Umweltdruckerei diskriminiert BDSMler*innen – rücksichtslos kurzfristige Druck-Absage

Dass auch heute noch Diskriminierung von offen sex-positiv lebenden Menschen üblich ist, mussten wir leider auch bei unserem Kalender-Projekt feststellen. Nach anfänglicher Zusage stornierte dieUmweltDruckerei den Druck unseres Kalenders mit der Begründung, dass ihr dieser zu „fetisch-pornographisch“ sei. Dieser Text an die Umweltdruckerei wird unterstützt von Black Mosquito, Kreaktivisten und dem Charon Verlag.

Wir sind darüber empört! Mit unserem queerfeministischen und sex-positiven Kalender wollen wir zeigen, wie vielfältig Sexualität, Begehren, Geschlechteridentitäten und Körperformen sein können. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen ihre Sexualität einvernehmlich ausleben können. Dass dies von einer Druckerei, die sich selbst als besonders sozial, nachhaltig und umweltfreundlich darstellt, abgelehnt wurde, spricht für sich. Dass die Ablehnung damit begründet wird, dass der Kalender zu „fetisch-pornographisch“ sei, macht es nicht besser und zeigt im Gegenteil die Abwertung und Ausgrenzung von sexuellen Praktiken mit Fetisch- und BDSM-Bezug.

Natürlich sind wir auch gegen die Ausgrenzung von einvernehmlicher Pornographie. Aber die weit verbreitete Definition, dass für Pornographie das Zeigen von Genitalien notwendig ist, greift bei unserem Kalender auf jeden Fall nicht. Wir vermuten, dass wir eher mit unserem spielerischen und selbstbewussten Umgang mit dem Thema Fetischismus angeeckt sind und eben NICHT wegen vermeintlich erkannter stumpf-sexistischer Pornographie. Eine derartige Ablehnung von Sexualpraktiken kommt oft daher, dass missverstanden wird, was Fetisch und BDSM eigentlich bedeuten. Dieses Missverständnis wird durch die objektifizierenden Darstellungen der Mainstream-Pornographie verstärkt und gefestigt. Ironischerweise geht es bei unserem Kalender genau darum, diese Darstellungen zu kritisieren und zu zeigen: Es geht auch anders!

Mit der Diskriminierung von Fetischist*innen befördert dieUmweltDruckerei gesellschaftlich sehr weit verbreitete Diskriminierungstendenzen. In Zeiten, in denen es langsam normaler wird, unterschiedliche Geschlechter zu lieben, ist es leider immer noch erschreckend üblich, dass Fetische, die nicht in „Fifty Shades of Grey“ vorkamen, als eklig und unnormal gebrandmarkt sind.

So ist Fetischismus immer noch als psychische Krankheit klassifiziert (wie das bei „Homosexualität“ bis 1992 eben auch der Fall war). Dass einzelne Fetische durch ein mit Sexismus und sexuellem Missbrauch vollgestopftes – oben genanntes – Buch jetzt zwar ein aufpoliertes aber enorm verzerrtes „positives“ Image haben ist dabei auch kein wirklicher Trost. Es zeigt nur, wie wenig die Leitlinien der BDSM-Szene bis jetzt überhaupt wahrgenommen werden.

BDSM ist KEINE billige Ausrede „Frauen“ schlagen zu dürfen. Ein ganz herausragender Teil der BDSM-Ideologie ist ein konsensuales (das heißt einvernehmliches) Vorgehen und ein risikobewusster Umgang mit verschiedenen Praktiken („Sex“ ohne Risiko gibt es nämlich nicht). Das sind Werte, die mal so salopp gesagt außerhalb eines BDSM-Kontextes auch Selbstverständlichkeit sein sollten, leider aber nicht immer praktiziert werden. Anstatt das Augenmerk auf die vielen Möglichkeiten zu richten, die Fetischist*innen entwickelt haben, um ein erfülltes sexuelles Miteinander zu gestalten, werden wir zu etwas gemacht, was wir nicht sind. Weder finden wir Missbrauch geil (ganz im Gegenteil), noch sind wir abnormal oder krank.

DieUmweltDruckerei selbst sprach davon, dass unser Kalender „neutral geprüft“ wurde und dabei als „fetisch-pornographisch“ erkannt wurde. Fetischist*innen, die LGBTI*Q-Bewegung und sex-positive Feminist*innen kämpfen seit Jahrzehnten dagegen an, unsichtbar gemacht und zensiert zu werden. So eine Prüfung kann nicht „neutral“ sein. Sie spiegelt immer die gesellschaftlichen Normen und Werte wieder. Und genau diese möchten wir mit unserem Kalender hinterfragen und sichtbar machen. Dass uns das bereits im Druckprozess gelingt, hat uns dann aber selbst überrascht.

Nachdem wir eine wütende Mail zurück geschrieben hatten, wurde uns von Kevin Riemer-Schadendorf, dem Leiter für Nachhaltigkeit und Kommunikation, erklärt, wie die vermeintlich „neutrale Prüfung“ vonstatten gegangen ist: Unser Kalender würde ja in Berlin-Kreuzberg anders bewertet werden als in Niederbayern und ebenso unterschiedlich seien die Bewertungen in der Druckerei gewesen. Zudem behauptete er, dass es keine klare Definition von Fetisch, Pornographie und Erotik gäbe. Da sie sich innerhalb der Druckerei nicht einigen konnten haben sie Green Brands befragt. An deren Richtlinien müssten sie sich halten, weil sie vor kurzem ein Zertifikat von Green Brands bekommen haben. Als Green Brands dann empfahl, nicht zu drucken, haben sie diese „neutrale“ Empfehlung einfach nur an uns weitergereicht.

Wir haben uns daraufhin die Ausschlusskriterien von Green Brands angeguckt und dabei festgestellt, dass ein sex-positiver Kalender nach deren Auffassung gegen „soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeitsprinzipien“ verstößt und zudem das „Recht auf Freiheit und Glück“ nicht achtet. Wir finden es zutiefst beleidigend, dass ein sex-positives Projekt von Aktivist*innen des Hambacher Forstes dabei in einer Liste landet mit Menschenrechtsverletzungen, Atomenergie, Handlungen, welche die Selbstbestimmung massiv einschränken und – ironischerweise – auch Großprojekten, also bspw. sowas wie RWEs Braunkohle-Tagebau.

Abgesehen von der politischen Brisanz dieser Ablehnung hat uns das Ganze zudem massiv in unserer Arbeit behindert. Wir hatten der Druckerei schon vor zwei Monaten ein Bild unseres Kalenders geschickt und explizit danach gefragt, ob diese einen queerfeministischen Erotik-Kalender drucken würde. Damals hieß es nur, das sei gar kein Problem und wir sollten den Kalender einfach in Auftrag geben. Daraufhin haben wir unser gesamtes Layout auf die Druckvorgaben der Druckerei ausgerichtet. Durch die Absage der Druckerei hatten wir dann den Stress, sehr kurzfristig eine neue Druckerei finden und unser gesamtes Layout nochmal überarbeiten zu müssen. Dass wir das nicht komplett geschafft haben, erkennt ihr daran, wie nah die Bohrung an einigen Texten und Bild-Motiven dran sind. Das ursprüngliche Format war auch auf einen Din-A4-Kalender mit 26 Seiten ausgelegt.

Wir finden es heuchlerisch, wenn eine Druckerei damit wirbt, dass sie sich für den Erhalt des Bialowieza Urwaldes in Polen einsetzt und gleichzeitig die Arbeit von Aktivist*Innen aus dem Hambacher Forst behindert.

DieUmweltDruckerei hatte Angst, dass sie durch den Druck Ärger mit Green Brands oder anderen Zielgruppen, die den Kalender womöglich als pornographisch bewerten, bekommen. Lasst uns der Druckerei und Green Brands zeigen, dass sie dank ihrer kurzfristigen Druck-Absage noch ganz anderen Ärger bekommen werden. Ruft an, schreibt wütende Mails und Briefe, beschwert euch!

dieUmweltDruckerei GmbH, Sydney Garden 9, Expo-Park, 30539 Hannover

Tel.: 0511 – 700 20 30
Fax: 0511 – 700 20 399
E-Mail: info@dieumweltdruckerei.de
Web: www.dieumweltdruckerei.de

Green Brands Organisation GmbH, Wacholderbergstraße 29, 90587 Veitsbronn (Nähe Nürnberg)

Telefon: +49-(0)911 – 97 99 5 99

Mobil: +49 -(0)170 – 90 40 30 9

Fax: +49-(0)911 – 97 99 5 33

E-Mail: office@nullgreen-brands.org

Web: http://www.green-brands.org/

Wir, die Chaos-Calendar-Crew (Kontakt: einsam_im_dickicht@nullriseup.net), und die Unterstützer*innen dieses Aufrufs sagen klar: Diskriminierung einvernehmlicher Sexualität darf keine Option sein!

 

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Togijak

    Liest man „GREEN BRANDS sind mit dem Gütesiegel ausgezeichnete Marken (Unternehmen/Produkte/Dienstleister/Lebensmittel und Persönlichkeiten), die einen maßgeblichen Beitrag zum Schutz der Umwelt, der Natur und des Klimas leisten.

    GREEN BRANDS produzieren umweltfreundlich, handeln immer im Hinblick auf die eigene Mitverantwortung für die Bewahrung natürlicher Lebensgrundlagen und verpflichten sich in hohem Maße der Erhaltung und dem Gleichgewicht der Natur sowie der Nachhaltigkeit.

    GREEN BRANDS zeichnen u.a. folgende ökologische und nachhaltigen Geschäftsentscheidungen aus:
    Energieeinsparung, Reduzierung bzw. Vermeidung des CO2-Ausstoßes und des Ausstoßes anderer umweltschädlicher Substanzen, Reduzierung und Vermeidung von Abfall, Schutz und Einsparung natürlicher Ressourcen, Reinhaltung und Schutz natürlicher Lebensräume, Nutzung alternativer Energiequellen, Mitarbeiterschulungen im Sinne des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit, Lebensmittel-/Arzneimittelproduktion nach strengen biologischen/ökologischen Kriterien, Information von Konsumenten über die Maßnahmen, wie mit Hilfe der jeweiligen Produkte der Ausstoß von Treibhausgasen verringert werden kann, Veröffentlichung von Informationen in den Unternehmenszielen, die das ökologische Engagement des Unternehmens belegen“

    auf der Seite von Green Brands wird doch sehr schnell deutlich, dass es eine an den Haaren herbeigezogene Begründung der Druckerei für die Ablehnung war die offensichtlich noch nicht unter wirtschaftlichem Druck steht und deshalb Kunden / Aufträge einfach ablehnt. Zugegeben ärgerlich aber trotzdem Unternehmerische Freiheit.

    Als BDSMler kann ich euch den Tipp geben euch kurzfristig mit den Betreibern von joyclub.de (in dem es einen großen BDSM Bereich gibt) in Verbindung zu setzen, denn entweder kennen sie eine Druckerei die euer Projekt kurzfristig realisieren könnte oder ihr findet über das Forum (in dem ich den Beitrag auch publizieren würde) durch User Hinweise eine Druckerei die mit den Darstellungen kein Problem hat. Ein weiterer Vorteil es dort im Forum zu publizieren wäre, dass viele User von dem Verhalten der Druckerei erfahren, dort sicher nie etwas in Auftrag geben werden, selbst wenn es keinen BDSM / Sex Bezug hat.

  2. Stadtbär

    So richtig glaube ich nicht an das, was ich hier lese. Oder steht ihr plötzlich ohne Probleme da? Kampf gewonnen? Ersatzfront aufmachen? Alles so langweilig?
    Kriegt euch bloß wieder ein. Andere Leute kommen mit der Hitze ja auch nicht so gut klar.

    1. Mike

      Das typische „aber in Afrika verhungern Kinder“-Argument. Ja, bei beinahe jedem politischen Kampf lässt sich ein Thema finden das noch „wichtiger“ ist. Nur, wenn wir alle dieser Argumentation folgen würden, würden wir gar nichts mehr tun. Lass uns doch für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Feminismus UND sexuelle Befreiung kämpfen und in diesen Kämpfen solidarisch miteinander sein!

  3. Prorwe

    Euren Pornodreck will eh keiner sehen! Schämen solltet Ihr Euch!
    Am jüngsten Tag müsst Ihr Rechenschaft für Euer Sittengestrolche abgeben! Dem Herrn könnt ihr nicht entkommen, er wird Euch den Weg zum Teufel zeigen!!! Möget ihr in der Hölle schmoren für alle Eure Sünden im Wald!!!

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