NGO`s und Unternehmen – Partner oder Gegner?

  • Beitrags-Kategorie:Filz
  • Beitrags-Kommentare:2 Kommentare

Greenwashing für die Unternehmen? Kommerzialisierung der NGOs?
Oder fruchtbare Zusammenarbeit auf Augenhöhe? Über diese Fragen fand
am Donnerstag eine gut besuchte Podiumsdiskussion in der Universität Köln
statt. Eingeladen waren neben einem Vertreter von Greenpeace Köln und der
Vorstandsvorsitzenden der Transparency International auch Daniel
Schneiders – Corporate Responsibility Manager der RWE AG.

von Ronja

Trotzdem sich der Moderator Prof. Frank Überall zu Beginn als „Journalist,
Politikwissenschaftler und Kabarettist“ vorstellte, gab es an diesem Abend
nur wenige Momente, an denen ich das was ich da sah besonders witzig
gefunden hätte. Eigentlich hatte ich fast durchgehend das Gefühl da vor
gehen zu müssen und diesen Schneiders von RWE zu schütteln und
anzuschreien, auch wenn ich weiß, dass es nicht mehr gebracht hätte als
den befriedigenden Gedanken, ihm einen kleinen Teil dessen gegeben zu
haben, was er eigentlich verdient. Dennoch war es sinnvoll bei dieser
Podiumsdiskussion anwesend zu sein, denn sie hat einige Dinge deutlich
gemacht und manche Dinge bestätigt, die schon vielen klar sind, aber
leider immer noch zu wenigen.

Was lief so?*
Zu Beginn der Veranstaltung kündigte die Moderation an, dass an diesem
Abend der Schwerpunkt auf dem Dialog zwischen Publikum und den 3
Leuten auf dem Podium liegen sollte.
So startete Frank Überall mit einer kurzen Einleitungsphase, in der er die
Debattant_innen durch kritische Fragen entlang der obengenannten
Fragestellung einstimmte. Schon dort wurde deutlich: Keine_r der Drei
wollte sich so recht als Gegner_in der anderen sehen.
„Wir sehen uns eher als Berater“ antwortete zum Beispiel Christian Korda
von Greenpeace auf die Frage, ob er Greenpeace als Gegner oder Partner von
RWE sieht. Schneiders sieht das ähnlich. Er wünscht sich jedoch „mehr
Partnerschaft“ und räumt ein, dass es fast keine so richtig offizielle Partner-
schaften zu NGO`s gäbe. Nur mit einer NGO bisher.
Nach der Frage, welche das denn sei, waren nicht wenige überrascht über
Schneiders Antwort – War diese NGO doch in der Vergangenheit durch ihre
radikalen kapitalismuskritischen Positionen und unzähligen Sabotage-
Aktionen sowie ihrer konsequenten Fokussierung auf Umweltschutz aufge-
fallen: Der allseits berüchtigte „Allgemeine Deutsche Automobilclub e.v“.
Dieser in einem Boot mit dem Größten CO2-Emittenten Europas?
Schockierend, beinahe sogar unbegreiflich! Verzweifeltes Lachen breitete
sich aus um diese Verwirrung verarbeiten zu können.

