Polizeibericht zu „EndeGelände“ veröffentlicht

Nachtrag: Offener Brief der taz-Chefredaktion an NRWE-Innenminister Jäger (PDF)

Am Donnerstag ab 10 Uhr tagt der Innenausschuss des NRW-Landtages in einer öffentlichen Sitzung (link). Thema wird unter anderem der Polizeeinsatz anlässlich von „EndeGelände“ am vorletzten Wochenende sein. Bereits am Dienstag wurde der Polizeibericht veröffentlicht (link).
Unter (link) findet sich ein Bericht des wdr hierzu.
Update2: Der Tagungsordnungspunkt wurde verschoben.
http://www1.wdr.de/themen/aktuell/garzweiler-security-100.html

Es folgen einige ausgewählte Zitate aus dem Polizeibericht mit Kurzkommentaren, die sicherlich später noch ergänzt werden.

„Eine Besichtigung des Campgeländes durch die Vertreter der KPB Heinsberg wurde von den Campteilnehmern abgelehnt. Obwohl das Gespräch insgesamt in einer entspannten Atmosphäre verlief, zeigten die Campteilnehmer keinerlei Bereitschaft zu einer Kooperation mit der Polizei.“ (S.4 im pdf)

Wunderts wen?

„Verletzte Polizeibeamte
Insgesamt wurden anlässlich der Besetzungsaktionen nach jetzigem Stand 16 Polizeibeamtinnen ünd -beamte und ein Verwaltungsangehöriger leicht verletzt, von denen zwei Beamte nicht mehr dienstfähig waren. Die Verletzungsbilder reichen von Hand- und Schulterverletzungen bis zu Augenreizungen, die durch den polizeilichen Pfeffersprayeinsatz verursacht wurden.“ (S.5)

Die Polizei gibt öffentlich zu, dass Polizeibeamte durch Kollegen verletzt wurden.

„Zusammenarbeit“ mit der RWE Power AG
Die KPB Düren ist seit der Etablierung des „Wiesencamps“ im Ortsteil Morschenich Ende 2012 fortlaufend mit der Abarbeitung einschlägiger Einsatzanlässe befasst. Dazu hat sie eine „Dauer – BAO“ eingerichtet, die bei Bedarf eingesetzt wird.
In diesem Zusammenhang‘ kommt es zu regelmäßigen Gesprächskontakten zwischen der KPB Düren und der RWE Power AG (Konzernsicherheit). Die KPB Düren weist in diesen Gesprächen immer darauf hin, dass die RWE Power AG zunächst alle Vorkehrungen treffen muss, um ihre Einrichtungen mit eigenen Kräften und durch technische Sicherungen zu schützen.
Nachdem der KPB. Düren die Zuständigkeit für die Aktionstage vom 14.08.2015 bis 16.08.2015 übertragen worden war, wurden im Zuge der Einsatzvorbereitung zwei Gesprächstermine am 04. und am 11.08.2015 mit Vertretern der RWE Power AG, die alle drei Tagebaue betreibt, wahrgenommen. In diesen Gesprächen wurde u.a. nochmals deutlich gemacht, dass die Polizei erwartet, dass die RWE Power AG alle Anstrengungen unternimmt, ihren Betrieb und ihre Anlagen selbst zu schützen.
Neben technischen Aufrüstungen sind nach Angaben der RWE Power AG an dem relevanten Wochenende – insbesondere am ·15.08.2015 – daraufhin nochmals sowohl eigene Beschäftigte der RWE Power AG als auch Security-Kräfte zusätzlich in den Dienst gebracht worden. Die Beschäftigen wurden zudem betriebsintern im Hinblick auf die Jedermannrechte (§ 127 Absatz 1 StPO) geschult. In den Besprechungen wurde durch die KPB Düren darauf hingewiesen, dass das Übermaßverbot zu beachten ist und dass jeder, der sich auf § 127 I StPO beruft, individuell für sein Handeln verantwortlich ist. Polizeiliche Empfehlungen im Hinblick auf Verhalten oder Ausrüstung hat es darüber hinaus nicht gegeben.“ (S.6/7)

Dieser Abschnitt ist im Hinblick auf Wald und Wiese natürlich besonders spannend. Es scheint da Absprachen und Zusammenarbeit gegeben zu haben, auch früher schon und regelmäßig. Das war bislang immer schon offensichtlich, nun stehts da auch öffentlich zugänglich und schwarz auf weiß. Aufgrund der häufigen Einsätze im Hambacher Forst kommt die Polizei mittlerweile nur in Ausnahmefällen in den Wald. Der von der Polizei geforderte Schutz der Anlagen mit eigenen Kräften mit Hilfe des „Jedermannsrechts“ („Bürgerfestnahme“) sollte allerdings doch mal genauestens überprüft werden. Vom „Übermaßverbot“ war in den Schulungen sicherlich nicht die Rede, es wird eher nach dem Motto „festhalten um jeden Preis“ agiert. Welcher Grundstücksbesitzer käme straffrei davon, wenn er Menschen, die sein Grundstück betreten hatten, zusammenschlüge und mit Kabelbindern fesselte? Für die rwe-Secus ist das allerdings kein so großes Problem, können sie doch davon ausgehen, dass ihre Opfer zusätzlich noch im Knast landen, während sich für sie niemand interessiert. Auch Staatsanwaltschaft und Presse spielen da gerne mit.

