt haben und ihn mit Schlägen attackiert haben.

Junge Frauen sind nach unseren Informationen auf die Erde gedrückt worden, man hat ihnen die Gelenke verdreht, sie bedroht und beschimpft. Uns wurde von verschiedenen verbalen, sexuell diskriminierenden Äußerungen berichtet. So wurde eine junge Frau ständig mit „Baby“ angesprochen. Außerdem wurde von einer jungen Frau berichtet, die an diesem Tag ein Kleid an hatte, dass man ihr, während sie gefesselt auf dem Boden lag, hochgezogen hat. Dies sind eindeutig erniedrigende sexuelle Demütigungen! Den jungen Menschen wurden mit Kabelbindern die Hände gebunden und sie mussten ca. 2 Stunden auf dem Boden liegend ausharren, bis die Polizei kam. Beweismittel dieser Situation wurden beschlagnahmt, durch die Polizei eingezogen und sind bis heute nicht aufgetaucht.
Nun kommt unser zweites Unverständnis:
Wie kann es sein, dass die Polizei erst ca. 2 Stunden später kam, aber dafür in mehreren Hundertschaften und mit Hunden.

Wir vermuten, dass man davon ausging, dass die Naturschützer sich straffällig verhalten haben. Allerdings konnte man die Straftaten nicht benennen. Obwohl es die Aufgabe der Polizei ist, in alle Richtungen zu ermitteln, hat man hier offensichtlich die jungen Menschen vorverurteilt und wie Schwerverbrecher behandelt.

Diese unverhältnismäßige Behandlung wurde in den Arrestzellen der Polizei weitergeführt.

So hat man ihnen beispielsweise keine vegane Nahrung zukommen lassen.

Uns erscheint es absurd, dass man den Naturschützern nicht nur die Rolle der einseitigen Aggressoren zuerkennt, sondern dass sie als „Bombenleger“ diskreditiert werden, so wie es auch in der Presse später verbreitet wurde.

Dass im Hambacher Forst Waffen aus dem 2. Weltkrieg liegen, ist hinlänglich bekannt. Den Naturschützern zu unterstellen, diese zu gebrauchen, um Menschen zu schädigen, ist Rufmord.

Vielmehr stellen wir uns die Frage, warum solche gefährlichen Kampfstoffe überhaupt noch im Wald liegen und nicht bereits beseitigt bzw. entschärft wurden.
Menschen, die bereit sind, für das Allgemeinwohl (Klimaschutz) mit Engagement einzutreten, wurden in der regionalen und überregionalen Presse als Kriminelle dargestellt.

Es scheint sich aus unserer Sicht um eine zweckgebundene Kriminalisierung und Propaganda zu handeln, um die privaten Interessen eines Energiekonzerns zu schützen und das unverhältnismäßige Agieren der Polizei zu legitimieren.

Wir bezweifeln die Rechtmäßigkeit dieser unverhältnismäßigen Polizeiaktion! Vor diesem Hintergrund bitten wir daher um die umgehende Freilassung des jungen Mannes, der sich noch in Aachen in Haft befindet!

Wir bitten die Zuständigen um Klärung und erwarten selbstverständlich von den zuständigen Behörden Neutralität, Unvoreingenommenheit und Augenmaß.
So kann es nicht sein, dass bei der Demonstration der Hooligans in Köln bei 5.000 zum Teil alkoholisierten und bekannt gewaltbereiten Demonstranten 1.500 Polizisten im Einsatz waren, und im Hambacher Forst bei höchstens 25–30 Naturschützern mehrere Hundertschaften von Polizisten mit Hunden.

Diese Diskrepanz bitten wir zu klären und zu erklären!

Für die Bündnispartner des „Bündnis gegen Braunkohle“

Thomas Ristow
Kierdorfer Str.19
50196 Kerpen

Aktionsbündnis Stommeler Bürger
Leben ohne Braunkohle
Ausgeco2hlt
Attac Köln
Bürgerintiative Buirer für Buir
Das gelbe Band
Die Linke SV Kerpen
Initiative Bergbaugeschädigte 50189
Occupy Köln
Solidarische Vielfalt Kölner Gruppe gegen Braunkohle

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