Pressemiteilung zur „Barrikaden-Räumung“ am 28.06.2018

Am 28.06.2018 kam es im Hambacher Forst zwischen Köln und Aachen zu einer ausufernden Barrikaden-Räumung. Hierzu möchten einige Menschen aus der Besetzung ein Presse-Statement abgeben.

Um 9:15 betrat die Polizei den Wald. Der Kontaktbeamte hatte zuvor angerufen und uns informiert, dass es einen großangelegten Polizeieinsatz geben wird, bei dem die Zufahrtswege von RWE-Kräften geräumt werden sollen, unter dem Schutz der Polizei. Desweiteren wurde angekündigt, dass die RWE-Kräfte gegebenenfalls „gefährdende Gegenstände“ beschlagnahmen werden. Was dann folgte, ging zum Teil weit darüber hinaus. Es kam zu Überschreitungen nicht nur zwischenmenschlicher, sondern auch rechtlicher Grenzen, sodass der Einsatz aus unserer Sicht wieder einmal als gezielter Versuch der Provokation und Spaltung der Bewegung betrachtet werden muss. Und wieder einmal werden hinterher Tatsachen verdreht, um die Vorfälle vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen.

In der Pressemitteilung der Polizei Aachen heißt es:

„Zusätzlich zu den Barrikadenräumungen von RWE wurde der Waldboden auch abseits der Wege inspiziert. Gemeinsam beurteilten MitarbeiterInnen der zuständigen Ordnungsbehörden (Kolpingstadt Kerpen, Gemeinde Merzenich, Rhein- Erft- Kreis) und der Polizei alle aufgefundenen Gegenstände als Sperrmüll. Dazu zählten Plastikplanen, Paletten, Holz, Metallstangen und Altmöbel. Insgesamt transportierte RWE im Auftrag der zuständigen Ordnungsbehörden alleine am heutigen Tag etwa 140 m³ Unrat in über 17 Lkw ab.“

Wir wollen hier eine Richtigstellung abgeben:

Schlaf- und Lagerplätze (Zelte, Konstruktionen etc.) einzureißen, sie kurzerhand als Sperrmüll zu deklarieren und anschließend aus dem Wald zu karren, ist eine Farce, die nicht hingenommen werden darf. Es wurden im Zuge der „Barrikaden-Räumung“ auf der Suche nach „gefährlichen Gegenständen“ gezielt Strukturen von der Besetzung zerstört und hinterher im Pressebericht der Polizei Aachen als „Unrat“ dargestellt.

Ein weiteres Zitat aus der Pressemitteilung der Aachener Polizei:

„Im Sinne der Transparenz versuchte man zudem mit den Wiesencamp-Bewohnern in den Dialog zu treten, Gespräche wurden jedoch abgelehnt.“

Dabei ist klarzustellen, dass sich die Polizei rechtswidrig Zutritt auf das legale Wiesen-Camp verschafft hat. Die Polizeikräfte begründeten den Rechtsbruch mit dem „Gefahrenvollzug“. In einer Situation, in der Polizeihundertschaften sich Zutritt zu Privaträumen von Menschen verschaffen und dann noch Kommunikation fordern, ist das Verhalten der Wiesenbewohner_innen mehr als legitim zu betrachten.

Polizei Aachen:

„Für alle muss dabei aber klar sein, dass der Wald für jeden frei und vor allem gefahrlos zugänglich sein muss und dass wenn es zu Störungen und Straftaten kommt, die Beamten weiter konsequent einschreiten!“

Der Wald ist für jeden zivilen Menschen jederzeit betretbar, im Gegenteil zu dem Statement der Polizei Aachen freuen wir uns über Gespräche und Diskussionen. Meist werden die Barrikaden als gefährlich dargestellt, dabei sind sie vor allem zum Schutz des Waldes da, um die Rodungsarbeiten zu erschweren, sowie zum Schutz vor willkürlicher Gewalt durch Polizei und die von RWE beauftragte Sicherheits-Firma Mundt.

Zum Thema warum wir die Polizei nicht im Wald haben wollen, gab es schon einmal einen ausführlichen Beitrag auf unserem Blog.

Eine weitere Situation:

„Ein Hundewelpen ist im Zuge der Räumungsarbeiten dem Kontaktpolizisten zugelaufen, dieser versicherte telefonisch das Aktivist_innen diesen ohne polizeilich Kontrolle bei ihm abholen könnten. Hier bei kam es bei der Abholung des Welpen zu einen Bruch dieses Versprechens und der/die Akivist_in wurde über 90min von der Polizei mit Handschellen festgehalten. Und durfte erst nach Angabe von Personalien wieder gehen.“

Genauso in dieser Situation konnten wir beobachten, dass die Versprechen seitens des Kontaktpolizisten wieder einmal gebrochen wurden. Es konnte kein Dialog ohne unmittelbare gewalttätige Zwangsanwendungen von seitens der Polizei stattfinden.

