Liebe Gefährt_innen, liebe Familienmitglieder und Freund_innen,
anlässlich des fünften Todestags von Steffen Meyn (Sonne), der während der Räumung der Baumhäuser am 19. September 2018 im Hambacher Forst tödlich verunglückte, laden wir herzlich zur Gedenkfeier am Samstag, den 23. September im Hambacher Forst ein. Gemeinsam gedenken wir ihm und unseren weiteren Freund_innen und Genoss_innen, die sich am Widerstand im Hambacher Forst beteiligt haben und nicht mehr unter uns sind. Darunter Elf, Waka (Ş.Şahîn Qereçox/Farid Medjahed), Lobo (Ş.Elefterya Hambi/Eva-Maria Steiger), Mogli, Mike und Anna Campbell (Ş.Hêlîn Qereçox). Wir wollen uns ihrer Stärke, Hoffnung und Liebe erinnern und ihre Kämpfe für eine lebenswerte Zukunft weiterführen.
Das Gedenken wird ab 15:00 Uhr an der Gedenkstelle in Beechtown stattfinden. Es wird neben verschiedenen Beiträgen auch Essen, Trinken und Musik geben. Wer etwas beitragen möchte, kann sich gerne unter mail@nullhambacherforst.org melden.
Wir wollen für alle, die länger bleiben oder schon früher da sein wollen, einen gemeinsamen Ort zum Campen im Wald finden. Bringt also gerne Zelt, Isomatte, Schlafsack und Verpflegung dafür mit und meldet euch unter mail@nullhambacherforst.org, dass wir gemeinsam schauen können, was es dafür braucht.
Für die Anreise mit dem Auto empfehlen wir den Weg über Morschenich und an der auf der mit rotem X markierten Stelle zu parken. Die letzten 500 Meter sind ziemlich unwegsamer Waldweg.
Außerdem kann mit der S-Bahn angereist werden: Von der Station „Buir Bahnhof, Kerpen (Rheinland)“ aus sind es 50 Minuten zu laufen (oder radeln, ca. 3,2km). Ungeübt kann man sich auf dem Weg leicht verlaufen, deshalb plant gerne mehr Zeit zur Anreise ein und druckt euch die Karte vorher aus.
[english]
Dear friends, dear comrades, dear family,
five years ago on the 19th of September, our friend Steffen Meyn (Sonne/sun) died during the eviction of the treehouses in Hambacher Forest. We want to come together to remember him and our other friends who fought in Hambacher Forest for a just world and are not with us anymore. Naming Elf, Waka (Ş.Şahîn Qereçox/Farid Medjahed), Lobo (Ş.Elefterya Hambi/Eva-Maria Steiger), Mogli, Mike and Anna Campbell (Ş.Hêlîn Qereçox). We want to remember the strenght, hope and love they shared and continue their struggle.
It will start at 3pm at the memorial in Beechtown. We will share speeches, cultural acts, music and some food & tea. If you want to share anything like stories or food we are happy if you get in contact with us under mail@nullhambacherforst.org.
If you want to come earlier or stay longer: we try to set up a camp in the forest where we can all stay together. Please bring tent, isomat, sleeping bag and some food. If you are interested in staying longer please get in contact with us under mail@nullhambacherforst.org. We still have to figure it all out 😉 so if you have any ideas contact us!
For those coming by car we recommend parking at the red spot with X pointed out on themap. The last 500m have to be walked as it is just forest paths.
Those travelling by train to the train station „Buir Bahnhof, Kerpen (Rheinland)“ can walk/bike from there (foot ca 50min, 3.2km). We recommend printing the map and planning with some extra time as it is easy to get lost.
Eine Freundin aus dem Hambi ging 2018 als Internationalistin nach Rojava/Westkurdistan, um mit den Frauenverteidungseinheiten YPJ gegen den selbsternannten IS zu kämpfen. Später schloss sie sich der PKK an, um die Frauenrevolution Kurdistans und das freie Leben zu verteidigen.
Sie kam am 25.11.2019, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, durch türkische Luftangriffe auf die Guerilla in Sêdarê in der südkurdischen Region Gare (Nord-Irak) ums Leben. Alle sind aufgerufen, ihr Wirken, ihr Wort sowie ihren Willen und Tatendrang, den Wald und die Revolution zu verteidigen, weiterzutragen.