„Die Kreispolizeibehörde Düren wurde durch zwei Höheninterventionsteams der Bundespolizei sowie insgesamt zehn geländegängige Fahrzeuge des Landes BadenWürttemberg bzw. der Bundespolizei unterstützt.“ (S.7)

„Dazu wurde der Einsatz geländegängiger Fahrzeuge vorgeplant. Da der Bedarf durch Fahrzeuge der Polizei NRW nicht in Gänze gedeckt werden konnte, erfolgte im Vorfeld des Einsatzes eine Anfrage bei der Polizei des Bundes und den Länderparteien, die z. T. erfolgreich waren.
Aufgrund der Lageentwicklung ergab sich ein höherer Bedarf an geeigneten Transportmöglichkeiten (Transport polizeilicher Einsatzkräfte ,aber auch Abtransport von Aktivisten), so dass während des Einsatzes im Tagebau Garzweiler, zusätzlich zu den polizeieigenen Fahrzeugen, vorhandene Fahrzeuge der RWE Power AG und deren Fahrer durch die Polizei gemäß § 6 PolG NRW (Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen) in Anspruch genommen werden mussten. Das dadurch betroffene Unternehmen wurde noch am selben Tag gebeten, eine entsprechende Rechnung zu erstellen.“ (S.8)

Die Polizei hatte also selbst wenig Fahrzeuge („10“), weshalb sie auf die von rwe zurückgriff, wie bereits früher schon. Süß war am letzten Wochenende der völlig unmotivierte Einsatz zweier Polizeiräumpanzer bei der Lebenslaute-Blockade, als wolle man zeigen, dass auch geländegängige Fahrzeuge vorhanden seien. Bei Lebenslaute fuhren allerdings auch ca. 20 Wannen in die Grube, bei EndeGelände waren die rwe-Fahrzeuge fast allein, was vermutlich auch mit schwierigeren Wegverhältnissen zusammenhängt.

„Ereignisse im Nachgang
Am 16.08.2015, 06.30 Uhr, wurden zwei Personen auf einem Schaufelradbagger im Tagebau Hambach festgestellt, die sich mit einem sogenannten Lock-On in einer Höhe von ca. 10 Metern an eine Plattform gekettet hatten. Durch ein Höheninterventionsteam der Polizei wurden die Personen vom Bagger gelöst und der Gefangenensammelstelle zugeführt.
Im Zeitraum 16.08.2015, 18.45 Uhr, bis 17.08.2015, 11.35 Uhr kam es des Weiteren im Verlauf der „Hambachbahn“ zu insgesamt sechs Ankettaktionen mit insgesamt acht Aktivisten sowie zwei Abseilaktionen mit zwei Aktivisten und drei Begleitpersonen (davon zwei Seilsicherern) . Aufgrund der Aktionen musste der Betrieb der Hambachbahn eingestellt und eine Lastreduzierung beim Kraftwerk Neurath vorgenommen werden. Zwei der Aktivisten erlitten aufgrund des langen Verweilens in den Klettergurten ein sogenanntes „Hängetrauma“ und mussten dem Krankenhaus zur ambulanten Behandlung zugeführt werden. Zwei Aktivisten wurden bei einer Auseinandersetzung mit Mitarbeitern des Werkschutzes der RWE Power AG leicht verletzt und wurden ebenfalls im Krankenhaus ambulant behandelt. Die übrigen Aktivisten wurden der Polizeiwache Düren zum Zwecke der Identitätsfeststellung zugeführt. Anlassbezogene Strafverfahren wurden eingeleitet.“ (S.11)

Eine Lastreduzierung im Kraftwerk Neurath, sieh an. Erzählt doch rwe immer stolz von den 2-3 Tagesrationen Braunkohle, die am Hauptbunker gebunkert seien, nebst kleineren Rationen direkt an den Kraftwerken, „falls mal was ist mit der Hambachbahn“ („Was könnte denn sein mit der Hambachbahn?“).

„Bewertung des Polizeieinsatzes
Rund um den Tagebau „Garzweiler 11″ nahmen bis zu 650 Demonstranten ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit friedlich wahr. Gleichzeitig ging jedoch eine Gruppe von 1.200 Aktivisten gemeinsa.m und z. T. gewaltsam gegen die eingesetzten Polizeibeamten vor. Dieses geplante Vorgehen war für die Polizei in dieser Dimension neuartig und nicht in diesen Ausmaßen erwartbar. Dabei setzten die Aktivisten sowohl sich als auch die Einsatzkräfte den konkreten Gefahren (bis hin zu Lebensgefahren) des Tagebaubetriebs aus.“ (S.11)

Die Polizeizählungen kommen also auf knapp 2000 Teilnehmer_innen am Aktionstag, was durchaus realistisch zu sein scheint. Während sonst Teilnehmer_innenzahlen meist deutlich geringer angegeben werden als bei den Veranstalter_innen, soll hier vermutlich die Schwierigkeit des eigenen Einsatzes betont werden. Sinngemäß: „Wenn 1200 Menschen wie eine Horde Lemminge auf „3“ losrennen, um in die Grube zu springen, was kann dann die Polizei wohl machen?“

Der Bericht betont immer wieder die „erheblichen Gefahren“, die von einem Tagebau ausgingen. Warum Menschen mittels Pfefferspray und Schlagstöcken vor diesen Gefahren geschtzt werden müssen, wird allerdings nicht ganz deutlich. Da überwog wohl eher der Schutz des „Hausrechts“ der Besatzungsmacht rwe. Eine Szene, bei der durch Polizeieinsatz ein Demonstrant fast zu Tode gekommen wäre, findet sich hier (Minute 4:34).

Über dokumentierte Übergriffe von rwe-Mitarbeitern, die trotz Anwesenheit der Polizei selbst Festnahmen vornehmen zu müssen glaubten (link), findet sich im Bericht nichts.

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