In den Aachner Narichten ist am 19.02.2017 der Artikel „Bei Morschenichern wächst die Angst vor den Aktivisten“ erschienen.
Am selben Tag fand die Rote Linie Aktion mit 1 200 Menschen statt, die sich gegen den Abbau und weitere Ausdehnung des Tagebau Hambach richtete. An diesem Tag kamen genauso Anwohner_innen aus Morschenich zu der Roten Linie, besuchten die Baumbesetzungen und das Wiesen Camp.
Am selben Abend kam ein Anruf, durch den wir über einen Zeitungsartikel informiert wurden, der voll gepackt ist mit halben Recherchen, ohne Darstellung einer anderen Sicht und der eher dem weiteren schüren von Ängsten gegen das Wiesen Camp dient.
Der Wahlkampf in NRW für Mai ist in vollem Gange und die derzeitige politische Landschaft zeigt, wie sie sich den Fragen der Zukunft stellt: Das Festhalten an lebensfeindlichen Technologien (wie dem Braunkohleabbau), dem Schüren von Ängsten gegen „Andere“ und dem seit Jahrzenhnten aufgebauten engen Verhältnis zur Kohle- und Atom-Mafia.
Wir haben den Artikel „Bei Morschenichern wächst die Angst vor den Aktivisten“ und den dazu erschienenen Kommentar mit veröffentlicht. In den vergangenen Jahren gab es eine Fülle an solchen veröffentlichten Artikel. Diese standen nicht nur im Bezug auf den Kampf um den Hambacher Forst, sondern auch um den Tagebau Garzweiler Raum um allgemein gegen Klimaaktive und die Klimacamps Stimmung zu machen.
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Bei Morschenichern wächst die Angst vor den Aktivisten
Anwohner fühlen sich belästigt: Lebensqualität geht den Bach runter. Schnellstmögliche Räumung des Wiesencamps gefordert.
Morschenich. Herabgelassene Rollladen, verwilderte Gärten, kaum Verkehr auf den Straßen – Morschenich stirbt langsam aus. Gut zwei Jahre nach dem Start der Umsiedlung hat laut Ortsvorsteher Michael Dohmes bereits die Hälfte der knapp 500 Einwohner den Ort verlassen, der bis 2024 den Schaufelradbaggern des Tagebaus Hambach weichen muss.
Seit die A4 verlegt und die Anschlussstelle Buir geschlossen ist, verirrt sich nur selten noch ein Fahrzeug in den kleinen Ort, von den Lastern der nahe gelegenen Kieswerke einmal abgesehen. Und das Bild wird von Woche zu Woche, von Monat zu Monat trostloser. Für die noch im Ort verbliebenen Bürger, darunter viele Ältere, eine Situation, die schon belastend genug ist. Dazu gesellt sich bei vielen aber immer öfter Angst. Angst vor den selbst ernannten Umweltaktivisten aus dem knapp einen Kilometer entfernten Wiesencamp, in dem seit Jahren auch viele Autonome gegen die Braunkohleverstromung demonstrieren. Immer wieder tauchen abends und nachts vollvermummte und zum Teil auch mit Knüppeln und anderen Gegenständen bewaffnete Gestalten im Ort auf, berichten gleich mehrere Anwohner bei einem vom CDU-Gemeindeverbandsvorsitzenden Günther Schmitz organisierten Treffen.
„Sie streunen durch den Ort und die bereits verlassenen Häuser, auf der Suche nach Baumaterial für ihre Hütten und nach Trinkwasser“, ist Dohmes überzeugt. „Das ist für die Anwohner und die im Ort untergebrachten Flüchtlinge sehr beängstigend“, betont der Ortsvorsteher. Viele haben Angst, dass früher oder später ein Aktivist im Wohnzimmer steht, weil er versehentlich in ein noch bewohntes Haus eingedrungen ist. Andere befürchten, dass über kurz oder lang auch leerstehende Häuser im Ort besetzt werden könnten, was die ohnehin bereits angespannte Situation weiter verschärfen würde.
