Ein paar Worte zu der Debatte um Mühlrose/Miłoraz, die von Unkenntnis der Situation vor Ort geprägt ist. Von einem, der vor Jahren mit LAUtonomia dort war.
Wer Miłoraz (so heißt Mühlrose auf sorbisch) kennt, weiß, dass die deutliche Mehrheit dort weg will. Aus guten Gründen.
Der Tagebau Nochten begann auf der einen Seite des Dorfes, bewegte sich ein Stück weg und kommt jetzt auf der anderen Seite wieder.
Nicht mehr lang, und das Dorf ist nicht nur von drei Seiten von Tagebau umgeben, die vorletzte Zufahrt wird in ca. 2 Jahren im Tagebauvorfeld liegen, sie liegt im bereits genehmigten Teil. Einige Menschen in Mühlrose leben in der ständigen Angst, eine Böschung könnte abrutschen und Häuser mitreißen. Diejenigen, die deshalb wegwollen, sollen gefälligst die Umsiedlung von der LEAG bezahlt bekommen. Eine bergrechtliche Genehmigung für das Feld unter Miłoraz ist noch nicht in Sicht. Bis dahin sind Zwangsumsiedlungen nicht möglich.
In Miłoraz müssen wir dringend trennen zwischen der freiwilligen, durch die LEAG organisierten und finanzierten Umsiedlung einerseits und Zwangsumsiedlung und Abbaggerung andererseits. Ersteres ist für viele dort wichtig, letzteres ist auch dort scheiße.
Der ideale Zeitpunkt, den Tagebau Nochten stillzulegen ist kurz nachdem die Umsiedlungsvertäge für die, die umsiedeln wollen, unterschrieben sind.
Es kann also nicht gegen die Umsiedlung an sich gehen, sondern nur gegen den Druck, den die LEAG wahrscheinlich auf diejenigen ausüben wird, die bleiben wollen.
Warum, bitte, wurde dieser Thread auf Twitter gelöscht?
Ergänzung:
Die Sorben/Wenden sind eine slawische Minderheit in der Lausitz und quasi ihre native Bevölkerung. Viele kennen Krabat, eine sorbische Sage.
In ihrem Siedlungsgebiet gibt es Sorbischunterricht an Schulen, in Budyšin (Bautzen) und Chóśebuz (Cottbus) kann eins das Abitur auf sorbisch ablegen. Im ganzen sorbischen Gebiet sind die sorbischen Sprachen Amtssprache, d.h. auf dem Rathaus und vor Gericht kann sorbisch gesprochen werden.
Das NS-Regime hat vergeblich versucht, die Sorben zu unterdrücken. In der DDR wurden dann gezielt Deutsche dort angesiedelt. Während Mitte des 20.Jhd sorbisch noch Alltagssprache war, wird es heute fast nur noch zur Traditionspflege gesprochen.
Ein sorbisches Sprichwort sagt: Nachdem Gott die Lausitz schuf, vergrub der Teufel darunter die Kohle
Und so treibt heute der Kohleabbau die Marginalisierung der Sorben weiter voran.
Das 2004 umgesiedelte Dorf Rogow (Horno) lag im sorbischen Siedlungsgebiet, Neu-Horno gehört zu Forst, das erst 2017 gegen den Willen der Stadt in das offizielle Siedlungsgebiet aufgenommen wurde.
Der Tagebau Welzow bedroht Prožym.
Für Nochten war mal geplant, über die Hälfte der Gemeinde Slepo (Schleife) abzubaggern. Slepo ist das kleinste der vier sorbischen Trachtengebiete, der hiesige Dialekt wird teilweise als dritte sorbische Sprache angesehen. Traditionen schlafen ein, weil sich das Dorf über die Kohle zerstreitet.
Seit dem Erstarken rassistischer Kräfte sind die Sorben nicht nur der Missachtung, sondern zunehmend direkten Angriffen ausgesetzt. Das Zerstören von zweisprachigen Schildern (die es eh zu wenig gibt) ist da noch harmlos.
Respekt, als Betroffener vor Ort kann ich diese vollkommen richtige Differenzierung nur bestätigen! Die Situation vor Ort passt nicht ins übliche Schwarz/Weiß-Schema zum Thema Umsiedlung.
Mit Beleidigungen, die ich durch einige wenige Einwohner des Ortes erfahren habe, glaubte ich, daß dieses Dorf entgültig aus meinem Herzen gestrichen wäre. MÜhlrose war für mich eigentlich schon unter der Erde gewesen. „Über der Kohle wohnt der Mensch“, der um Hilfe bittet und so kann ich das Dorf und einige Einwohner doch nicht aus meinem Herzen streichen. Ich weiß, daß nicht alle Menschen schlecht sind, sondern nur das zerstörte Umwelt die Menschen zu dem macht, was sie sind.
Die Bürger von Mühlrose leben seit Jahren mit den Hinterlassenschaften der Kohle. Dreck, Lärm, usw.Sie verdienen es endlich in Ruhe leben zu dürfen. Wenn wir heute darüber nachdenken ob die Umsiedlung gut und richtig ist, ist es um Jahrzehnte zu spät.
vor dreißig Jahren wäre es angebracht gewesen zu überlegen ob Braunkohlenenergie in dem Umfang wichtig ist