Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) hat heute (26.11.2012) in einem offenen Brief an den nordrhein-westfälischen Innenminister Ralf Jäger gegen die Polizeieinsätze im Hambacher Forst protestiert. In dem Schreiben bringt der BBU zum Ausdruck, dass er über das Vorgehen der Polizei empört ist. Der Umweltverband erwartet von Innenminister Jäger, dass er alle Vorkommnisse untersucht, Fehlverhalten entsprechend disziplinarisch aufarbeitet und Wiederholungen derartiger Vorgehensweisen seitens der Polizei zukünftig verhindert. Wörtlich heißt es in dem Brief: „Wir fordern Sie auf, dafür Sorge zu tragen, dass bei phantasievollen Protesten gegen Umwelt vernichtende Vorhaben das Demonstrationsrecht vollständig gewahrt wird. Und das unabhängig davon, ob auf oder unter der Erde oder auf Bäumen demonstriert wird. Die Polizei darf die Demonstrierenden dabei nicht in Gefahr bringen.“
Zum Hintergrund:
Mitte November hat die Polizei die Besetzung des Hambacher Forsts im Interesse von RWE geräumt. Besondere Aufmerksamkeit fand dabei die Aktion eines Besetzers, der sich tief in den Boden eingegraben hatte. Um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, wurde versucht, dessen Ingewahrsamnahme nicht als Räumung gegen seinen Willen, sondern als Rettungsaktion unter erschwerten Bedingungen zu seiner Hilfe darzustellen. Der Aktivist hatte der Polizei allerdings Verhandlungsbereitschaft signalisiert und kam erst durch die Räumungsversuche in gefährliche Situationen. Mit Interesse hat der BBU die Berichterstattung in den Medien dazu verfolgt. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass es im Zusammenspiel zwischen Polizei und Staatsschutz zu Falschinformationen der Öffentlichkeit gekommen ist.
Die polizeiliche Räumung eines neuen Protestcamps und die Festnahme des Besitzers des Campgeländes Anfang letzter Woche empören den BBU ebenso wie die Beschlagnahme von Holzmaterialien Ende der Woche.
Der BBU setzt sich für eine umweltfreundliche und nachhaltige Energieversorgung ein. Die Nutzung der Braunkohle, gegen die sich die Proteste im Hambacher Forst richten, gehört nicht dazu.
Aufruf zur weiteren Unterstützung der Aktionen
Der BBU begrüßt die weiteren Proteste im Hambacher Forst. Er wünscht ihnen einen langen Atem, um RWE auch weiterhin die Stirn zu bieten. Die Bevölkerung ruft der BBU auf, die gewaltfreien und phantasievollen Aktionen zu unterstützen und sich an ihnen zu beteiligen. Gleichzeitig ruft der BBU erneut dazu auf, den weiteren Dauerprotest vor Ort mit Holz als Baumaterial, mit Öfen und Brennholz, mit Geschirr und Decken sowie Lebensmittelspenden zu unterstützen.
Weitere Informationen über geplante Aktionen und Hintergründe findet man u. a. auf folgenden Internetseiten:
http://www.buirerfuerbuir.de
http://rwnee.blogsport.de
www.facebook.com/Freund.Baum
Umwelt- und sozialpolitisches Engagement unterstützen!
Zur Finanzierung seines Engagements bittet der BBU um Spenden aus den Reihen der Bevölkerung. Spendenkonto: BBU, Sparkasse Bonn, BLZ 37050198, Kontonummer: 19002666.
Informationen über den BBU und seine Aktivitäten gibt es im Internet unter www.bbu-online.de; telefonisch unter 0228-214032. Die Facebook-Adresse lautet www.facebook.com/BBU72. Postanschrift: BBU, Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn.
Der BBU ist der Dachverband zahlreicher Bürgerinitiativen, Umweltverbände und Einzelmitglieder. Er wurde 1972 gegründet und hat seinen Sitz in Bonn. Weitere Umweltgruppen, Aktionsbündnisse und engagierte Privatpersonen sind aufgerufen, dem BBU beizutreten um die themenübergreifende Vernetzung der Umweltschutzbewegung zu verstärken. Der BBU engagiert sich u. a. für menschen- und umweltfreundliche Verkehrskonzepte, für den sofortigen und weltweiten Atomausstieg, gegen die gefährliche CO2-Endlagerung und für umweltfreundliche Energiequellen.
