Widerstand bleibt nötig :)

Am 31.1. gab es einen Prozess in Kerpen. Dass die Person von keine*r der vier geladenen Zeug*innen identifiziert wurde, hielt den Richter (Witzel) nicht davon ab,  zu einem Urteil von 50×10 Euro zu kommen, das gleiche Urteil, was er auch im Strafbefehl bereits festgestellt hatte.

Ein ausführlicherer Bericht wird in der nächsten Zeit auf der Seite des ABC veröffentlicht.

Wir veröffentlichen im folgendem die Schlussworte der angeklagten Person:

Während wir hier sitzen, sterben Menschen.

Während wir hier sitzen, sterben Menschen.

Während hier im Gewand einer Bürokratie Gerechtigkeit gesprochen wird, ertrinken Menschen im Mittelmeer,
beim Versuch das Europa zu erreichen, dass durch historische und modeene Kolonialisierung die Kriege & Nöte verursacht hat, vor denen Menschen nun versuchen zu entkommen, auf der Suche nach einem besseren Leben.

Während wir hier sitzen, werden in Kolumbien Menschen von ihrem Land vertrieben, um die Steinkohle zu fördern, die in Datteln 4 verbrannt, die Geräte betreiben wird, die uns Unterhaltung vorspielen, uns in Wirklichkeit aber nur von einander entfremden und uns handhabarer Machen.

Während wir hier sitzen und die Normalität so grau erdrückt, wie das farbe des Fußbodens dieses Zimmers, werden in der Mongolei die Seltenen Erden abgebaut und raffiniert, aus denen hier die E-Autos gebaut werden, um Menschen hier ein grünes Gewissen zu ermöglichen. Der feine giftige Staub legt sich über alles in Baiyun, der Hauptstadt des Abbau, ist die durchschnittliche Lebensdauer der Arbeiter*innen auf 40 Jahre gesunken. Mit dem Staub kommt schnell der Krebs.

Während wir immer noch hier sitzen, springt ein Fabrikarbeiter in China von dem Dach, eines Lebens müde, dass seit Jahren nur noch aus den selben zwei Handbewegungen besteht. Xu Lizhi, hinterlässt uns Gedichte, von denen ich eins vortragen mag:

„A Screw Fell to the Ground“

A screw fell to the ground
In this dark night of overtime
Plunging vertically, lightly clinking
It won’t attract anyone’s attention

Just like last time
On a night like this
When someone plunged to the ground

Xu Lizhi, 9 January 2014

Während wir hier sitzen führt die Türkei weiterhin ihren völkerechtswidrigen Angriffskrieg auf die Menschen in Nordostsyrien, die sich zusammengetan haben, sich selbst organisiert haben, um ein Zukunft aufzubauen, um eine Demokratie aufzubauen, die zur Abwechslung einmal des Wortes wert ist.

Überall auf dieser Welt wird Gewalt ausgeübt, Gewalt gegen Alle, die laut oder leise „Nein“ sagen, die in Respekt mit dem Land leben, die sich nicht bereit sind einzugliedern, in die Ausbeutung und den Konkurenzkampf, Gewalt gegen Tiere und andere Wesen, deren Stimmen wir nicht hören wollen, werden Millionen von Tonnen CO2 ausgestoßen, Böden mit Fabrikabfällen verseucht, 17,5 Arten sind seit beginn des Prozesses ausgestorben, alles damit hier in Europa wir so tuen können als wäre alles normal, als wäre es normal für Straßen und Tagebauten die letzten Wälder zu roden, als wäre es normal, dass für unser Bananen andere an den krebserregenden Pestiziden sterben.

Rosa Luxemburg schreibt dazu:

„Die kapitalistische Produktion ist von Anbeginn in ihren Bewegungsformen und -gesetzen auf die gesamte Erde als Schatzkammer der Produktivkräfte berechnet. In seinem Drange nach Aneignung der Produktivkräfte zu Zwecken der Ausbeutung durchstöbert das Kapital die ganze Welt, verschafft sich Produktionsmittel aus allen Winkeln der Erde, erraubt oder erwirbt sie von allen Kulturstufen und Gesellschaftsformen. Die Frage nach den sachlichen Elementen der Kapitalakkumulation, weit entfernt, durch die sachliche Gestalt des kapitalistisch produzierten Mehrwerts bereits gelöst zu sein, verwandelt sich vielmehr in eine ganz andere Frage: Zur produktiven Verwendung des realisierten Mehrwerts ist erforderlich, daß das Kapital fortschreitend immer mehr den gesamten Erdball zur Verfügung hat, um in seinen Produktionsmitteln quantitativ und qualitativ unumschränkte Auswahl zu haben.

