Es ist soweit. Die RWE-Aktie stürzt seit Mitte August ab, es gab öffentliche Warnungen und früher oder später musste es Rufe nach Beihilfen geben: CDU-Vize in NRW Armin Laschet bringt Debatte um Aufkauf von RWE ins Rollen. Die Aktie kostet noch stolze 9,20 €. Also jetzt günstige und solide Wertanlage sichern!
„Es gibt aus meiner Sicht eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, gemeinsam mit dem Unternehmen die Bewältigung der Vergangenheitslasten aus vielen Jahrzehnten zuverlässiger Kernkraft- und Braunkohlestrom-Lieferung zu organisieren“, sagte Laschet der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ (Dienstagsausgabe). Es sei keine vorausschauende Politik, „RWE das Geschäftsmodell wegzunehmen und den ganzen Konzern vor die Wand zu fahren“. „Nordrhein-Westfalen als Energieland Nummer eins darf es nicht egal sein, wenn ein solch großer Akteur und Arbeitgeber wie RWE in die Knie geht“, sagte Laschet.(derwesten focus börsennews aktiencheck)
Die bewusst verschlafene Energiewende, also die Entscheidung, Milliardengewinne über Jahre nicht in Erneuerbare zu investieren, soll laut Laschet nun von der Allgemeinheit getragen werden, um Millionenverluste in Haushalten von Kommunnen auszugleichen, die es ebenfalls „versäumt“ haben, ihre Geldanlage etwas solider als mit RWE-Aktien aufzustellen. So fürchtet Guntram Pehlke eine Abschreibung von 33 Millionen und er wirft Peter Terium (RWE-CEO) vor, das Image nicht genug in der Öffentlichkeit zu polieren. RWE sei immerhin profitabel genug, um eine Dividende von 1€ auszuschütten. 2013 waren es noch 2€, doch spätestens seit 2014 ist RWE im „Krisenmodus„. Seit längerem ist bekannt, dass mehrere Kraftwerke wegen schwacher Auslastung abgeschaltet werden sollen. Zuletzt hatte Gabriel dies propagiert. Das wäre doch ein Schritt in die richtige Richtung. Die seit 2011 anhaltende Debatte wird so schnell nicht abreißen. Abgesehen davon gibt es nicht viele Gründe, die RWE zu einem attraktiven Konzern machen – abgesehen für geschmierte Mitarbeiter und Subunternehmer. Die teuren Werbekampagnen strotzen seit Jahren von Lügen, wie bei diesem sehenswerten Spot. Das Image der Dreckschleuder RWE ist schlecht. So schlecht, dass sich junge Mitarbeiter*innen von RWE/Essent dafür schämen. Vielleicht zu recht.
»Man kann den Hintern schminken wie man will, es wird kein ordentliches Gesicht daraus.«, Kurt Tucholsky
Währenddessen läuft die Debatte um die Zusammenarbeit von Polizei und RWE bei der „Ende Gelände“-Aktion weiter (für Herrn Meisen erstaunlich ausgewogen). Zur Sprache kommt sowohl die vorbildliche Arbeit der Polizei, als auch die „die Brutalität des Einsatzes von Schlagstöcken und Pfefferspray“. Laut Landtags-SPD-RWE-Beobachter van den Berg (Vorstander der RWE-Lobby unser-revier-unsere-zukunft.de), war die Polizei „Geduldig und umsichtig“. Beides schließt sich bekannttlich nicht aus. Guido ist kein Gegner der Braunkohle. Auf seiner Webseite heißt es:
„Polizei schützt Demonstrationsrecht aber auch Rechte Dritter“, erklärte Guido van den Berg und betonte: „Wer daraus ableitet, die Polizei sei ‚Prügler‘ oder ‚Einkerkerer‘ für oder gegen Klimawandel, hat von Polizeiarbeit keine Ahnung“. Er erinnerte daran, dass Aktivisten vom „Klimacamp“ am 23.August 2013 auch die Parteizentrale von Bündnis 90 / Die Grünen in Düsseldorf besetzt hatten und die Partei nach Stunden die Polizei um Hilfe bitten musste, um ihr Hausrecht durchzusetzen. Auch hier wurden Anzeigen nach §123 StGB wegen Hausfriedensbruch gestellt. Das Recht gelte hier für alle gleich. […]
„Es war klar, dass sich Menschen hier wissentlich und unwissentlich in Gefahr bringen. In Tagebauen können Menschen verschüttet werden oder an Überhängen abstürzen. Alle hatten Sorgen zerfetzte Menschen in schnell drehenden Bandanlagen zu haben. Höhenrettungen an 90 Meter hohen Baggern bringen Aktivisten und Retter in Lebensgefahr. In Tagebauen laufen Starkstromleitungen von 30.000 Volt und vieles mehr“ […]
Wirklich schwierig sei die These, dass die Straftaten vielleicht nicht legal – aber dennoch legitim sein könnten. „Ein vermeintlich guter Zweck heiligt im Rechtsstaat keineswegs Mittel jenseits des Gesetzes“, so Guido van den Berg.
So geht es weiter mit Kritik an „einem öffentlich rechtlichen Sender“ und im gleichen Artikel kommt noch Polizei zu Wort. Es wird also deutlich, dass eine relativ einheitliche Meinung von RWE und Polizei vertreten wird.
Inwiefern die Zerstörung von RWE-Eigentum in den Bereich des rechtfertigenden Notstands fällt, ist eine juristische Abwägung. Sofern alle parlamentarischen Mittel ausgeschöpft wurden, ist dies immerhin eine mögliche Argumentation hinsichtlich der millionenschweren gesundheitlichen Folgen für alle Menschen in der Region, sowie angesichts des Klimawandels auch weltweit. Jedoch ist es unrealistisch, dies mit demokratischen Mitteln gegenüber einem über Jahrzehnte etablierten Filz von Konzern, Abgeordneten, Richtern, Polizei und Medien durchzusetzen. Hier sitzen Legislative, Exekutive, Judikative und die sogenannte vierte unabhängige (schönen Gruß an KStA-Dumont) Macht an einem Tisch. Gut, dass es da noch couragierte Journalist*innen wie Jürgen Döschner beim WDR gibt, der es „wagte“ zusammen mit anderen Journalisten die harte Repression zu kritisieren. Trotz einem mehrtägigen Shitstorm von RWE-Mitarbeitern zeigte er Verständnis und Empathie mit den Kumpeln der Region.
Die Debatte um den „EndeGelände“-Einsatz im NRW wird weitergehen. Am 1. Oktober geht es im Landtag um die Leitentscheidung zum rheinischen Revier.
Dank der Piraten wird dieser ab kommendem Jahr übrigens nicht mehr von RWE mit Strom beliefert. Manchmal gibt es auch gute Momente.
Abschließend noch ein Wort in Richtung Rettungsfraktion: Wenn ihr RWE retten wollt, kauft Aktien – die sind grad günstig.