Inhaltsverzeichnis
Nachricht aus dem Hambacher Wald
Teil 2. Rodungsarbeiten? Was ist das?
Hambacher Wald, Baumbesetzung Oaktown & Gallien.
26. Oktober 2016
Der Begriff Rodungsarbeiten wird sehr häufig in Texten und Gesprächen verwendet, wenn es um den Hambacher Wald geht. Aber was das bedeutet, was es damit auf sich hat oder wie das alles auf einzelne Menschen einwirkt wird weniger erläutert. Aus diesem Grund ist der folgende Text entstanden, als eine Art Bestandsaufnahme und Rückblick zugleich, gefüllt mit technischen Details aber auch, nicht zu vergessen, eine emotionale, psychische Auseinandersetzung.
Inhaltsverzeichnis:
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Rodungsarbeiten im Hambacher Wald
Aktionen, Polizei, RWE und der Lärm
Psychische und körperliche Belastungen
Rodungsarbeiten im Hambacher Wald
Zeitraum: 01. Oktober bis 27. Februar
Definition nach Wikipedia:
„Bei der Rodung (von „roden“, „reuten“) werden Gehölze, also Bäume und Sträucher dauerhaft entfernt – daher häufig mitsamt ihren Wurzeln. Der Begriff Rodung bezeichnet sowohl die Tätigkeit des Rodens als auch das Ergebnis. Sprachlich verwandt ist das Wort „ausrotten“[1]. Das Hauptziel dieser Maßnahme ist, die Wald- oder Buschvegetation zu entfernen, um den Boden einer anderen Nutzung (Weidefläche, Ackerbau, Siedlungsbau, Verkehrswegebau) zuführen zu können. Dies stellt den Unterschied zum Kahlschlag in der forstlichen Nutzung dar, dem eine Wiederaufforstung folgt. Nicht-fachsprachlich werden diese Begriffe allerdings häufig (teil-)synonym gebraucht.“
Die Rodungsarbeiten (weitere Zerstörung des Hambacher Waldes) finden jedes Jahr vom 01. Oktober bis zum 27. Februar statt. Diese ist auf Grund der im restlichen Jahr stattfindenden Brut- und Nistzeiten im Vogelschutz festgelegt. Dazu kommen die Wetterbedingungen in diesen Jahreszeiten, die Fällarbeiten begünstigen. Es ist kühl und feucht, was eine Waldbrandgefahr stark minimiert, der Frost ermöglicht ein Befahren mit großen Maschinen, das Fällen und Weiterverarbeiten von Laubholz ist einfacher, aufgrund des Fehlens von Blättern und dem im Holz vorhandenen Wassergehalt.
Aktionen, Polizei, RWE und der Lärm
Bei Rodungsarbeiten kommt es zu Störaktionen seitens der Aktivist_innen, die das Ziel haben, mediale Aufmerksamkeit auf die Zerstörung des Hambacher Waldes zu lenken und sich direkt der Maschinerie der Braunkohleförderung in den Weg zu stellen.
Während der Rodungsarbeiten wird es eine verstärkte Präsenz der Polizei und des von RWE eingesetzten Wachschutzes geben. Diese soll Menschen des Waldes einschüchtern und ermöglicht einen Einblick in die unsrige Strukturen. Sei es, wer uns Wasser bringt, welches Auto sich vom Camp entfernt, wie viele Personen anreisen und abreisen. Sie dienen des weiteren dem schnellen Eingreifen, um Aktionen zu unterbinden oder mindestens zu verkürzen. In-Gewahrsam-Nahmen (auf die Polizei-Wache), Inhaftierungen und Prozesse finden nicht nur nach Aktionen statt.
Bei polizeilichen Einsätzen werden öfter die Zuwege zum Hambacher Wald und Wiesen Camp kontrolliert oder versperrt. Des weiteren kann es zur Umstellung/ Belagerung der Besetzungen und dem Camp kommen. Dies kann zu einem Zusammenbruch der Kommunikation und Lebensmittelversorgung führen.
Übergriffe seitens RWE Wachpersonal, Arbeiter_innen und Sympathisant_innen auf Aktivist_innen finden ebenfalls statt. Sei es Gewalt durch Schläge, Pfefferspray oder An-/Umfahren von Aktivist_innen mit Fahrzeugen.