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BBU e.V., Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn
Herrn Innenminister
Ralf Jäger
Haroldstraße 5
40213 Düsseldorf Bonn, 26.11.2012
Offener Brief zu den Polizeieinsätzen im Hambacher Forst
Sehr geehrter Herr Minister Jäger,
Mitte November hat die Polizei die Besetzung des Hambacher Forsts im Interesse von RWE geräumt. Besondere Aufmerksamkeit fand dabei die Aktion eines Besetzers, der sich tief in den Boden eingegraben hatte. Um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, wurde versucht, dessen Ingewahrsamnahme nicht als Räumung gegen seinen Willen, sondern als Rettungsaktion unter erschwerten Bedingungen zu seiner Hilfe darzustellen. Der Aktivist hatte der Polizei allerdings Verhandlungsbereitschaft signalisiert und kam erst durch die Räumungsversuche in gefährliche Situationen.
Mit Interesse haben wir die Berichterstattung im WDR verfolgt. Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass es im Zusammenspiel zwischen Polizei und Staatsschutz zu Falschinformationen der Öffentlichkeit gekommen ist.
„Auf Nachfrage von WDR.de teilt der während der Räumung zuständige Pressesprecher der Polizei Rhein-Erft-Kreis, Anton Hamacher, mit, er habe die Informationen an die Pressevertreter weitergegeben, die er in der Situation von der Einsatzleitung erhalten habe. „Erst im Rahmen der Ermittlungen beim Staatsschutz in Köln ist herausgekommen, dass diese Information möglicherweise falsch war.“ Er habe die Presse schnell mit Neuigkeiten versorgen wollen.“
http://www1.wdr.de/themen/panorama/hambacherforst170.html
Angesichts der neuen, erschreckenden Gutachten der Weltbank und des Weltklimarats (IPCC) muss der Klimakatastrophe noch mehr als bisher entgegen gewirkt werden.
Vor diesem Hintergrund wurde ein neues Protestcamp gegen die Rodungen im Hambacher Forst errichtet. Wir sind empört darüber, dass das Camp laut Medienberichten in der letzten Woche unter falschen Behauptungen von der Polizei geräumt und der Eigentümer des Geländes festgenommen wurde. Seitens der Polizei soll behauptet worden sein, der Grundstückseigentümer habe sich über das Camp beschwert. Auf dieser Grundlage wurde mit der Räumung begonnen. Als der Eigentümer hinzukam wurde klar, das er nichts gegen das Camp vorgetragen hatte. Daraufhin wurde er von der Polizei als störend festgenommen.
http://www1.wdr.de/themen/panorama/hambacherforst192.html
Und die unglaublichen Vorgänge gehen weiter: „Die Polizei, die mit 9 Wannen auffuhr, riss die gebauten Hütten der neuen Besetzung ab, mit der Begründung, sie müsste das Material für die Beweissicherung mitnehmen, da der Verdacht bestünde, dass das Holz geklaut sei. Ob sie es wieder aufbauen wird, wenn sie feststellt, dass es nicht geklaut ist? Der Abriss der Hütten geschah mit einem RWE-Fahrzeug. Und wohlgemerkt: Das Ganze geschah auf einem Privatgrundstück. Auf die Frage nach der Rechtsgrundlage mit der diese Maßnahme geschehe, sagte die Polizei es handele sich um einen „mündlichen richterlichen Beschluss“. Vermutlich verwechselt die Polizei im Rhein-Erft Kreis die Führungsebene von RWE mit dem Richter.“
https://hambacherforst.org/2012/11/23/muendlicher-richterlicher-beschluss
Der BBU ist über das Vorgehen der Polizei empört. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie all diese Vorkommnisse untersuchen, Fehlverhalten entsprechend disziplinarisch aufarbeiten und Wiederholungen derartiger Vorgehensweisen seitens der Polizei zukünftig verhindern.
Wir fordern Sie auf dafür Sorge zu tragen, dass bei phantasievollen Protesten gegen Umwelt vernichtende Vorhaben das Demonstrationsrecht vollständig gewahrt wird. Und das unabhängig davon, ob auf oder unter der Erde oder auf Bäumen demonstriert wird. Die Polizei darf die Demonstrierenden dabei nicht in Gefahr bringen.
Abschließend noch eine Anmerkung zur Diskussion um die Kosten der ersten Räumung im Hambacher Forst, an der 500 Polizisten beteiligt gewesen sein sollen.
http://www.derwesten.de/politik/demonstranten-sollen-sich-an-einsatzkosten-beteiligen-id7318765.html
Der BBU hält es für völlig absurd, dass Menschen, die sich für die Umwelt und gegen eine falsche Energiepolitik zur Wehr setzen, den gegen sie gerichteten Polizeieinsatz bezahlen sollen. Einerseits war der Einsatz von 500 Polizisten absolut unverhältnismäßig – auch da sollte geklärt werden, wer das veranlasst hat. Und insgesamt wäre das NRW-Innenministerium gut beraten, wenn es nicht gegen UmweltschützerInnen, sondern gegen Unternehmen ermitteln würde, die zur Belastung der Umwelt beitragen.