Schon jetzt hat sich die Zahl der Einbrüche im aussterbenden Ort deutlich erhöht, aus dem Heim der Lambertus-Schützen wurden zuletzt Getränke gestohlen. Auch wenn natürlich niemand Beweise hat, dass auch dies im Zusammenhang mit dem Wiesencamp steht, liegt es für viele nahe. Auf den Friedhof traut sich mit Einbruch der Dämmerung schon jetzt kaum noch ein Morschenicher. Auch dort werden immer wieder Aktivisten gesichtet. „Und den Wald, den die Aktivisten schützen wollen, dürfen wir auch nicht mehr betreten“, berichtet Hermann Latten. Wer im Wald spazierengehen wolle, werde sofort verjagt. „Hier geht die Lebensqualität den Bach runter“, sagt Günther Schmitz, der vollstes Verständnis für die Morschenicher hat, die sich mit Blick auch auf die fast 1000 in einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU-Landtagsabgeordneten Josef Witz und Gregor Golland im September 2016 dokumentierten Straftaten vom Rechtsstaat im Stich gelassen fühlen.
Nicht nur Rudolf Pick spricht vom „rechtsfreien Raum“. Die Morschenicher fordern die verantwortlichen Politiker auf, endlich Mut zu zeigen und das Camp zu räumen. Josef Wirtz will am heutigen Montag dafür sorgen, dass sich der Innenausschuss des NRW-Landtags in seiner kommenden Sitzung am 9. März endlich mit dem Thema beschäftigt. „Wir werden den Minister auffordern, das Camp per Erlass so schnell wie möglich räumen zu lassen.“ Rechtlich sei das möglich, betont der Abgeordnete, der wie CDU-Landtagskandidatin Patricia Peill zwar auf das hohe Gut der Demonstrationsfreiheit hinweist, das aber von den Aktivisten rund um Morschenich mit Füßen getreten werde.
Kommentar von Kornblume
Vor dem Schreiben dieses Kommentars habe ich ein längeres Gespräch mit dem Verfasser des Artikels, Herrn Abels geführt und musste nach eigener kurzer Recherche feststellen, dass er …
- versäumt hat, festzustellen, welches Interesse Herr Günther Schmitz (Initiator dieses Berichtes) hat, zumal Herr Schmitz nicht in Morschenich wohnt, die angeblichen Ängste der Morschenicher aber für seine Zwecke ausnutzen möchte,
- versäumt hat, zu erwähnen, dass Herr Schmitz Angestellter bei RWE Power ist,
- versäumt hat, mit den angeblich verängstigten Flüchtlingen zu sprechen,
- versäumt hat, die besorgten Morschenicher zu fragen, ob sie überhaupt schon einmal mit den Aktivist*innen gesprochen und ihnen gegenüber ihre Ängste geäußert haben,
- versäumt hat, auch mit den unschuldig beschuldigten Aktivist*innen des Wiesencamps zu sprechen,
- versäumt hat, zu recherchieren, ob es sich bei den „vollvermummten und zum Teil mit Knüppeln bewaffneten Gestalten“ nachgewiesenermaßen um Aktivist*innen aus dem Wiesencamp handelt,
- versäumt hat, zu recherchieren, ob es sich bei den „vollvermummten und zum Teil mit Knüppeln bewaffneten Gestalten“ nicht auch um Plünderer handeln könnte, die nachweislich alle Umsiedlungsorte heimsuchen, um z.B. Kupferrohre oder andere Dinge zu stehlen, die sich zu Geld machen lassen,
- zu recherchieren, ob es sich bei den „vollvermummten und zum Teil mit Knüppeln bewaffneten Gestalten“ nicht auch um Sicherheitspersonal von RWE handeln könnte, das im Einsatz ist, um Plünderungen zu verhindern.
Einfach zu sagen, dass es naheliegend sei, dass es sich um Aktivist*innen aus dem Wiesencamp handele, weil sie angeblich aus dieser Richtung gekommen sind, das halte ich doch für mehr als dürftig.
Ich halte es hingegen für brandgefährlich und unverantwortlich, einfach davon auszugehen, dass diese Angst vor den Aktivist*innen berechtigt ist, weil die Polizei so viele Straftaten zu verzeichnen hat.
Durch diese einseitige und sehr lückenhafte Information des Schreibers werden sicherlich eher Ängste transportiert und geschürt als sachlich objektiv informiert – wie es eigentlich zu einer ordentlichen journalistischen Arbeit gehören sollte.