Einige Bewohner_innen des Hambacher Forstes

Quellen:

POL-AC: https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/11559/3983677

Hambacher Forst: www.hambacherforst.org

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Zu „Genauso in dieser Situation konnten wir beobachten, dass die Versprechen seitens des Kontaktpolizisten wieder einmal gebrochen wurden.“

    Dieser Satz ist missverständlich. Ich habe die in Folge kurzzeitig in Gewahrsam genommenen Person begleitet, während sie unterwegs war, um den Hundewelpen abzuholen. Ich fand empörend, was da passiert ist.

    Gebrochen wurde das Versprechen des Kontaktpolizisten allerdings nicht durch diesen selbst, sondern durch dessen KollegInnen vor Ort, die von getroffenen Vereinbarungen nichts wissen wollten. Das wäre, falls es in Zukunft wieder Absprachen geben sollte, im Hinterkopf zu behalten. Bei der Polizei scheint es, ähnlich wie im Wald, autonome Strukturen zu geben, die völlig unabhängig voneinander agieren. Da kann dann auch der (während der Personalienfeststellung anwesende) Polizeipräsident offenbar nicht viel tun.

    Im Übrigen passiert es, soweit ich weiß, normalerweise nicht, dass Hunde sich im Wald verirren und gerettet werden müssen. Hunde sind unter Aufsicht, können sich aber auf der Wiese frei bewegen. Das Auftauchen einer halben Hundertschaft Polizei nebst gleichzeitigem Verschwinden aller dem Hund vertrauten Menschen könnte durchaus zu Panik und wilder Flucht geführt haben. Somit war es nett, den Hund mitzubringen, ohne den Polizeieinsatz wäre es aber vermutlich gar nicht so weit gekommen, dass der Welpe sich verirrt hätte.

    Ein Kurzbeitrag mit meinen Bildern (die, wie ich sehe, auch den Weg auf den Blog gefunden haben, was so in Ordnung ist) findet sich unter
    https://www.r-mediabase.eu/index.php?view=category&catid=1176&option=com_joomgallery&Itemid=516

  2. The official statements, especially police ones when suppressing popular social and ecological struggles and movements constitute a form of trolling the movement. Please try not reprinting them in their entirety as serious press gives them limited attention and almost no coverage, on social media it is plastered with critical and cinical responses and then this psych-ops shit gets additional exposure and is repeated on our Hambi’s own site.

  3. kritisch*e freund*innen

    friedliche Menschen, die es lieben durch den lebendigen Hambacher Wald zu gehen, gerne – (wie andernorts von Amtswegen z.B. mit Betonklötzen) durch Barrikaden vor plötzlich heranrasenden LKW oder anderen rasenden Gefährlichen gesichert, würden sicher gerne wissen, was im Wald jetzt fehlt.

  4. waldmensch

    Landesforstgesetz Nordrhein-Westfalen (LFoG)

    Zweiter Abschnitt: Betreten des Waldes
    § 2 Betreten des Waldes (Zu § 14 Bundeswaldgesetz)
    (1) Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist auf eigene Gefahr gestattet, soweit sich nicht aus den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aus anderen Rechtsvorschriften Abweichungen ergeben. Das Betreten des Waldes geschieht insbesondere im Hinblick auf natur- und waldtypische Gefahren auf eigene Gefahr. Zu den natur- und waldtypischen Gefahren zählen vornehmlich solche, die von lebenden und toten Bäumen, sonstigem Aufwuchs oder natürlichem Bodenzustand ausgehen oder aus der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes entstehen.
    (2) Absatz 1 gilt sinngemäß auch für das Radfahren, ausgenommen die Benutzung motorgetriebener Fahrzeuge, und das Fahren mit Krankenfahrstühlen auf Straßen und festen Wegen.
    (3) Wer den Wald betritt, hat sich so zu verhalten, daß die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört, der Wald nicht gefährdet, beschädigt oder verunreinigt sowie andere schutzwürdige Interessen der Waldbesitzer und die Erholung anderer nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Im Wald dürfen Hunde außerhalb von Wegen nur angeleint mitgeführt werden; dies gilt nicht für Jagdhunde im Rahmen jagdlicher Tätigkeiten sowie für Polizeihunde.
    (4) Organisierte Veranstaltungen im Wald sind der Forstbehörde vor Beginn der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig anzuzeigen, sofern sie nicht mit geringer Teilnehmerzahl zum Zwecke der Umweltbildung durchgeführt werden. Die Forstbehörde kann die Veranstaltung von bestimmten Auflagen abhängig machen oder verbieten, wenn zu erwarten ist, dass durch die Veranstaltung eine Gefahr für den Wald, seine Funktionen oder die dem Wald und seinen Funktionen dienenden Einrichtungen besteht.