Nach dieser recht vielsagenden Einleitungsrunde wurde nun den
schätzungsweise hundert Anwesenden die Möglichkeit gegeben, „Fragen“ an
die Menschen auf dem Podium zu stellen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde
deutlich, dass nicht nur ich von diesem Schneiders angewidert war. Viele
Anwesende nutzten diese Möglichkeit Fragen zu stellen, um stattdessen
selbst etwas zu sagen und dann mit irgendeiner rhetorischen Frage
abzuschließen, die manchmal auch nur den Zweck hatte zu verbergen, dass
man eigentlich nur mal seine Meinung sagen wollte. Diese Strategie lief
unausgesprochen und ungeplant, vielleicht sogar teilweise unbewusst und
funktionierte super, denn Frank Überall bestand darauf, dass der „Dialog“
aus Frage vom Publikum und Antwort vom Podium bestand. Und was die
Zuschauer_innen sagten war zu einem absoluten Großteil sehr nach meinem
Geschmack. Schneiders wurde regelrecht zerpflückt. Mindestens 70% der
folgenden Redebeiträge wendeten sich gegen Braunkohle, ein sehr großer
Teil bezog sich auf den Tagebau Hambach, den Hambacher Forst und die
Zwangsumsiedlungen – und es gab wirklich viele Beiträge.
Schneiders versuchte sich mit verzweifelten und beinahe traurig
durchschaubaren Rechtfertigungen aus der Affäre zu ziehen. Er kündigte an,
dass RWE bis 2050 CO2-neutral Strom produzieren möchte, er behauptete,
dass gerade um den Tagebau Hambach ein intensiver Austausch mit den
Bürger_innen stattfände, er lobte die Windräder und stolz verwies er
darauf, dass in dem „zugegeben umstrittenen“ RWE-Werbeclip „mit dem
Energieriesen“ (ja, den mit dem Lied I-like-the-Flowers)
nicht nur Windräder, sondern auch ein Braunkohletagebau zu sehen sei.
Solidarisch schlug er sich auf die Seite derer, die Greenwashing kritisierten,
nie ohne die Anwesenden zu informieren, dass RWE so was nicht tut, aber
es ganz schlimm findet, dass alle anderen so etwas tun.
Und was ließ er sich einfallen! Auf die Frage, wie er es sich erklärt,
dass vorgestern in der Morschenicher Kneipe so viele Menschen waren, die
voller Wut darüber sind, für RWE`s Profitinteressen vertrieben zu werden,
antwortete er: „Es sind nicht wir, die bestimmen, dass die Leute da
umgesiedelt werden. Das ist in erster Linie das Land Nordrhein-Westfalen“.
Wer bezahlt die Bagger, die die Häuser abreissen? Wer bezahlt die
Harvester, die den Wald roden? Wer investiert Geld in Marketing, dass das
alles danach ausschaut, als wäre das im Interesse der Betroffenen? Und wer
profitiert davon? „Das Land Nordrhein-Westfalen“**, ja das stimmt. Und
RWE. Beide sind scheisse, so ist es.

Jedenfalls war ihm das Publikum deutlich unangenehmer als Christian Korda,
Vertreter der ach so widerständigen NGO Greenpeace. Dies macht auch
Schneiders folgende Aussage deutlich: „Für uns ist eine NGO, die darauf
achtet, dass die Spielregeln eingehalten werden auch wichtig fürs
Geschäft.“

Partner oder Gegner? Meine Gedanken dazu.

RWE ist ein kapitalistischer Konzern in einer kapitalistischen Wirtschaft.
Die Interessen eines kapitalistischen Konzerns liegen darin, Gewinn zu
erwirtschaften.
Klimaschutz ist teuer und wird für RWE erst relevant, wenn es teurer wäre,
nicht auf Klimaschutz zu achten. Und das wird es nur, wenn als Reaktion
auf ihre Umweltverschmutzung entweder ihr Prestige angekratzt und sie
dadurch Kundschaft verlieren würden, oder wenn direkte Aktionen ihre
Produktionskosten erhöhen.
Um zu erreichen dass Konzerne weniger zerstören, hilft keine Partnerschaft
oder Beratung oder sonst was, sondern nur aktiver Widerstand. Und
trotzdem: weniger ist nicht genug. Am Ende liegt unsere einzige Chance
darin, den Kapitalismus abzuschaffen und die Wirtschaft auf die
Bedürfnisse der Menschen und auf die Natur ausgerichtet selbst zu
organisieren, ohne Chefs und ohne Geld. Das ist schwierig aber die
Klimakatastrophe ist schwieriger.

* Ich beschränke mich hier auf die Beiträge von Schneiders von RWE und
Frank von Greenpeace, weil ich die beiden Gruppierungen für relevanter
halte im Zusammenhang mit dem Hambacher Forst.
** Damit meint er natürlich die Gesetzgebenden Institutionen, nicht ein
Stück Land oder gar die Menschen die darauf wohnen, denn die haben es ganz
sicher nicht bestimmt. Natürlich profitieren auch noch andere vom Tagebau,
aber das würde den Rahmen des Textes und meines Hirns sprengen. „Das Land
NRW“, bestimmt natürlich wirklich, dass RWE die
Leute vertreiben darf, und seine Prügelbande sorgt dafür, dass RWE es
kann. Dennoch sind es RWE und die Regierung, welche zusammenarbeiten gegen
die Menschen, die den Schaden durch den Tagebau tragen müssen.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Erna

    Danke für den interessanten Artikel, dem letzten Absatz möchte ich hiermit ausdrücklich zustimmen!!!

  2. Vicktoria

    i agree with you per 100%!

Schreibe einen Kommentar