„Die HPG würdigen Elefteria Hambi als wertvolle Genossin und internationalistische Revolutionärin, die für die Freiheit der Völker im Nordosten Syriens und in den Medya-Verteidigungsgebieten kämpfte und von dem demokratischen, ökologischen und frauenbefreienden Paradigma der apoistischen Bewegung überzeugt war. Beeindruckt von den Vorstellungen Abdullah Öcalans von einem demokratischen Sozialismus und dem mutigen Kampf gegen den IS und andere reaktionäre Kräfte sei sie nach Kurdistan gekommen: „Hevala Elefteria kämpfte mit großer Hingabe, Aufrichtigkeit und Opferbereitschaft und war eine Quelle der Kraft und Moral für ihre Weggefährt:innen. Sie war eine der Internationalist:innen, die den Freiheitskampf der Völker vergrößert und bereichert haben. Als ihre Genossinnen und Genossen schätzen wir uns glücklich, mit einer so wertvollen internationalistischen Revolutionärin und Frau, die sich innerlich befreit hat, gemeinsam gekämpft zu haben.“
Der Familie von Elefteria Hambi, den demokratischen Menschen in Deutschland, die sich für die Freiheit des kurdischen Volkes und aller anderen Völker einsetzen, sowie dem Volk Kurdistans sprechen die HPG ihr Mitgefühl aus. “
„Die HPG weisen in ihrem Nachruf darauf hin, dass die PKK seit ihrer Entstehung einen internationalistischen und universellen Ansatz verfolgt und Menschen aus vielen verschiedenen Ländern am Freiheitskampf in Kurdistan teilnehmen. Eine dieser internationalistischen Militanten sei Elefteria gewesen. Nach HPG-Angaben kam sie in Memmingen zur Welt und wuchs unter den Bedingungen des herrschenden Kapitalismus auf: „Das hinderte Hevala Elefteria jedoch nicht daran, das Leben und dieses System zu hinterfragen. Sie überwand den grenzenlosen Individualismus und Egoismus sowie die falsche Vorstellung von Freiheit, mit denen die Gesellschaft im Kapitalismus zerstört wird. Stattdessen machte sie sich auf die Suche nach einem neuen und richtigen Leben. Als junger Frau wurde ihr bewusst, dass Frauen innerhalb des Systems zur Ware gemacht werden. Sie intensivierte ihre Suche und recherchierte zu alternativen Lebensformen. Dabei verfolgte sie linke Strömungen und nahm neben ihren Recherchen an Aktionen gegen das System teil, um auch in der Praxis zu lernen. Während sie Physik studierte, wurde sie politisch immer aktiver.“
Elefteria war in dieser Zeit in der Ökologiebewegung aktiv, schreiben die HPG: „Sie führte eine ganzheitlichen Kampf auf verschiedenen Gebieten. Obwohl sie mehrfach festgenommen wurde, machte sie keine Kompromisse in ihrem Widerstand und setzte ihren Kampf entschlossen fort. Das kurdische Volk lernte sie bereits als Kind durch die Menschen kennen, die Kurdistan aufgrund der Repression und Unterdrückung durch den türkischen Kolonialstaat verlassen mussten und zu Flüchtlingen wurden. Sie verfolgte den mit starkem Willen und Enthusiasmus an vielen Orten auf der Welt geführten Kampf des kurdischen Volkes mit großem Interesse und begann, sich mit den Gedanken von Rêber Apo [Abdullah Öcalan] zu beschäftigen.“
In den Schriften von Öcalan habe Elefteria Antworten auf viele ihrer Fragen gefunden. Vor allem die Frauenbefreiungsideologie und die von Frauen angeführte Revolution in Rojava beeindruckten sie, so die HPG. Um Rojava gegen den IS und die türkischen Angriffe zu verteidigen, reiste sie schließlich nach Nordsyrien: „Hevala Elefteria hielt sich eine Zeitlang in Rojava auf und wurde eine derjenigen, die das aus der Revolution hervorgegangene neue Leben erschufen. Darüber war sie sehr glücklich. Sie kehrte Europa als Zentrum eines falschen Freiheitsverständnisses mit seinen angeblich guten Lebensbedingungen und den Nationalstaaten, dem Individualismus und Egoismus den Rücken zu und ging nach Kurdistan, um sich den Reihen der Revolution anzuschließen.“ Die HPG heben hervor, dass viele Menschen für ein Leben in Europa lebensgefährliche Fluchtrouten in Kauf nehmen. Elefteria habe die ihr vom System in Europa angebotenen Möglichkeiten abgelehnt und sich für den Kampf in Kurdistan im Herzen des Nahen Ostens entschieden.
