2013 ist mal wieder ein Jahr, das zum „Super-Wahl-Jahr“ ausgerufen wird. Die Tatsache aber, dass einige Wahlen stattfinden, heißt noch lange nicht, dass es etwas zu wählen gibt – im Sinne von tatsächlichen Alternativen. Wo die schwarz-gelbe Regierung derzeit durch ihren „Klassenkampf von oben“ auffällt und bezüglich der „Energiewende“ durch eine Rolle rückwärts, wird spätestens durch eine genaueren Betrachtung der Person Steinbrück klar, dass es unter einer Regierung mit der SPD keine andere Politik geben wird. Genau diese Betrachtung nehmen wir als Startschuss für eine Anti-Wahl-Kampagne, in der wir eine generelle Kritik an Stellvertretungspolitik formulieren wollen, aber auch konkret – in Bezug auf das Energiethema und den Klimaschutz – aufzeigen wollen, warum es nichts zu wählen gibt. Der Braunkohle-Widerstand darf nicht unter die Räder des Wahlkampfs geraten, im Gegenteil muss er Refferenzrahmen sein, innerhalb dessen Debatten um emanzipatorischere Politikkonzepte stattfinden können.
Nun zu Herrn Steinbrück: Als guter Kumpel von Wolfgang Clement, der nach seiner Karriere als Politiker einen gut bezahlten Sitz im Aufsichtsrat von RWE erhielt (und ebenfalls beim Zeitungsverlag DuMont, dem die Zeitungen KSTA und Express gehören) – sozusagen als Dankeschön für seine Gefügigkeit als Politiker – ist Peer Steinbrück ein ähnliches Kaliber. Wie alle (ehemaligen) Ministerpräsidenten aus NRW hat er ein besonders großes Herz für die Kohleindustrie, und will diese mit einem sogenannten Klimaschutz vereinbaren: „Wenn wir dem Klimaschutz helfen wollen, müssen wir weltweit einen Beitrag zur Steigerung der Energie-Effizienz und Ressourcen-Produktivität leisten. Hierzu müssen wir unsere Fähigkeiten in allen Bereichen der Energiewirtschaft erhalten und unsere Spitzenposition ausbauen“. Wenn wir das Klima retten wollen müssen wir mehr Braunkohle verbrennen, will Herr Steinbrück hiermit sagen. Ähm, gut, ähh, es ist ja nur der CO2-intensivste Energieträger überhaupt. Schon 2003 kündigte er an: „Ich werde alles tun, damit wir uns möglichst bald zur Grundsteinlegung der BoA II hier im Revier zusammenfinden können.“
Einen erneuten Coup, der die Richtung weist in die es gehen soll, hat Steinbrück nun gelandet mit der Einstellung seines neuen Pressesprechers, Michael Donnermeyer. Selbiger ist seit 2007 Geschäftsführer des Informationszentrums Klima. Das klingt ja erstmal gut, solange bis mensch sich den Untertritel dieses Informationszentrums durchliest: Informationszentrum für CO2 Technologien e.V. – ein reiner Lobbyverband für die – zurecht scharf kritisierte – CO2 Abspeicherung und Endlagerung. Laut Tagesspiegel sei das Informationszentrum Klima eine Kommunikationsplattform von RWE und VATTENFALL. Auf ihrer Seite bietet das sogenannte Informationszentrum Videoanimationen für Kinder an, die erklären warum die Endlagerung von CO2 DIE Lösung des Klimaproblems wäre. Dass es bei Testanlagen dazu kam, dass das CO2 massenhaft entwich und Kühe die dort grasten tot umfielen wird nicht erwähnt, wie es sich für ein Informationszentrum gehören würde.
Es steht also außer Frage, dass Peer Steinbrück im Budestagswahlkampf der Kandidat der Kohleindustrie ist, auch wenn selbige sicher auch mit einer Fortführung der schwarz-gelben Regierung leben kann. Wenn die Kohleindustrie also für alle Möglichkeiten vorgesorgt hat, heißt das aus unserer Perspektive, dass es bei der Bundestagswahl keine Wahl für den Klimaschutz geben wird. Auch die Grünen in NRW und die Linken in Brandenburg beteiligen sich mit ihren Regierungsbeteiligungen an der Kohlepolitik. Das einzige was uns bleibt ist die außerparlamentarische Opposition
Wir sind aber nicht enttäuscht darüber bei der Bundestagswahl keine Wahl zu haben. Denn es gibt einen grundsätzlichen, gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Herrschaft und Umweltzerstörung, der uns eine grundsätzliche Distanz zu Herrschaftssystemen wie der parlamentarischen Demokratie lehren sollte. Dieser Zusammenhang besteht in erster Linie darin, dass es nur mit diversen Herrschaftstechnologien möglich ist, die Ebene der Auswirkung von umweltzerstörenden Projekten von der Ebene des Profites daraus voneinander zu trennen. Nur indem die Interessen der direkt Betroffenen übergangen werden ist es möglich dass Unternehmen wie RWE Milliarden aus der Umwelt- und Landschaftszerstörung ziehen. Die lokal Betroffenen profitieren davon in keinster Weise, alles was ihnen bleibt ist der Feinstaub und der Lungenkrebs. Wenn die Entscheidungen auf die Ebene der jeweils Betroffenen verlegt würde, wäre dieses Mißverhältnis nicht mehr möglich, sondern es würde stets eine Abwägung zwischen Positiv-Nutzen und Negativ-Auswirkungen stattfinden, weil beides auf der gleichen Ebene passiert. So würden umweltzerstörerische Projekte in großem Maßstab sehr unwahrscheinlich – würden die Menschen in einem Dorf selber beschließen sich für den Kohleabbau umzusiedeln, wenn sie auch Windräder und Solaranlagen für ihren Stromverbrauch bauen könnten?
Wir rufen also dazu auf nächsten Herbst nicht zur Wahl zu gehen und stattdessen eine Organisierung von unten aufzubauen, die sich zum einen dem Wahnsinn der Kohlegruben effektiv in den Weg stellen kann, zum anderen aber auch die zukünftige Welt der Entscheidungsfindung von unten in sich trägt.
Auserdem rufen wir zu einer Anti-Wahl-Kampagne auf, die sowohl eine grundsätzliche Kritik an der parlamentarischen Demokratie formuliert, aber auch im konkreten nachweist warum es nichts zu wählen gibt. Wir wollen unseren Beitrag dazu aus der Sicht der Energiepolitik und des Klimaschutzes leisten. Auch aus anderen Perspektiven wäre eine konkrete Kritik schön, um die generelle Kritik an Stellvertretung damit untermauern zu können.
Nicht wählen gehen ist langweilig.
Wenn schon geht man hin und malt seinen Stimmzettel bunt aus.
Macht wenigstens noch Spaß und nach einigen Wahlsystemen verhindert man mit ungültigen Stimmen, dass Nazis in die Parlamente ziehen.
Bis die Kinder stimmberechtigt sind ist der Spuk sowieso vorbei. Direktes Herunterfahren der Wahlbeteiligung ist für die Außenwirkung am effektivsten, siehe Mursi-Referendum.