Guten Morgen! Aufgewacht! Was war denn das für ne beschissne Nacht?! Zum Glück erinner ich mich nicht mehr an die Nachtmahre, sie drehen sich seit meiner letzten Zeit die ich hier im Forst verlebt habe viel ums „gejagt werden“, „gewaltanwendende Bullen“ und „Alarmsituationen“, sie enden meist damit das mein Körper in frühen morgen Stunden hochschreckt und nicht mehr zur Ruhe kommen will.
Ich stehe also auf und schlendere Richtung (alte)Campküche und bewundere wie sich die Wiesenbesetzung in den Jahren gewandelt hat. Sie ist gewachsen und das in vielerlei Hinsicht.
Die Sonne ist gerade am Aufgehen, das Gras noch feucht vom Tau und die Vögel heißen einen neuen Frühlingstag willkommen. In der Küche treffe ich ein paar andere Frühaufsteher und der erste Kaffee ist auch schon fertig. Gemeinsam machen wir uns daran Frühstück vorzubereiten und bald schmoren Zwiebeln für einen Aufstrich in der Pfanne und Obst wird dem Haferbrei beigemengt. Es wird ein richtiges kleines Büffett und keine von uns weiss so recht wie viele wir denn so im Moment sind – das Essen sollte wohl für 30- 40 Menschen reichen.
Beim frühstücken in der Sonne werden wir auf das anstehende TODO Treffen angesprochen & nach & nach trudeln mehr & mehr Menschen im Rundhaus ein. Punkte werden gesammelt, Verantwortlichkeiten übernommen – ein bewährtes Konzept der vergangenen Jahre, denn so bleiben Aufgaben nicht an den stets gleichen Leuten kleben und mit der Struktur der Besetzung noch nicht so Vertraute können leichter teilhaben & wir rufen uns mal wieder ins Gedächtnis was so alles notwendig ist um ein gutes Leben auf der Wiese zu führen.
Nach einem Waldspaziergang durch die so vertrauten (& zum Glück wieder verbarrikadierten) noch lebenden Teile des Waldes mit all den kleinen Dingen die so viele Erinnerungen an gute wilde Zeiten, an Siege, Niederlagen, Verzweiflung, Wut & mehr als nur klammheimliche Freude wachgerufen haben, beteilige ich mich am Grav Maga Training und fordere die Grenzen meines Körpers heraus. Wir lernen uns aus Griffen zu befreien, nicht lang zu zaudern sondern zum Gegenschlag überzugehen, sicher zu stehen & auf unsere Deckung zu achten.
In der WAA haben wir die Dinge geschweisst die im Alltag im Forst so nötig sind, verschlüsselte Kommunikation eingerichtet, uns über StreetArt Methoden ausgetauscht und das Küchenkollektiv gab ihr Wissen übers Kochen für viele Menschen zum besten.
Es ist ein reges Treiben im Camp, die nächste Mahlzeit wird vorbereitet, an einer neuen rattensicheren Küche gebaut, Hochbeete im Gewächshaus angelegt, aufgeräumt, jongliert, gespült, musiziert, kleinere & größere Gruppen von Menschen sitzen verstreut und tauschen sich aus. Immer wieder ziehen Leute in den Wald, sie nehmen Werkzeug & Baumaterialien, Wasser & Verpflegung für die Compas an den Barrikaden mit. Es werden Kräuter gesammelt, Klettern gelernt, Holz gesammelt. Auf den Wegen im Wald kommen uns immer wieder Aktivisti entgegen und neu gelernte Knoten werden beim bauen von hängenden Barrikaden erprobt, und ein paar Festkettvorrichtungen gebaut.
Das Frühjahrs Skill Share bringt frischen Wind nach den Entbehrungen & Anstrengungen der winterlichen Rodungssaison.
Wir tauschen uns aus über Vorgehensweisen, wie wir mit erlebter Gewalt umgehen, zeigen uns Wege wie wir uns gegenseitig unterstützen können. Schreiben Briefe an gefangene Gefährt_innen, haben unseren Spaß bei Feuertanz und Clownerie.
Die wohl tiefsten Punkte erreichte ich als wir die Überreste der durch die Bullen kurz zuvor zerstörten Hütten aufräumten. Die meisten der Planen haben sie zerschnitten, Glas zertrümmert & auf Decken und Polster gepinkelt.
Es ist ziemlich erniedrigend sich so ein Stück aus dem Wald wieder zurückzuziehen vor ihrer Macht der Zerstörung. So manches Brauchbares fanden wir noch in den Trümmern, etwas Werzeug, einen Ofen, Seil, Schnur, Planen die nun weiter gestückelt recycelt werden, Kochgeschirr & wohl sehr zum Ärgerniss der Securitys ein paar faule Eier.
Die ständige Präsenz der Bullen außenrum, die kreisenden Hubschrauber & die patroulierenden Securitys verloren ihren Schrecken beim ihnen Grimassenschneiden – wohl keine dauerhafte Lösung gegen diese bewaffnete Bande, aber sich selbst ständig ohnmächtig fühlen führt nur zu noch mehr Verzweiflung. Und für mich, nicht mehr alltäglich mit ihnen in solchem Ausmaß konfrontiert, war es für diese 10 Tage eine gute Strategie mir nicht noch mehr Angststörungen einzufangen.
Rückblickend hat mir das Camp viel Kraft & neues Wissen an die Hand gegeben. Das Transnationale Zusammentreffen Aktiver hat die Vereinzelung aufgebrochen & neue Perspektiven aufgezeigt. Der Umgang untereinander war meist respekt- und rücksichtsvoll. Viele liebe Menschen traf ich wieder & lernte neue lieben.
Auf ein widerständiges Jahr 2016!
Ps: Liebe Grüße an Monica & Francisco, Marco Camenisch, Thomas Meyer-Falk & all die anderen Companer@s mit denen wir gern die Zeit verbracht hätten, die aber gezwungen sind in den Gefängnissen dieses Molochs zu überleben! Ihre Mauern halten nicht ewig & die Zukunft ist noch ungeschrieben!
danke für diesen schönen einblick in das aktuelle wiesenleben!
ich wär auch gern da gewesen, beim camp, konnte aber leider nicht, und da hab ich mich grad‘ sehr gefreut, solch schöne worte zu deiner zeit dort lesen zu können! 🙂
ich freu mich drauf, demnächst die neue küche, die beete und die neuen barrikaden zu bewundern!
Und yeeeaaah, Huba ist freiii :)))