Der Lärm, der von den Maschinen im Tagebaubetrieb, den Kettensägen und den Rodungs- Maschinen verursacht wird. Der Feinstaub und Grobstaub. Die Verpestung der Luft durch toxische Verbindungen, Saurer Regen. Das alles sei nicht vergessen.
Psychische und körperliche Belastungen, Solidarität.
Die im oberen Bereich beschriebenen Situationen führen zu psychischen und körperlichen Belastungen, die sich bei jeder Person individuell auswirken. Sich beobachtet fühlen, nie wissend wann du geräumt wirst. Aufzuwachen und die Polizei zieht dich aus deinem Bett. Geländewagen mit Scheinwerfern und Sirenen. Hunderte an Polizist_innen, die durch den Wald mit Groß-Maschinen ziehen und eine Schneise der Zerstörung hinterlassen. Inhaftierungen, Schläge,
Erniedrigungen. Es sind aber auch interne Auseinandersetzungen mit z.B. Liebe, Emotionen und Ideen wie eine Welt aussehen könnte. All das kann traumatische Erlebnisse verursachen oder/aber auch hervorrufen. Es ist oft schwer das Erlebte zu verarbeiten oder eine Auseinandersetzung damit zu finden. Meist braucht dies Zeit und einen anderen Raum/ Ort.
Der Umgang mit traumatisierten Menschen und/oder den einzelnen Erlebnissen gestaltet sich oft nicht einfach. Es muss ein solidarisches Umfeld und ein „auf-einander-Acht-geben“ (awareness) geben und geschaffen werden. Im Kleinen wie im Großen. Jede Person ist mehr oder weniger Teil dieses Prozesses.
Ein Teil dieser Solidarität ist die gegenseitige Unterstützung von Menschen. Sie kann Situationen in denen sich im Wald Lebende tagtäglich auseinandersetzen abfangen. Darum ist ein Einbringen und Mitgestalten des Widerstandes wichtiger denn je. Das Rheinland als Widerstandsregion gegen lebensfeindliche Technologien und Verhältnisse zu stärken. Regional handeln und global agieren.
Die Braunkohleverstromung und Förderung verursacht lebensfeindliche Verhältnisse. Das nicht nur regional, sondern global betrachtet, rückt immer mehr in den Fokus der Medien und der Sprachkultur hier vor Ort. Oft wird dies im Tagesgeschehen der Medien nur beiläufig erwähnt, z.b. wenn es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, RWE und Aktivist_innen im Rheinland kommt. Die Gewalt die von den Aktivist_innen ausgeht steht da oft mehr im Mittelpunkt als die seit Jahrzehnten der Region, Natur und Menschen zugeführten Gewalt durch Energiekonzerne.
In den letzten Jahrzehnten wurden alleine tausende Menschen umgesiedelt, und eine einzigartige Waldlandschaft mit seinen Bewohnern unwiderruflich zerstört. Millionen an Tonnen von Erdraum verschlungen und wo anders wider ausgespuckt. Grundwasser abgepumpt. Die Luft verpestet.
Braunkohle ist weltweit einer der Größten Einzelemittenten von CO2-Emissionen, also Mitverursacher des globalem Klimawandels. Stellvertretend für eine auf Profit und dem eigenen Interesse basierende Gesellschaft.
Ein Filz aus Positionen in den Reihen von RWE, Gewerkschaften, Politikern und ihren Parteien, bishin zu Behörden und ihren Rechtsprechungen versuchen es agierenden und betroffenen Personen so schwer wie möglich zu machen. Er ist über Jahrzehnte gewachsen und hat sich fest verankert um die „verheizte Heimat“ voran zu treiben. Dieser Filz an personellen Überschneidungen, würde außerhalb von Deutschland als Mafia bezeichnet, und übt einen großen Druck auf Betroffene aus.
Statt die Verhältnisse klar anzusprechen und abzubauen, wird Angst um die Arbeitsplätze, dem Strukturwandel und durch Auseinandersetzungen stattfindende Gewalt von Aktivistinnen polarisiert, um Stimmung für einen Energieträger, Konzern und Kultur der Ausbeutung zu machen.
Die Kampagne gegen die Rodung 2016/ 2017 hat begonnen. Weitere Informationen findet ihr unter: