Zuckerbrot und Peitsche

Gestern wurde von NRW Ministerpräsident Armin Laschet ein Moratorium für den Hambacher Wald bis Herbst 2020 verkündet. Er habe dies mit RWE besprochen, teilte er mit, und dies sei unabhängig vom Gerichtsurteil kommenden März ( BUND klagt, ob der Hambi ein Natura 2000 Gebiet ist). Per se ist dies eine gute Nachricht.

Gleichzeitig kam die Aufforderung an die Aktivisti im Wald, diesen jetzt endlich mal zu verlassen, in Ruhe zu lassen, damit sich die Bäume erholen können, und den Konflikt zu befrieden. Und aufeinander zugehen, weil RWE sich ja eigentständig dazu entschieden hat vorerst nicht zu roden.

Erholen wovon nochmal? Achja den größten Polizeieinsatz NRWs, der von Armin Laschet und Herbert Reul durchgeboxt wurde. Den Konflikt zu befrieden, während RWE jeden Tag in den grubennahen Dörfern weiter Fakten schafft. Wie geht das?

Diese Verkündung des Moratoriums und des vorübergehenden Rodungsstopps steht der Formulierung der Kohlekommission – der Erhalt des Waldes sei „wünschenswert“ –  sehr nahe. Dennoch können wir dies nicht ernst nehmen: NRWE möchte sich auf diesem Weg Zeit kaufen, und unsere Bewegung schwächen, indem sie uns vergessen lassen wollen und uns Zugeständnisse machen, die keine sind. Denn wenn der Wald erhalten bleiben soll, wieso dann ein Moratorium für nur ein Jahr? Wieso wird der Konflikt nur aufgeschoben?

Dazu kommt, dass wir seit Wochen ein Revival der „gute Aktivisti – böse Aktivisti“-Masche erleben: Dirk Weinspach, Herbert Reul und auch Richter Königsberg werden nicht müde die Geschichte von den bösen gewalttätigen Linksextremen zu erzählen und scheuen auch nicht davor Statistiken zu fälschen, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Diese „Chaoten“ seien noch immer im Wald, und der gute bürgerliche Protest solle sich von ihm distanzieren, so der O-Ton. Um unseren Ruf zu schädigen, werden auch Gerüchte in die Welt gesetzt, wie die angeblich geplante Blockade des Rosenmontagszugs. Witzig!

Doch was soll das Ganze?

Die Spaltungsversuche von Reul, Weinspach und Konsorten, die Diskreditierung des Hambacher Forsts, die „Zugeständnisse“ von Laschet und RWE, und gleichzeitig die Kriminalisierung von Eule, FridaysforFuture und den Baggerbesetzungen in der Lausitz sind eine klassische Zuckerbrot und Peitsche Strategie. Dies zeigt deutlich “ Wir sind eine riesige Bewegung geworden. Und wir sind nicht zu stoppen!“ Uns jetzt ein Stück Kuchen, in Form von Zugeständnissen, zu geben, um uns ruhig zu stellen, reicht nicht. Sorry, ist aber nett gemeint. Aber das kleine Geschwister von „Scheiße“ ist „nett gemeint“. Und wir wollen nicht nur ein Stück Kuchen, sondern die ganze Bäckerei!

Mit Spaltungsversuchen und Pseudozugeständnissen wollen sie unsere Bewegung schwächen. „Sie“, das sind diejenigen in Machtpositionen, wie Ministerien, Aufsichtsräten und Thinktanks, die sich via Drehtüreffekt, die Klinke zu ihren jeweiligen Positionen in die Hand geben, und ein Vermögen mit der Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur verdienen. Und „sie“ wollen weiterhin ihre Profite einfahren.

Aber das können wir uns nicht länger leisten!

Unser Motto heißt „Systemwandel statt Klimawandel“. Und wir sind dieser Systemwandel. Wir fordern Alternativen und leben sie, deshalb sind wir gefährlich. Denn mit uns lässt sich kein Profit erwirtschaften. Und wenn sich alle die Frage nach dem guten Leben stellen, würde dieses kapitalistische System nicht länger überdauern. Natürlich geht es im Hambi um den Wald, um Umweltschutz, Kohleabbau und Klimawandel. Doch erst ein kapitalistisches Wirtschaftssystem hat die Voraussetzung dafür geschaffen, dass wir diese Probleme haben. Und dieses zu überwinden ist an der Zeit. Es ist an der Zeit, dass wir uns alle fragen „Wem gehört die Welt? Wer hat ein Recht auf gutes Leben? Und was ist das gute Leben?“

Denken wir uns gemeinsam was Neues aus!

PS: Und Moratorium heißt nicht, dass RWE nicht mal die Kettensäge ausrutscht, wenn grad keiner im Wald ist. Wir trauen euch nicht! Deswegen fordern wir:

den sofortigen Kohleausstieg!

Alle Dörfer bleiben!

Keine Kriminalisierung von Aktivistis!

und kein Geld für RWE!

Dieser Beitrag hat 11 Kommentare

  1. Baumfreundin

    Ich traue RWE auch nicht. Es ist überhaupt keinem Großkonzern zu trauen. Und weil die handelnden Personen da die Angestellten einer gesichtslosen Masse von Aktionären sind, die alle nur hoffen, bei all dem doch noch klammheimlich Profit zu machen, während die Umweltbewegung vielleicht doch die Welt rettet, muss es mit dem Engagement weiter gehen.

    Ich habe mir heute gedacht: Jetzt hat RWE doch Schiss. Jetzt verklagen sie Aktivisten auf einen Schadensersatz in Millionenhöhe, um die anderen, die sich schon auf den Weg in Richtung Baggerbesetzung und Kohlebahnblockierung machen, abzuhalten.

    Es scheinen tatsächlich immer mehr zu werden, denen ihre unmittelbare materielle Zukunft- also die finanzielle – egal ist und die z.B. Bagger besetzen…..

    Und das macht RWE vielleicht Angst?

    Mir macht etwas anderes Angst:

    Die Insekten sterben aus. Wir haben in der Schule immer gelernt, dass es Nahrungsketten gibt, und dass die Insekten meistens der Anfang einer Nahrungskette sind. Und wenn der Anfang einer Nahrungskette wegbricht, dann gibt es am Ende auch für uns Menschen nichts mehr zu essen…. Jetzt können wir mit unserer Landwirtschaft da vielleicht noch etwas machen, aber am Ende trifft das Aussterben auch uns. Auf verarmten Äckern wächst irgendwann nichts mehr.

    Ich will nicht in einer kahlen und stummen Welt leben, ohne Grün und ohne Tiere, und mich mit den regelmäßigen Einkäufen im Supermarkt und dem täglichen Fernsehprogramm ablenken.

    Was soll ich meinem Kind sagen??

    Es bricht mir das Herz. Es ist unerträglich.

    Und deshalb bin ich im Herzen bei den ganzen Saboteuren, auch wenn ich natürlich nicht dazu aufrufe und es selbst auch nicht wagen würde.

    Noch nicht.

    Aber wie realitätsfern muss Frau Merkel sein, dass sie sich nicht vorstellen kann, „durch welche äußeren Einflüsse“ Schulkinder dazu gebracht werden, zu streiken und zu demonstrieren? Hat sie schon mal aus dem Fenster geschaut? Wo war sie letzten Sommer? Verfolgt sie die – ausbleibenden- Niederschläge in Deutschland denn nicht? Glaubt sie, dass Schulkinder blöd sind und keine Nachrichten mitbekommen?

    Totale Verdrängung, Frau Merkel, und das, obwohl Sie den Kohleausstieg mit verhandelt haben…. Wie geht das denn zusammen???

    Die Macht der Großkonzerne muss enden, weltweit.

    Es geht doch gar nicht um Kapitalismus. Unter Mao Zedong wurden den kleinen Bauern die Hühner weggenommen. Und das war dann der große Fortschritt, besser gesagt: Die große Unterdrückung.

    Es geht immer nur darum, die Machtkonzentration bei wenigen Menschen zu zerschlagen, zu verhindern! Mao Zedong war auch nur ein Verbrecher, und er hat die Marx-Schriften nur als Vehikel benutzt, um die Kleinen weiterhin zu entrechten, in Gewalt gegeneinander aufzuhetzen und seine Privilegien auszubauen.

    Jedem Bauern sein Huhn, jeder Frau ihr Häuschen, jedem Kaufmann sein Geschäft, jedem Kind sein eigenes Spielzeug und allen Menschen die Möglichkeit, im Kleinen und im Austausch mit anderen für sich selbst zu sorgen!

    Machtkonzentration geht oft einher mit der Konzentration von Kapital. Das heißt nicht, dass das Kapital als solches abgeschafft bzw. den Händen einzelner Menschen in jedem Fall entrissen werden muss.

    Aber es muss ein Aufstehen geben, weltweit, gegen die Machtkonzentration der Konzerne und gegen die Mechanismen des Profits…

    Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder, dass sind doch nur die Erfüllungsgehilfen der gesichtslosen Gier der Aktionäre/innen! Großkonzerne besitzen Beratungsunternehmen und die bestimmen, was die Politiker denken. Politiker, die sich nicht trauen, selbst zu denken oder auch mal auf die andere Seite zu kucken… die von der eigenen „Klientel“ immer wieder gewählt werden wollen.

    Großkapital zu zerschlagen oder in die Hände vieler umzuverteilen, das bringt doch nichts, wenn diese vielen, anonymen – die es ja jetzt schon sind – dann doch wieder Mechanismen auf ihrer Seite haben, die praktisch automatisch dazu führen, dass Lebensräume zerstört, Indigene vertrieben, Wälder abgeholzt und Meere vermüllt werden!

    Großkapital braucht die Erfahrung, dass die Kleinen aufstehen und sich wehren, weltweit, unter dem Beifall der Presse, und dass die Politik den Kleinen folgt, weil sie erkannt hat, dass damit die nächsten Wahlen zu gewinnen sind!

    Her mit den mutigen Gesetzen zur Beschränkung des Profits und zum Schutz unserer Erde! Geben wir Deutschen allen anderen ein Beispiel…

    Schreibe gerade zuviel und höre deshalb jetzt hier auf ..

  2. bezug baumfreundin: Wer ist wir „Deutschen“?
    suchst du eine gemeinsamkeit mit Leuten die zufällig den gleichen Pass haben wie du? Oder geht es dir darum das die Menschen die um dich herum leben aktiv werden und Verantwortung übernehmen sollen? Oder glaubst du das wir Kartoffeln es mehr drauf haben und deSShalb der Welt ein Vorbild sein sollten?

    Burn Borders not Coal!

    1. Petra Kornelsen

      Was soll das? Ich kann den Kommentar von baumfreundin nur unterschreiben. Wir sollten es auch unterlassen, uns gegenseitig zu spalten oder???? Da freuen sich doch Laschet und Co.!!!

    2. Baumfreundin

      Ich habe das mit den „Deutschen“ nur deshalb geschrieben, weil es immer wieder heißt, dass es „wir Deutschen“ blöd seien, denn weltweit seien über 1000 neue Kohlekraftwerke in Planung, sodass unsere 29 (oder so) gar nicht ins Gewicht fallen.

      Und da musste ich einfach mal sagen: Wenn es alle anderen falsch machen, dann ist es trotzdem richtig, das Richtige zu tun.

      Und da Deutschland eine starke Wirtschaft und tatsächlich eine starke Position in der Welt hat, meinte ich, die Deutschen sollen ein gutes Beispiel abgeben, Vorbild sein… Also wer da jetzt dazugehört, ist mir eigentlich egal… Hauptsache, „wir“ steigen endlich aus der Kohle aus. Und dann zeigen wir den Großkonzernen, dass bei uns die Macht vom Volk ausgeht, so wie es im Grundgesetz steht.

      1. Skywalkerlein

        Hast Du Dir mal die Frage gestellt warum Deutschland eine starke Wirtschaft hat?
        Ich sehe in Deinen Kommentaren einige Widersprüche, werte Baumfreundin.

        1. Baumfreundin

          Na klar, wir haben eine starke Wirtschaft, weil unter anderem wir unseren Wohlstand auf der Zerstörung anderswo aufbauen. Das ist aber nicht alles. Wir haben auch Know-how, wir haben echt gute Bildung hier und wir verkaufen auch hoch entwickelte Produkte. Es ist eben vieles gleichzeitig, was die deutsche Wirtschaft stark macht. Und ich sage ja nicht, dass die Deutschen die Tollsten sind und ich sage auch nicht, dass das mit der Zerstörung weiter gehen soll.

          Im Gegenteil: Wir sollten unsere gegenwärtig starke Position nutzen, um der Zerstörung ein Ende zu setzen, auch wenn das heißt, dass wir dadurch zwangsläufig (erst einmal) schwächer werden, finanziell und wettbewerbstechnisch betrachtet.

          Mensch könnte ja auch sagen: Das Geld ist schuld. Weil alle nach Geld streben, geht unsere Welt kaputt. Lasst uns das Geld abschaffen.

          Mensch könnte aber auch sagen: Lasst uns das Geld nutzen und es gegen den Profit einsetzen, z.B. für das weltweite Bäumepflanzen, auch wenn das am Ende heißt, dass die Menschen nicht mehr so sehr auf das Geld angewiesen sein werden wie heute – in einer gerechteren Welt, wo noch viel mehr Bäume stehen, es die Tiere gut haben und die Leute endlich erkennen, dass sie Teil der Schöpfung sind.

          Also irgendwie finde ich, wir sollen unsere Stärken dafür einsetzen, dass wir eines Tagen nicht mehr die Stärksten sind, sondern Teil einer ausgeglichenen Weltgemeinschaft.

          Und na klar bin ich widersprüchlich. Bin schließlich ein Mensch. Aber weise mich ruhig darauf hin, denn mensch muss schließlich an sich arbeiten.

    1. Hambi bleibt!

      Ist das Verschwinden von Beweismitteln (bei der Polizei) ein Einzelfall?

      Nein, sagt der Bochumer Kriminologe Prof. Thomas Feltes. „Nach meinen Erfahrungen ist es durchaus nicht selten, dass Beweismittel im Laufe eines Strafverfahrens verschwinden oder nicht mehr auswertbar sind“, sagte Feltes. Zur Aufarbeitung des Skandals macht sich Feltes keine großen Hoffnungen. „Eine Fehlerkultur ist nach wie vor in der Polizei nicht wirklich etabliert. Fehler in dieser Institution werden in der Regel nicht wirklich aufgearbeitet, sondern eher vertuscht. Die Polizei tut sich nach wie vor schwer, zu bekennen, dass sie eben auch Fehler macht.“ Allerdings gebe es auch einige wenige positive Fällen, in denen Fehler gut aufgearbeitet worden seien.

      https://www.wz.de/politik/landespolitik/polizeiskandal-in-luegde-reul-steht-am-zaun-tut-aber-nichts_aid-36967139

  3. Theresia

    Gestern gab es im WDR-Fernsehen die Mitternachtsspitzen. J. Becker hat das harte Urteil gegen Eule kritisiert und W. Schmickler empfiehlt den Aktivisten aus dem Hambi, den Rosenmontagszug nicht zu blockieren, sondern als Fussgruppe mit zulaufen.

    Über die Vorfälle in Lüdge kann ich mich nur wundern. Da wird über Personalmangel und Überlastung bei der Polizei geklagt. Das kann doch nicht wahr sein.
    Für die Räumung des Hambis wegen „fehlendem Brandschutz“ stand reichlich Personal zur Verfügung. Da wurden auch keine Beweismittel verschludert, sondern es wurde der staunenden Bevölkerung mehr präsentiert als tatsächlich gefunden wurde.
    Ob in Lüdge tatsächlich „nur“ Polizeiversagen oder doch was Anderes dahinter steckt, werden wir vielleicht nie erfahren.
    Bei den kirchlichen Missbrauchsfällen sind auch Akten vernichtet worden, um die eigenen Leute zu schützen.

  4. Hambi bleibt!

    https://www1.wdr.de/nachrichten/abfaelle-kohlekraftwerke-100.html

    Es halten sich hartnäckig Meldungen von überproportional vielen Krebsfällen im Umfeld der Tagebaue und der Kraftwerke. Für RWE wäre das mehrfach positiv. Erst ordentlich Profit auf Kosten der Umwelt und später die Betriebsrenten sparen, da auch die RWE-Trolle krebsbedingt frühzeitig abtreten.

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