    Habt ihr das schon mal gelesen?

    1. Elm

      Ja hab den Text vorliegend gehabt.

  5. Peter

    Also der Polizeieinsatz erinnert schon deutlich an die Situation in der Nationalmannschaft, wo der eine auch nicht weiß, was der andere tut. Okay, ein Unterschied besteht doch noch, weil die Nationalmannschaft nicht vorher auch noch Sachen twittert und vor Ort nicht mit dem Megaphon rumläuft, um Informationen im mehreren Sprachen zu verbreiten, die dann doch keiner einhalten möchte. Und es wurden auch keine Hundewelpen benutzt, um den Gegner aus dem Konzept zu bringen oder reinzulegen.

    Sogar auch Leute aus dem Innenministerium und von Behörden aus mehreren Gemeinden waren diesmal dabei.
    Dann waren ja viele Ideengeber für Fragen der Mülltrennung beisammen.
    Vielleicht war es ja schon ein leichtes Aufwärmen für die dann in weniger als drei Monaten wohl anstehenden Baumhausräumungen.

    Wenn dann vielleicht sogar noch mehr solch hochrangiger Expert*innen mit dabei sind, die ebenso unterschiedliche Ideen haben, wie so ein Baumhaus geräumt werden kann, dann herzlichen Glückwunsch.
    Also wenn nicht wirklich alles dafür getan wurde und wird, dass das dann alles komplett aus dem Ruder läuft, dann weiß ich es auch nicht. Der Vorteil, dass jetzt immer mehr Leute (Landtagsabgeordnete wurden ja auch schon dieses Jahr durch den Hambacher Forst im Rahmen einer Barrikadenräumung geführt) involviert werden, liegt natürlich darin, dass dann keine*r mehr Verantwortung zu tragen braucht, weil die sich ja alle dann gegenseitig in die Schuhe schieben können.

    Zelte, Abdeckplanen und Paletten als Müll und Unrat zu bezeichnen und sogar selbst zu zerstören? Also spätestens das zeigt, wie weit sich der Stadtmensch von der Natur entfernt hat. Also alle, die diese Meinung vertreten haben, sollten wirklich mal in einem größeren Wald ausgesetzt werden, bis sie ihre Meinung revidieren. Dass jede Polizei-Aktion bislang nur dazu geführt haben kann, dass sich jede*r Aktivist*in in seiner Meinung bestätigt fühlen muss, dass in der Gesellschaft gewaltig was schiefläuft und dagegen angegangen werden sollte, ist für mich auch eindeutig.

    Nicht vergessen werden darf auch, dass das alles passiert in einem Bundesland, wo vor nicht viel mehr als einem Jahr ganz klar „Maß und Mitte“ versprochen wurde (Neujahr war es auch nochmal). Bis weit ins Innenministerium scheint sich diese Devise noch nicht herumgesprochen zu haben.

    Also ich bin wirklich gespannt, ob sich nach einer Kompletträumung des Hambacher Forsts, die sicher weltweit für Aufsehen sorgen dürfte, überhaupt noch deutsche Politiker*innen irgendwo auf der Welt sehen lassen können, ohne nicht verhöhnt und verspottet zu werden: Das Land mit einer Kanzlerin, die sich gerne Klimakanzlerin nennen lässt, und als erstes den Finger gehoben hat, um als Gastgeber der letzten Klimakonferenz zu fungieren, holzt einen 12000 Jahre alten Wald ab und kriminalisiert Umweltaktivist*innen aufs Übelste und steckt sie gar monatelang ins Gefängnis, nachdem sie schon jahrelang wie Ausgestoßene in Baumhäusern in hohen Wipfeln im Wald leben gelassen wurden.

    Wahrscheinlich hilft es für die Zukunft mehr noch als eine Rettung des Hambacher Forsts, wenn aus der ganzen Angelegenheit ein Hollywood-Film gemacht wird.

  6. Waldmensch

    Ich schreibe öfters mal mit dem Pseudonym „Waldmensch“ und möchte daher kurz drauf hinweisen, dass der Beitrag vom „1. Juli 2018 um 20:59“ von einer anderen Person stammt, die sich ebenfalls diesen Namen gegeben hat.

  7. Urs Steinicke

    Falls es tatsächlich dazu kommt, dass dieser Wald gerodet wird, ist die Empörung der BRD über Umweltzerstörungen in anderen Ländern der Welt einfach lächerlich.
    Außerdem ist durch diese absichtliche Zerstörung von Dörfern und lange gewachsener Natur zum Zwecke der Gewinnung von Kohle zur Gewinnmaximierung durch RWE überhaupt nicht im Sinne der Bevölkerung.
    Der Bedarf an Strom kann auch durch umweltschonende Maßnahmen gedeckt werden.

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