Plötzliche Inangriffnahme neuer Rohstoffgebiete in unumschränktem Maße, sowohl um allen eventuellen Wechselfällen und Unterbrechungen in der Zufuhr der Rohstoffe aus alten Quellen wie allen plötzlichen Erweiterungen des gesellschaftlichen Bedarfs gewachsen zu sein, ist eine der unumgänglichsten Vorbedingungen des Akkumulationsprozesses in seiner Elastizität und Sprunghaftigkeit. […] Die wirtschaftliche Basis dieser Rohstofferzeugung sind die vom europäischen Kapital praktizierten Ausbeutungssysteme in den afrikanischen Kolonien sowie in Amerika, die verschiedene Kombinationen von Sklaverei und Fronverhältnis darstellen.“

(Rosa Luxemburg, die Akkumulation des Kapitals, Kapitel 26)

Während dieser schwer greifbarer Sturm von Ungerechtigkeit die Welt erfasst hat, sitzen wir hier zu Gericht, und reden über einen konstruierten Gewaltbegriff, Gewalt die ich ausgeübt haben soll. Wenn hier von Gewalt oder Gerechtigkeit geredet wird, dann sind es nur noch leere Worthüllen, wie sie auch so oft als den Mündern der Politiker*innen fallen, die uns repräsentieren sollen, Worte die ihrer nichts mehr mit ihrer ursprüunglichen Bedeutung zu tun haben, und nur einen faden Geschmack auslösen, der uns wage daran erinnert: Das war doch noch mehr?

Ja, da war noch mehr! Ja, da war noch mehr, denn Freiheit, bedeutet nicht die Wahl zwischen sieben Sorten Cola, einem komplett möbliertem Lebem und unzählbaren potentiellen Partner*innen in der Dating App. Und Gerechtigkeit besteht nicht darin Konzerninteressen durchzusetzen, die zum Tod unzähliger Menschen führen wird.

Was bedeutet Freiheit und Gerechtigkeit dann? Ich glaub nicht, dass ich diese Werte hier in diesen Räumen greifen könnte oder sie erklären könnte. Aber während wir hier sitzen, wird nicht nur ausgebeutet, sonder es regt sich auch der Widerstand.

Während wir hier sitzen, kämpfen Indigene in Mesoamerika gegen Landraub, widersetzen sich, und bauen Gemeinschaften auf, die auf 500 Jahre Widerstand gegen die Kolonialisierung zurückblicken können. Während wir hier sitzen bauen Kurd*innen zusammen mit ihren Arabischen und ihren Christlichen Nachbar*innen ungeachtet von allen Angriffen eine praktische Alternative auf, für ein Zusammenleben in Würde & in Achtung der Natur auf. Wer wirklich verstehen will, was Freiheit und Gerechtigkeit bedeutet, möge zu ihnen schauen, zu den Menschen, die auf der ganzen Welt aufstehen und aufrecht gehen und sagen „Ya Basta“, es reicht.

All die Uniformen in die sich im diesen Land gehüllt wird, all die Bescheide, Befehle und Anordnungen, all die Stempel und Gutachten, all die spektakuläre Gewalt, all die Körperpanzerung kann nicht den moralischen Bankrott verstecken, die schreiende Leere die hinter diesem Spektakel steckt.

Bevor ich meine letzten Worte schließen werde, bitte ich die Versammelten aufzustehen, für eine Schweigeminute für alle Menschen, die dem Kapitalismus, dem Faschismus & der Kolonialisierung zu Opfer gefallen sind.

 

 

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Yuma

    Wow! Stark! Neben den Schlussworten wirkt das Gerichtsurteil selbstentblößend, kraftlos und irrelevant; das werden solche Urteile auch immer mehr sein.

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