Elefteria Hambi beteiligte sich zunächst am Kampf in Rojava und trat anschließend der Freiheitsguerilla Kurdistans bei, die sie als Zentrum des Widerstands betrachtete. Sie nahm den Namen von Elefteria Fortulaki an, die am 27. März 2006 bei einer Protestaktion gegen das internationale Komplott und die Gefangennahme von Abdullah Öcalan gefallen ist. In das Guerillaleben trat sie mit dem Bewusstsein ein, dass in dieser ihr noch unbekannten Gegend die ersten Revolutionen der Menschheit stattgefunden haben. „Sie wurde eins mit der reichen Natur Kurdistans und fand auf ihrem Weg über die Bergpfade zu sich selbst“, schreiben die HPG. Der genossenschaftliche Umgang und das kollektive Leben in den Bergen hinterließen einen prägenden Eindruck bei ihr und sie nahm vorbehaltlos daran teil.
Nach einem ideologischen und militärischen Bildungsprogramm kam Elefteria Hambi nach Gare. „Sie lernte schnell und setzte das Erlernte in die Praxis um. Hevala Elefteria fiel durch ihren selbstlosen Einsatz auf und ihre Fröhlichkeit und Lebendigkeit gab ihren Genossinnen und Genossen Kraft. Mit ihrem Kampf ließ sie die im Widerstand gegen Besatzer und Kolonialisten von Frauen wie Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, den Mirabal-Schwestern, Zarife, Besê, Azime, Viyan, Sara, Delal Amed und Leyla Sorxwîn erschaffenen Werte weiterleben. Sie vermochte es, dem Erbe dieser Frauen, die ihre Gesichter gegen das in der Gesellschaft verankerte patriarchale Denken der Freiheit zuwandten, gerecht zu werden.“
Elefteria sei eine Vertreterin aller Unterdrückten und der „Jin Jiyan Azadî“-Philosophie gewesen, erklären die HPG. Sie habe die ursprünglichen Werte ihrer eigenen Herkunft bewahrt und sich gleichzeitig sehr für andere Kulturen und Sprachen interessiert: „Außer ihrer Muttersprache Deutsch sprach sie Englisch, Französisch und Italienisch. In den Bergen Kurdistans lernte sie schnell Kurdisch und baute enge Beziehungen zu ihren Weggefährt:innen auf.“
Die HPG erinnern an andere in Kurdistan gefallene Internationalist:innen wie Ronahî (Andrea Wolf), Nûdem (Uta Schneiderbanger) und würdigen Elefterias Kampf in der PKK als „größte und bedeutungsvolle Antwort auf die Politik des kapitalistischen Systems, die Völker gegeneinander aufzuhetzen und kämpfen zu lassen“. Als Militante der Verbände Freier Frauen (YJA Star) habe sie die Fähigkeit bewiesen, auftretende Probleme zu bewältigen und in schwierigen Situationen Lösungen zu finden. „Das Kampferbe, dass Hevala Elefteria uns hinterlassen hat, wird unseren weiteren Weg erhellen und mit dem Sieg gekrönt werden“, so die HPG.“
Hier berichtet sie selbst vom Kampf gegen den selbsternannten Islamischen Staat („Daesh“):
„Die deutsche Internationalistin Elefterya Hambi nimmt als Teil einer Einheit von YPJ-International am Kampf zur Zerschlagung der Territorialherrschaft des IS in der Provinz Deir ez-Zor in Ostsyrien teil. Die Aktivistin aus dem Widerstand vom Hambacher Forst berichtet von der Front. Auf dem Video zeigt sie den Frontabschnitt und erklärt: „Dort hinten ist der IS, die Banden, wir kämpfen hier, um sie zu vertreiben und dafür zu sorgen, dass die Zivilbevölkerung zurückkehren kann. Es geht darum, diesen Ort, Rojava und Nordsyrien vom IS zu befreien, die Revolution fortzusetzen und die Bevölkerung zu befreien, so dass sie ein neues Leben aufbauen kann“.“
Hier spricht sie über ihre Beweggründe, warum sie sich entschlossen hat, in Rojava am Aufbau eines neuen Gesellschaftsmodells mitzuwirken:
„Den Nom de Guerre Elefterya anzunehmen, sei die Idee der Frauenverteidigungseinheiten gewesen. „Ich weiß es sehr zu schätzen, da Elefterya Freiheit bedeutet. Mein Nachname Hambi symbolisiert daneben den Ort des Kampfes, den ich zu Hause geführt habe”, sagt die deutsche Internationalistin Elefterya aus dem Hambacher Forst. In einem Interview mit Welat Deniz von der Nachrichtenagentur ETHA spricht die YPJ-Kämpferin über ihre Beweggründe, warum sie sich den Frauenverteidigungseinheiten angeschlossen hat und ihren Wunsch, in Rojava am Aufbau einer neuen Gesellschaft mitzuwirken.