Die Angst der Morschenicher vor den Aktivist*innen kann so groß nicht sein, da am 19.2. Morschenicher gemeinsam mit Aktivisten aus dem Wiesencamp an der Aktion „Rote Linie“ gegen die Rodung des noch vorhandenen Hambacher Forstes demonstrierten. Während dieser vier gemeinsamen Stunden äußerten sich diese Morschenicher ausschließlich positiv über die friedliche Einstellung der Aktivisten, z.B.: „Man kann als Morschenicher ganz normal auf die besetzte Wiese gehen und wird freundlich begrüßt und eingeladen auf einen Tee oder Kaffee. Vor den Aktivisten, die dort leben braucht man keine Angst zu haben. Auch im Hambacher Wald können wir uns frei und ohne Sorgen bewegen.“
Diese hilfsbereiten Morschenicher möchten sich – im Gegensatz zur CDU-Riege – allerdings nicht auf einem Zeitungsfoto zeigen, da sie z.T. noch in Einzelverhandlungen mit RWE stehen und existentzielle Nachteile fürchten müssen. In den Entschädigungsverträgen von RWE sind Verschwiegenheitsklauseln üblich wie auch die verbindliche Forderung, dass öffentliche Anti-Kohle-Bekundungen zu unterbleiben haben.
Im Weiteren äußerten diese Morschenicher ihre Hilflosigkeit gegenüber diesem sinnlosen Raubbau an Natur, Heimat und Kultur. Fassungslos über das Prinzip der geist- und verantwortungslosen Rodung des Waldes, der Geldverschwendung für die Verlegung der A4 und die sinnlose Prinzipienreiterei auf einst genehmigten Privilegien für RWE standen am 19.2. Morschenicher und Bewohner des Wiesencamps gemeinsam mit weit über 1.000 weiteren Kritikern fassungslos vor dem Kahlschlag des Hambacher Forstes gegenüber.
Anstatt den Versuch zu unternehmen, die friedlichen Bewohner des Wiesencamps zu diffamieren und zu vertreiben, muss die Forderung lauten, dass die von RWE vollzogene Vernichtung wertvollen Waldes, das Ausradieren von Heimat und Ortschaften durch RWE und die durch RWE verursachte (und ungestrafte) tonnenweise Emission von Blei, Quecksilber und anderen Giftstoffen in die Luft sofort gestoppt wird.
Zum Artikel: http://www.aachener-nachrichten.de/
Weitere Artikel die zum Thema passen:
Braunkohle-Folgekosten: Eklat im Landtag
„Diener zweier Herren“? NRW-Landtagsabgeordneten Gregor Golland. 90.000 Euro von RWE.
Artikel zur Roten Linie am 19.02.
„Rote Linien“ Menschenkette stellt sich gegen Rodung des Hambacher Forst
Aachner Narichten: 1200 protestieren: Hambacher Wald ist noch zu retten.
Artikel im Vorfeld der Aktion. Aachner Narichten: Hambacher Forst massive Proteste im rheinischen Revier.
„Ritt durchs Strafrecht!“
Falsche Verdächtigung (§ 164 StGB): „Wer einen anderen öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat bezichtigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Vortäuschen einer Straftat (§ 145 d StGB): „Wer wider besseres Wissen einer Behörde oder einer zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Stelle über den Beteiligten an einer rechtswidrigen Tat zu täuschen sucht, wird bestraft“.
Anmerkung: Zur Entgegennahme von Anzeigen zuständige Stellen sind insbesondere Staatsanwaltschaften und Polizeidienststellen.
Beleidigung (§ 185 StGB): „Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft.“
Üble Nachrede (§ 186 StGB): „Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn diese Tatsache nicht erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft.“
Verleumdung (§ 187 StGB): „Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn die Tat öffentlich begangen worden ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“.
Merke: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!
26.02.2017
Kurt Claßen
Spätestens bei der Aussage, dass die Leute nicht mehr im Wald spazieren gehen dürften, musste ich dann doch lachen.
Sind ja wohl eher die Secus, die Leute aus dem Wald jagen, als wir.