Einblicke nach Oben!

Immer wieder werden Aufzeichnungen, Ausschnitte aus Tagebüchern oder was sonst so geht auf diesem Blog veröffentlicht. Sie ermöglichen einen Einblick in das Leben in den Baumhäusern des Hambacher Waldes.

We are nature defending itself

03.11.2016 Hambacher Forst / Aquarium Obwohl die Rodungsarbeiten schon vor ein paar Wochen angefangen haben, war es mir in der Zeit kaum so präsent wie heute. Das liegt vermutlich daran, dass das Geräusch der Maschinen heute näher an mein Ohr dringt. Ich schätze, dass heute der Grünstreifen der alten Autobahn auf der Höhe von Beechtown dem Erdboden gleichgemacht wird.

Vom Fenster aus sehe ich allerdings keine Maschinen. Nur die herbstliche Idylle des Waldes. Die prächtigen Orangetöne, die golden erscheinen, wenn die Sonne darauf scheint. Die Eichen, deren Farbenpracht von grün nach braun wechselt und die Buchen, deren Blätter gelb herunterfallen. Ich möchte mich von der Schönheit dieses Anblicks verzaubern lassen, doch diese alles durchdringenden Geräusche zerstören jede Idylle, jede Schönheit im wahrsten Sinne… und mir wird anders zumute. Ich kann hören ob die Maschine gerade einen dickeren Stamm oder dünneres aber dichtes Gestrüpp bzw. eine am Boden liegende Baumkrone zerhackt. Es hört sich unterschiedlich an.

Am Wochenende wurde nicht gerodet und das nutzten wir für einen kleinen Spaziergang in dem Teil des Waldes wo letzte Woche gerodet wurde. Für mich war das das erste Mal, dass ich die frischen Spuren der Zerstörung sah.
Als ich so in Gedanken bin, merke ich wie das Motorengeräusch leiser wird und schließlich ganz aussetzt. Ich atme durch und bin froh und auch etwas erleichtert wieder Vögel hören zu können. Trotzdem bleibe ich leicht angespannt aber ich hoffe, das war’s für heute erst mal.

Nach ein paar Minuten der Stille – wobei es nie ganz still ist, da man den Tagebau in einiger Entfernung immer hören kann – habe ich das Gefühl, dass auch die Bäume vor mir entspannter wirken. Der Wind weht durch die Blätter und die Sonne zeigt sich nun noch intensiver. Ich kann die Aussicht nun wieder etwas mehr genießen. Trotzdem behalte ich im Bewusstsein was hier passiert und warum ich hier bin. Und der Ausblick aus dem Fenster in knapp 20 m Höhe gibt mir Kraft. Ich fühle eine starke Anziehung zu den Farben, als seien sie ein Teil von mir.
WE ARE NATURE DEFENDING ITSELF
Den ganzen Tag über konnte ich mehrmals beobachten wie Menschen, die an den Rodungsarbeiten teilhaben, gut erkennbar durch grell-gelbe Warnwesten und mit Hunden an der Leine durch Beechtown liefen. Ich fragte mich was sie dort machten und ob sie mich sehen konnten. Sie liefen herum und schauten sich das Gelände an.

Nach einem kurzen Mittagsschlaf geben die Maschinen wieder Gas. Mitmenschen aus dem Camp kommen vorbei, um mir Proviant zu bringen. Ich esse etwas Obst und Gemüse und mache es mir wieder gemütlich. Ich versuche mich nicht so sehr auf die Motorengeräusche zu konzentrieren. Lesen, Schreiben oder Musik machen hilft vielleicht…

Weiteres Interessantes:

Texte aus dem Hambacher Forst / Einblick nach Oben!
Unterstützung einer Baumbesetzung. Aber wie?
Kampagne gegen die Rodung 2016/ 2017

Info und Fotos.

Aquarium ist das kleinere und jüngere der beiden Baumhäuser in Beechtown.

Weitere Bilder unter hambacherforst.blogsport.de/category/fotos/

Schreibe einen Kommentar