Die Möglichkeit, sich am Aufbau des neuen Gesellschaftsmodells in Nordsyrien zu beteiligen, ist für viele Internationalist*innen eine Motivation. Viele von ihnen haben einen anarchistischen, linksradikalen Hintergrund und betrachten das Modell einer demokratischen, ökologischen und geschlechterbefreiten Gesellschaft als revolutionär. Die Umsetzung des Demokratischen Konföderalismus fasziniert sie, da dieses neue Paradigma auf die Autonomie der Gesellschaft abzielt. Es ist also nicht der Staat, der die Gesellschaft verwaltet, sondern die Gesellschaft, die sich selbst bestimmt. Somit stellt diese Idee den positiven Gegenentwurf zu der kapitalistischen Gesellschaft dar.
‚Selbstorganisierung der Frauen faszinierend’
Auch Elefterya habe das neue Gesellschaftssystem fasziniert: „Als ich hierher kam sah ich, wie stark der Kampf der Frauen ist. Die Menschen hier haben verstanden, wie man gegen das patriarchalische System ankämpft, von dem die gesamte Welt geprägt ist. Die Idee, die der Selbstorganisierung der Frauen zugrunde liegt, und die Umstände, wie sie zusammen kamen, gefiel mir. All das erinnert mich an meinen anarchistischen Hintergrund. Natürlich wollte ich hierher kommen und sehen, wie sie ihre Ideen umsetzen.”
In den selbstverwalteten Gebieten in Nordsyrien werden alle Ethnien und Religionen in basisdemokratischen Räten nach ihrem Bevölkerungsanteil organisiert. Es gibt feste Quoten, somit spielen alle Bevölkerungsgruppen im politischen System eine Rolle. Frauen gelten als gleichberechtigt und insbesondere für ihre Beteiligung in den Selbstverwaltungsstrukturen ist eine 40%ige Geschlechterquote zum Maßstab erklärt worden.
‚Wir lernen, wie wir für Dinge kämpfen können, die wir lieben’
Elefterya erklärt, dass in Nordsyrien all die Dinge, die sie in Deutschland über die Revolution von Rojava in den Medien oder aus Geprächen mit anderen Leuten erfuhr, vor Ort nun viel klarer seien. Die Menschen, die sie getroffen habe, seien „voller Wärme und Hoffnung”, und ihre Entschlossenheit, frei zu sein, koste es was es wolle, mache sie besonders stark. „Ich bin sehr glücklich über meine Entscheidung, hierher gekommen zu sein, um mich an dieser Revolution zu beteiligen und von ihr zu lernen. Die Revolution von Rojava bietet uns allen die Möglichkeit zu lernen, wie wir uns organisieren, neue Strukturen aufbauen und wie wir für die Dinge kämpfen können, die wir lieben.”
Es mache sie glücklich, in Rojava zu sein und Seite an Seite mit den Menschen für die Idee der Revolution zu kämpfen. Trotzdem gäbe es Probleme. Die Bevölkerung müsse weiterhin Widerstand leisten, da das faschistische Regime in Ankara die Errungenschaften von Rojava an sich reißen und die Revolution zerschlagen wolle. Es ginge nicht nur um die Regionen in Nordsyrien, die die Türkei für sich beansprucht; Ankara fürchte sich vor einer Revolution der Kurdinnen und Kurden im eigenen Land. Doch die Idee einer Revolution in Rojava flöße nicht nur der Türkei, sondern der gesamten westlichen Welt Angst ein, da in Nordsyrien ein echter Befreiungskampf geführt werde. „Es geht um den Kampf für eine Welt, die sie nicht wollen. Sie fürchten sich vor unserem Glauben daran, dass wir uns selbst befreien können. Was würde passieren, wenn es alle Menschen auf der Welt verstehen würden? Sie würden sich erheben und mit dem Aufbau einer neuen Welt beginnen. Ich kann verstehen, dass einige mächtig Angst davor haben, denn hier funktioniert die neue Welt”.“